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geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: EA Sports
Genre: Sportspiel
System: PlayStation, PAL-Version
Besonderheiten: unterstützt Analog und Dual Shock Joypad, benötigt Memory Card (2 bis 8 Blöcke)
USK (ESRB): keine Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 8 (2 Multitaps)
Testmuster von: eigene Anschaffung
Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft platzierte EA Sports bereits seinen dritten FIFA Titel innerhalb eines Jahres in den Regalen der Videospielehändler. Mit "FIFA 99" geht es nach der Sonderausgabe zur Fußball WM wieder in 12 europäischen Ligen mit nicht weniger als 220 Mannschaften rund ums runde Leder. Nicht weniger als "Alle Vereine, alle Ligen, alle Pokale!" verspricht EA Sports vollmundig.
"FIFA 99" hat eine Menge Spielmodi zu bieten. Neben den bereits bekannten Ligen und Pokalwettbewerben der stärksten Ligen der Welt ist die europäische Superliga neu hinzugekommen. Hier messen sich die zwanzig besten Clubs Europas in zwei Zehnergruppen, in denen jedes Team viermal gegen die anderen neun Clubs antreten muss. Der erste und zweite der jeweiligen Gruppe spielen im K.O. System in Hin- und Rückspiel das beste Team Europas aus.
Riesenauswahl
Habt Ihr die Bundesliga, die Serie A oder die Primera Division einmal über, könnt Ihr auch eine eigene Liga oder einen Pokalwettbewerb in die Welt setzen. Hier sind Euch (fast) keine Grenzen gesetzt, was das Starterfeld angeht. Selbst eine Liga aus Vereinsclubs und Nationalmannschaften ist möglich.
Doch bevor Ihr Euch in die einzelnen Wettbewerbe stürzt, sollte Eure Aufmerksamkeit dem Trainingsmodus gelten, in dem Ihr die umfangreiche Möglichkeiten Eurer Recken ausprobiert. Die Grundsteuerung, wie passen, schießen, beschleunigen und grätschen sind schnell erlernt. Andere Aktionen, wie das geschickte Ausweichen von gegnerischen Tacklings/Grätschen sowie einer gepflegten Schwalbe, erfordern etwas mehr Übung. Nehmt Euch Zeit dies ausführlich zu trainieren, da Ihr solche Aktionen in den beiden höchsten Schwierigkeitsgraden bitter nötig haben werdet. Es kann außerdem auch nicht schaden, wenn Ihr gleichzeitig einige Spielzüge oder Standardsituationen einstudiert.
Viele Einflussmöglichkeiten
Wie es sich für eine ordentliche Sportsimulation gehört, habt Ihr viele Möglichkeiten Einfluss sowohl auf die taktische Ausrichtung Eures Teams als auch auf die Mannschaftsaufstellung zu nehmen. Ihr kauft neue Spieler von anderen Vereinen ein, soweit es der Etat Eurer Mannschaft zulässt, integriert selbsterstellte Recken oder stellt einen als Ersatz vorgesehenen Spieler in die Anfangsformation. Natürlich könnt Ihr auch die Aufstellung und Taktik nach belieben verändern. Von Catenaccio bis totaler Offensive stehen den gewieften Taktikern unter Euch viele Varianten offen.
Als sehr nützlich erweist sich dabei, dass Ihr vor einem Spiel drei verschiedene Aufstellungen vorbereiten dürft. Eine "normale" Aufstellung, sowie eine sehr offensive und eine sehr defensive sind voreingestellt. Liegt Ihr zum Bleistift zurück, wählt Ihr einfach mit einem Knopfdruck die offensivere Aufstellung an. Umgekehrt stellt Ihr Euch so auch schnell mal hinten rein, um einen Vorsprung nach Hause zu schaukeln. Daneben ruft Ihr auch während einer Begegnung vier spezielle In-Game Taktiken auf um zum Beispiel den Gegner in eine Abseitsfalle laufen zu lassen, einen "tödlichen" Pass zu spielen oder die Außenverteidiger in die Offensive zu zwingen.
Erstklassige Grafik
Auf dem "heiligen" Rasen hat sich einiges getan. Erstrahlt das Geschehen doch jetzt in schmucker und flüssiger HiRes Optik. Die Animationen sind von gewohnt hoher EA Sports Qualität. Da wird gegrätscht, gelaufen und gesprungen was das Zeug hält. Die Jubelposen wurden ebenfalls wunderbar eingefangen. Unmittelbar vor und nach dem Ende einer Begegnung sieht man die Spieler miteinander reden oder kurz mal dem Gegner die Hand schütteln. Kurzum, EA Sports hat die Action auf dem Feld mit viel Liebe zum Detail sehr realistisch eingefangen.
Gleiches gilt für die Geräuschkulisse und die Kommentatoren. Ein weitgehend realistisch mitgehendes Publikum (meinem Geschmack nach werden die Tore der Auswärtsmannschaft etwas zu enthusiastisch gefeiert) zusammen mit den engagierten Reportern Wolf Dieter Poschmann (ZDF) und der Sat1 Quasselstrippe Werner Hansch. Wenn man von einigen völlig deplatzierten Bemerkungen absieht, sind beide meist auf der Höhe des Geschehens. Bei EA Sports wird es zur schönen Tradition, die Menümusik mit einem Top Hit aus den Musikcharts zu bereichern. Bei "FIFA 99" schallt "The Rockafeller Skank" von Fatboy Slim aus den Lautsprechern.
Viele kleine Schnitzer
Viele kleine Schnitzer trüben den Spielspaß. EA Sports hat leider eine Menge Fehler sowohl bei der Zusammenstellung der Teams als auch bei deren taktischen Ausrichtung eingebaut. Am Beispiel von Borussia Dortmund (meinem Lieblingsverein) werde ich im Folgenden mal die wichtigsten beispielhaft für andere Teams nennen. Einige der Neuverpflichtungen, wie Salou, Nijhaus oder Häßler, sind im Kader. So weit, so gut. Einen Top Spieler, wie Barbarez, findet Ihr komischerweise beim FC Bayern wieder. Dafür spielt mit Shovkovsky ein mir völlig unbekannter Kicker bei den Gelb-Schwarzen. Das Salou ein Schwarzafrikaner mit dunkler Hautfarbe ist und kein braungebrannter Weißer und Andy Möller eigentlich in die Anfangsformation gehört, übersehe ich jetzt mal geflissentlich.
Weiter im Text. Da spielt Knut Reinhardt laut "FIFA 99" als rechter Mittelfeldspieler beim BVB, obwohl er doch auf die linke Seite gehört. Auch andere Spieler haben Positionen zugewiesen bekommen, die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Habe ich schon erwähnt, dass weit und breit kein Dede im Kader zu finden ist, obwohl er schon seit Saisonbeginn bei der westfälischen Borussia ist? Über die Leistungswerte der einzelnen Kicker lässt sich sicher trefflich streiten. Dass aber ein in die Nationalmannschaft berufener Lars Ricken so eine Krücke ist, wie es EA Sports anscheinend sieht, möchte ich aufs heftigste bestreiten. Solche Fehler lassen sich zudem nicht einfach mal eben so korrigieren. Die Summe der Eigenschaftswerte ist fest vorgegebenen, so dass eine Aufwertung nicht möglich ist.
Noch mehr Fehler
Der BVB in einer 4-4-2 Aufstellung? Laut "FIFA 99" ist das Realität. Bei EA Sports hat es sich wohl noch nicht herumgesprochen, dass in der Bundesliga überwiegend mit Libero vor oder hinter der Abwehr ein 3-5-2 praktiziert wird. Naja, vielleicht haben die "FIFA 99" Macher ja nur ein wenig in die Zukunft geschaut, da mittlerweile einige deutsche Vereine mit einer Dreier- oder Viererkette experimentieren. Ein weiteres dunkles Kapitel: Die Trikots. Die Ausweichtrikots haben mal wieder wenig mit der Realität zu tun. Soweit nichts neues. Aber nun sind teilweise auch die regulären Trikots verhunzt worden (die BVB Trikots haben schon lange keinen schwarzen Balken mehr auf der Schulter und der Brust). Meine Empfehlung an EA Sports: Einfach mal das Kicker Sonderheft zur Fußball Bundesliga beschaffen um die korrekten Spielerkader und Trikots zu erhalten. Um die korrekte taktische Ausrichtung der Teams zu erhalten reicht das Studium der wöchentlich erscheinenden Kicker Ausgaben. Ähnliche Publikationen gibt es sicher auch in anderen Ländern.
Dass nicht alle Innenansichten der Stadien den Vorbildern "nur" ähneln, aber keine originalgetreuen Abbilder sind, gibt EA im Kleingedruckten selber zu. So ist unter anderem auch das Dortmunder Westfalenstadion nicht vollkommen realistisch übernommen worden. Allerdings findet man diesen Hinweis nicht auf der CD-Hülle, wo immerhin 20 Stadien der 20 Top-Mannschaften in Europa angepriesen werden. Eine bewusste Mogelpackung?
Die Wahrheit ist auf'm Platz
Glücklicherweise gibt es auf dem grünen Rasen nur wenig zu bemängeln. Ein Minuspunkt muss sich der Torhüter ankreiden lassen. Warum Ihr mit ihm das Spiel nicht schnell machen könnt, in dem Ihr den Ball ohne Verzögerung sofort abschlagt, ist mir weiterhin ein Rätsel. Der Torwart schlendert immer erst langsam seine drei Schritte nach vorne bevor er sich dazu bequemt, den Ball wieder ins Spielfeld zu befördern. In der Zwischenzeit hat sich die gegnerische Abwehr und das Mittelfeld längst wieder formiert. Wenigstens steuert Ihr den Torhüter jetzt auch etwas eingeschränkt selbst.
Da unterstützt "FIFA 99" schon das Dual Shock Joypad, schafft es aber nicht, das Pad anständig zum Vibrieren zu bringen. Bei meinen ersten Begegnungen musste ich mich mehrere Male vergewissern, dass ich diese Option auch wirklich eingeschaltet hatte, weil sich so gut wie nichts regte. Euer Joypad ist nicht etwa kaputt, sondern die Vibration schlecht in "FIFA 99" eingebaut worden. Die Rüttler sind denkbar kurz und nicht sehr intensiv. Wenigstens zeigt sich EA Sports aktueller Fußballtitel recht genügsam, was den Platz auf einer Memory Karte angeht. Lediglich 2 Blöcke für einen Spielstand gilt es zu reservieren. Positiv: Es ist möglich eine Memory Karte im zweiten Slot anzusprechen.
Service und Anleitung sind gewohnt schlecht. Eine in schwarz/weiß gehaltene Anleitung ist man als leidgeplagter Käufer ja schon gewohnt. Aber warum muss EA Sports nur das Nötigste erklären? Für 90,- DM oder mehr kann man doch wohl eine ausführliche Anleitung erwarten (siehe zum Beispiel "Gran Turismo"). Sonstiger Service für deutsche Kunden scheint EA nicht bieten zu wollen. Ein telefonischer Kundendienst über eine teure 0190-5 Nummer ist indiskutabel und wäre höchstens für Tipps und Tricks geeignet. Doch diese gibts nur über eine noch teurere 0190-7 Nummer.
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass mir EA Sports eine Beta Software angedreht hat. Das Spiel läuft zwar erfreulich stabil ohne Abstürze, strotzt aber nur so vor Fehlern bei den Aufstellungen der vielen Teams, bietet einige völlig unpassende Sprüche der Kommentare einschließlich einiger völlig falsch ausgesprochener Spielernamen und andere Ungereimtheiten. Warum ich dann doch eine so hohe Wertung ziehe? Ganz einfach, weil es enorm viel Spaß macht, auf dem Rasen dem Gegner zu zeigen, was eine Harke ist. Dabei setzt EA Sports weniger auf actionreiche Fußballkost sondern auf Simulation. Angriffe wollen gut geplant und mit überlegtem Passspiel vorgetragen werden, sollen sie erfolgreich sein. Denn nur der geübte Spieler wird in höheren Schwierigkeitsgraden mal ein Dribbling erfolgreich über mehrere Meter hinwegretten können. Trotz der vielen Fehler gibt es im Moment nichts besseres für Fußballfans auf der PlayStation (sag).