Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.
geschrieben von Alexander P. Weber
Hersteller: Psygnosis
Genre: Weltraum-Shooter
System: PlayStation, PAL-Version
Besonderheiten: Memory Card (1 Block)
USK (ESRB): . / .
Spieler: 1
Testmuster von: Handel
Vor etwa einem Jahr landete Psygnosis mit Colony Wars einen echten Überraschungserfolg. Wirklich bombastische Grafiken und starke Soundeffekte sorgten für ungläubiges Augenreiben bei den Spielern. Nie zuvor hatte man derart beeindruckende Explosionen in einem so flüssigen Space Shooter gesehen. Erst sehr viel später viel den meisten Spielern auf, daß es mit dem vermeintlichen Knaller nicht so weit her war. Gegen Ende wurde Colony Wars schlicht und einfach viel zu schwer, kaum jemand konnte sich jemals das "good ending" ansehen.
Vielleicht ist das der Grund, warum Vengeance nahtlos am zweitbesten Ende anknüpft: Nachdem die Liga das Warploch verschließen konnte, entbrannte ein furchtbarer Krieg innerhalb des Imperiums. Nun schickt Kron, der neue Oberbefehlshaber der Navy sich an, Tod und Vernichtung in die Reihen der Liga zu tragen, um sie für die vermeintlich unverdiente Schmach zu bestrafen.
Wie bei Sequels üblich, hat sich am Spielprinzip nichts geändert. Wie bei fast allen Space Shootern startet man auch hier nach einem Briefing mit deutscher Sprachausgabe von einem Mutterschiff aus, um einen bestimmten Auftrag zu erfüllen. Dabei stehen grundverschiedene Aufträge an; in manchen Missionen müssen eigene Schiffe vor dem Gegner beschützt oder bestimmte Objekte sondiert werden. Gelegentlich sind Kristalle aus Asteroiden herauszulösen und unzusammeln. Doch auch die "einfachen" Abfangmissionen sind nicht zu kurz gekommen.
Im Gegensatz zum Vorgänger spielen diese Missionen sich sogar teilweise über einer Planetenoberfläche ab; zu dem Zweck steigt Merton, der Held des Spiels und für die Dauer desselben das Alter Ego des Spielers, in einen atmosphärenflugtauglichen Gleiter, und macht reihenweise Verteidigungsinstallationen dem Erdboden gleich.
Trotz der Missionsvielfalt ist Colony Wars: Vengeance (CWV) eine geradlinige Angelegenheit. Nach dem Briefing startet man sofort in die Mission durch. Nicht einmal der Flug zum Einsatzort muß manuell eingeleitet werden, nach einer recht langen Ladepause startet sofort die Action. Nach dem mehr oder weniger erfolgreichen Abschluß der Mission wird man automatisch ins Mutterschiff zurück geholt und für den nächsten Einsatz gebrieft.
Bei der Gelegenheit kann man sein Schiff noch leicht verbessern oder gleich zu einem neuen Jäger greifen. Die Folge der Einsätze ändert sich übrigens je nach der bei den Missionen an den Tag gelegten Erfolgsquote. Da sich dabei auch die Story ändert, wurden immerhin sechs verschiedene Endsequenzen eingebaut.
Die Tatsache, daß CWV nicht mehr wie der Vorgänger auf zwei CDs ausgeliefert wird, sondern auf nur einer CD daher kommt, zeigt deutlich auf, daß auf die Story erzählende Video Footage deutlich weniger Wert gelegt wurde, auch wenn die Qualität der FMVs weiterhin keinen Anlaß zur Kritik bietet.
Abgebaut hat CW aber auch in technischer Hinsicht: Zwar fliegen während der Einsätze noch einige für die Mission nicht wichtige Objekte im All herum, im Gegenzug wurden aber die bombastischen Explosionen des ersten Teils rigoros gestrichen. Wo Großkampfschiffe früher in gleißenden Lichtblitzen mit lautem Donnerhall vergingen, zerfallen die neuen Schiffe nur noch in ihre Einzelteile.
Als wäre das noch nicht genug, sehen die Einsätze über der Planetenoberfläche derart ärmlich aus, daß eine Streichung dieser Missionen die Grafiknote von CWV sogar noch gesteigert hätte. Ein echter Lichtblick ist dagegen der Sound. Glasklare Spachausgabe, knackige SFX (die allerdings ebenfalls etwas nachgelassen haben) und eine sehr gute Musikuntermalung zeigen, daß CWV ein Produkt von echten Profis ist.
Das eigentliche Handicap von CWV ist jedoch nicht die selbst für heutige Zwecke noch recht gute Technik. Vielmehr stören einige Ungereimtheiten den Spielspaß. So ist es angesichts des teilweise unfairen Schwierigkeitsgrades eine echte Unverschämtheit, daß man nur nach jeweils drei Missionen abspeichern kann. Geht eine Mission schief, muß man sich entweder mit der Storyabweichung zum schlechteren Ende hin abfinden oder wieder bis zu zwei Missionen vorher anfangen.
Die Bedienung des Menusystems ist dabei derart unglücklich gelöst, daß es fast praktischer ist, die Resettaste zu drücken und das ganze Spiel neu zu laden. Noch schlimmer wird dieser Faux Pas dadurch, daß viele Missionen ausschließlich durch Glück zu schaffen sind. Oft wird ein viel zu enges Zeitlimit gesetzt, das abgelaufen ist, bevor man überhaupt ausprobieren konnte, wie die Mission überhaupt anzugehen ist. Noch dazu scheinen die Gegner eher vom Zufall als von einer KI gesteuert zu werden. Einmal sind sie reines Kanonenfutter, nur einen Augenblick später greifen sie alle gleichzeitig so vehement an, daß sich die virtuelle Lebenserwartung ziemlich genau auf die Flugzeit der Luft-Luft Raketen reduziert. Um dem Faß endgültig den Boden auszuschlagen verhindert die unflexible Steuerung (es gibt nur 'Vollgas' und 'Rückwärts') jeden Ansatz eines eleganten Fluges.
Colony Wars: Vengeance ist ein seltsames Spiel. Es ist eines der wenigen Sequels, das in technischer Hinsicht eher schwächer wirkt als sein Vorgänger. Es bringt dem Spieler nicht viel, wenn in der Grafik Details hinzugefügt werden, dafür aber die besten Features des Vorgängers auf der Strecke bleiben. Weiterhin ist es schlicht und ergreifend zu schwer. Ein durchschnittlich begabter Spieler hat wohl kaum Chancen, jemals eine der "besseren" Endsequenzen zu sehen. Dennoch macht das Spiel eigentlich Spaß. Es ist ein unkomplizierter und rasanter Shooter, der so rein gar nichts mit einer Simulation am Hut hat. Es ist ideal für Spieler, die zwar kurze und knackige Actionsequenzen lieben, auf eine gut erzählte Story mit FMVs aber nicht verzichten wollen. Lediglich der Schwierigkeitsgrad verdirbt praktisch jeden Ansatz der Langzeitmotivation und drückt die Wertung schließlich um mehrere Punkte. (aw)