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Tomb Raider 3

geschrieben von Alexander P. Weber

Hersteller: Eidos Interactive
Genre: Action-Adventure
System: PlayStation, PAL-Version
Besonderheiten: Memory Card (1 Block)
USK (ESRB): . / .
Spieler: 1
Testmuster von: Handel

Über die Person der Lara Croft wurde schon weit mehr gesagt als es eigentlich nötig sein sollte. Die dynamische Abenteurerin ist reich, schön, sie ist der feuchte Traum vieler junger Videospieler, und vor allem ist sie eines: die Hauptdarstellerin des neuesten Tomb Raider.

Selbstverständlich wird Lara auch diesmal in eine phantastische Geschichte um mystische Gegenstände, übernatürliche Wesen und machtbesessene Psychopathen hineingezogen. Wie in der großartig gerenderten Introsequenz gezeigt wird, findet ein Forscherteam im arktischen Eis eine kleine Sensation: Die von der Osterinsel bekannten Steinköpfe zieren auch die gewaltigen Eismassen der Antarktis. Viel verblüffender noch ist eine Probe eines bisher unbekannten Materials, das geheimnisvolle Kräfte birgt. Wie sich später herausstellt, gibt es eine direkte Verbindung zu einem Meteoriten, der vor langer Zeit auf der Erde einschlug; vier Fragmente davon wurden von Seeleuten über die ganze Welt verteilt. Eher zufällig findet Lara Croft in einem indischen Tempel eines der Fragmente.

Logischerweise ist es Aufgabe des Spielers, in die Rolle des feschen Fräuleinwunders zu schlüpfen und auch noch den anderen Teilen hinterher zu jagen. In diesem Fall ist es kein Fehler, daß augenscheinlich nur recht wenig Energie in die Konstruktion einer neuen Story geflossen ist. Stattdessen wurden einige neue Features eingebaut, die dem Spiel mehr Tiefe oder Abwechslung einflößen sollen. So kann Lara beispielsweise auf einmal auf allen Vieren kriechen, um auch niedrige Passagen durchqueren zu können. Keine Frage, daß man oft genug von diesem Move Gebrauch machen muß.

Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, aus einem Dauerlauf hinaus zu sprinten, um kurze Strecken schneller als jemals zuvor zurücklegen zu können. Im Sprint kann sie sogar Indy-like eine Rolle vorwärts einlegen, die ebenfalls das eine oder andere Mal wirklich nützlich ist. Einige weitere Neuerungen betreffen die Bewegungsfreiheit beim Schwimmen und Tauchen sowie bei der Fortbewegung weit über dem Boden. Später besteigt Frau Croft gar Transportmittel wie beispielsweise ein Quad-Bike, um damit durch's Dickicht zu brettern.

So rennt, robbt, springt, schwimmt, taucht und fällt Lara Croft also durch vier verschiedene Szenarien, um jeweils am Ende ein Stück des Meteors einzusacken. Auf dem Weg stellen sich ihr wieder eine ganze Reihe tierischer und menschlicher Gegner in den Weg, die mit einem deutlich erweiterten Waffenarsenal aus dem Wege geräumt werden. Die normalen Pistolen, Desert Eagles, Uzis, MP5 und Schrotflinten gehören dabei noch zum leichteren Geschütz. Neben den Kämpfen steht aber natürlich wieder der Jump 'n Run-Charakter im Vordergrund. Unmengen gemeinster Fallen sind zu erkennen und zu umgehen, knifflige Schalterrätsel sind zu lösen und nicht zuletzt gibt es wieder eine große Anzahl von Geheimnissen zu erforschen.

Erfreulich dabei ist, daß wenigstens teilweise versucht wurde, den alten Charme des ersten Teils einzufangen. Offenbar hat man sich die Kritik am actionlastigen zweiten Teil zu Herzen genommen und wieder länge Entdeckerpassagen eingebaut. Endlich fühlt man sich wieder wie ein echter Abenteurer, wenn man Ruinen längst vergessener Kulturen erforscht und nahezu undurchdringliche Urwälder bezwingt. Dabei erinnert gerade dieser Part mit seinen verfallenen Gebäuden und piranhaversäuchten Gewässern besonders an den ersten Teil der Trilogie.

Man begegnet hauptsächlich Tieren wie Affen, die Laras Ausrüstung stibitzen oder Tigern, die sich erst heranpirschen, um dann sich dann mit Schwung auf die Heldin zu stürzen. Verwinkelte Gänge, Kistenschieberei und dunkle Tunnels sind an der Tagesordnung und warten auf die erhellende Fackel, die wahrscheinlich zum ersten Mal seit hunderten von Jahren Licht auf die moosbewachsenen Steine wirft.

Hat man die fast menschenleere Gegend in Indien verlassen, hat man erstmals die Möglichkeit, den weiteren Spielverlauf zu beeinflussen. Man kann nun wählen, welche Episode man als nächstes in Angriff nehmen will. Zur Auswahl stehen die berüchtigte Area 51, in der allerhand hochtechnisierte Fallen warten, das englische London, in der man hauptsächlich menschliche Widersacher zu erledigen und einen höllischen Hindernisparcours über die vom Mond nur spärlich erleuchteten Dächer der Stadt hinter sich zu bringen hat. Last not least wartet noch die Antarktis, eine naturgemäß wieder etwas dünner besiedelte Gegend, die hauptsächlich durch die tödliche Kälte beeindruckt. Längere Tauchgänge, wie man sich in den vorherigen Episoden liebgewonnen hat, sollte man hier besser bleiben lassen, möchte man nicht als Eis am Zopf für den gelangweilt umherdümpelnden Killerwal enden.

Selbstverständlich ist die Wahl der Episode nur eine reine Formsache, am Schluß fügen sich doch alle Teile des Mosaiks, will sagen Meteoriten zusammen. Noch linearer ist das Gameplay: Erst, wenn der richtige Schalter gefunden und der passende Zwischengegner erledigt ist, öffnet sich die Tür in Richtung des Levelausgangs. Verlaufen kann man sich nur mit sehr viel Mühe, meist sind die Areale, die ein Rätsel umspannen, noch einigermaßen übersichtlich. Eklig wird es nur dann, wenn man keine Ahnung hat, was der gerade umgelegte Schalter nun im Endeffekt bewirkt hat. Gerade, wenn man auf der Suche nach dem richtigen Weg zum x-ten Male durch einen Piranhatümpel schwimmen muß, verflucht man die Programmierer, die diese Fische erstens unverwundbar und zweitens schrecklich gefährlich gemacht haben.

Genau das ist der wichtigste Anlaß zur Kritik: Der Schwierigkeitsgrad. Während die regelmäßig auftauchenden Gegner des zweitens Teil nur viel zu nervig waren, sind einige Passagen von Tomb Raider 3 schlicht und einfach unfair und frustrierend. Gelegenheitsspieler werden das Pad schon im ersten oder zweiten Level mit verkniffenem Gesicht an die Wand werfen. Für geübte Spieler ist natürlich alles schaffbar, doch von Spielspaß kann an einigen Stellen nicht mehr die Rede sein. Hier hilft nur noch ein wärmender Gedanke an Laras Ohren und ein eiserner Wille, auch diese Stelle noch zu schaffen, um danach den Spielstand zu speichern.

Dazu setzt man einen Speicherkristall ein, der sich wie alle anderen Ausrüstungsgegenstände auch unterwegs einsammeln läßt. Oft genug sind diese Kristalle recht gut versteckt, so daß man schon einiges an Experimentierfreudigkeit und Wagemut an den Tag legen muß, um alle zu erwischen - doch gerade Neulinge, die die teilweise sehr kniffligen Sprünge noch nicht einschätzen können, brauchen mehrere.

So werden diese Spieler schon nach kurzer Zeit viel Ausdauer beweisen müssen, um Wiederholungen besonders schrwieriger Stellen zu meistern. Allerdings ist zu beachten, daß normale Fallen mit etwas Übung durchaus zu meistern sind. Die wirklich unfairen Stellen sind in der Regel nur ein- bis zweimal zu passieren. So relativiert sich der Schwierigkeitsgrad wieder, da ein gewisses Maß an Geduld auch einen chronischen Mangel an Speicherkristallen ausgleichen kann. Insgesamt stellt das System mit den Kristallen einen optimalen Kompromiß zwischen (bei diesem Schwierigkeitsgrad) gemeinen festen Speicherpunkten und den die Atmosphäre tötenden PC-üblichen Lösungen dar.

"Kompromisse" war offenbar auch das Motto der Grafiker. Zwar läuft Tomb Raider 3 zweiweise in einer höheren Auflösung als bisher ab, doch geht das bei der begrenzten Rechenleistung der PlayStation natürlich auf Kosten der Geschwindigkeit. Anfangs sind eigentlich keine Slowdowns zu bemerken, da sich das Geschehen hauptsächlich in kleinen Räumen und Gängen abspielt.

Erst später kommt die Grafik bei besonders vielen Details merklich ins Stocken. Glücklicherweise spielt das keine große Rolle, da die meisten Slowdowns bei der freien Kameraeinstellung auftreten, wenn man sich eine Totale des Raumes erzwingen will. Auffälliger sind da schon sehr häufig "durchscheinende" Polygone. Zum Beispiel schimmern Laras Extremitäten ziemlich ofz durch ganze Felsblöcke hindurch. Bedenkt man den fehlenden Z-Buffer der PlayStation, kann man aber auch diese Art der Clippingprobleme nicht unbedingt den Programmierern anlasten. Insgesamt ist die Grafik trotz aller Ungereimtheiten deutlich besser als die der beiden ersten Teile. Tolle Animationen und wunderschöne Polygonmodelle lassen alle Grafikfehler in den Hintergrund treten. Besonders beeindruckend ist das neue Lighting Model, das die Umgebung abhängig von der Art der Lichtquelle in den unterschiedlichsten Farben ausleuchten kann. Niemals zuvor wirkten durch Löcher in der Decke herein scheinende Sonnenstrahlen oder schummrig leuchtende Feuertöpfe realistischer.

Unverständlich mutet es da an, daß der Sound nicht ähnliche Fortschritte gemacht hat. Zwar spürt man auch hier mittlerweile das imposante Alter der PSX, doch tatsächlich hat sich die Soundkulisse von Tomb Raider 3 gegenüber den Vorgängern eher zurückentwickelt. Die situationsabhängige Musikuntermalung ist einmal mehr über alle Zweifel erhaben, sie unterstreicht das Gameplay und treibt die Spannung mitunter regelrecht auf die Spitze. Bei entsprechender Stimmung können sich regelrechte Angstgefühle entwickeln, wenn die Musik eine weitere haarige Situation ankündigt. Schlimmer ist vielmehr, daß die eigentlichen Soundeffekte teilweise stümperhaft geschnitten und abgemischt wurden. Löblich, daß das dämliche Stöhnen verschwunden ist, mit dem Lara immer dagegen protestierte, daß sie mal wieder mit dem Kopf voraus an die Wand gedonnert wurde, doch andere teilweise wichtige Samples sind schlicht zu kurz gekommen. Versucht man zum Beispiel, ein Schloß ohne den passenden Schlüssel zu entriegeln, entfährt Lara nur ein praktisch nicht zu hörendes "No..", so daß man oft genug nicht weiß, ob man nicht dicht genug steht oder der richtige Schlüssel sich bisher der Entdeckung entziehen konnte. Stellt man im Gegenzug die Lautstärkeregler höher ein, sind die blechern klingenden Schußgeräusche unverhältnismäßig laut.

Ähnlich durchwachsen ist die Steuerung. Diesmal hat man sich entschieden, auch analoge Pads zu unterstützen. Dabei kann man mit den beiden Steuerknüppeln die Kameraperspektive einstellen und Laras hübschen Hintern umherbewegen. Daß diese Art der Steuerung oft vollkommen unbrauchbar ist, liegt ebenfalls nicht den den Programmierern, sondern vielmehr an dem schwammigen Analogpad von Sony. Wer kein besonders exaktes Modell sein Eigen nennen kann, wird an dieser Steuerungsoption nicht viel Freude haben.

Noch schwerer wiegt jedoch, daß die Tastenbelegung ob der deutlich erhöhten Handlungsfreiheit Laras langsam ab sicher ziemlich überladen ist. So gibt es zum Beispiel keine getrennten Knöpfe für „gehen„ und „sidestep„ mehr. Als Folge kann man sich im Gehmodus nicht mehr auf der Stelle drehen, ohne die Taste loszulassen. Zusammen mit der Tatsache, daß der Boden nicht mehr aus Quadraten, sondern aus Dreiecken besteht, bedeutet das, daß man sich schnell verkeilt hat, da Lara sich am Rande einer Bodenplatte selbständig in Richtung der Kante dreht. Muß man unter Zeitdruck einen exakten Sprung vorbereiten, sorgt diese Eigenheit der Steuerung schnell für einige deftige Flüche. Danken kann man es Core Design, daß sich die digitale Steuerung mit der analogen Möglichkeit kombinieren läßt. Unter anderem kann man sich so schon mal aus einer brenzligen Situation "herausrühren".

fazit

Der dritte Teil der Reihe bietet erstmals deutliche Verbesserungen gegenüber seinem Vorgänger. Während "Tomb Raider 2" wie eine lieblose und überteuerte Mission Disk anmutete, kann das neueste Spiel um Lara Croft wieder voll als eigenständiges Spiel gelten. Ganz frisch ist das Spielprinzip zwar nicht mehr, aber die professionelle Umsetzung hebt das Spiel deutlich von der Konkurrenz ab.

Der Hersteller hat sich die Kritik offensichtlich zu Herzen genommen und den zweiten Teil gründlich überarbeitet. Der Eindruck entsteht nicht zuletzt durch die deutlich verbesserte Grafik, die zwar nicht gegen einen modernen (und verglichen mit der PSX unbezahlbaren) PC anstinken kann, auf der PlayStation dafür aber ihresgleichen sucht. Endlich kann der Lara Croft-Fan mal wieder echte Abenteuer mit seiner Heldin erleben, auch wenn sie sich langsam aber sicher zu einem wandelnden Kanonenboot zu entwickeln scheint.

Wer noch nie ein solches Spiel gespielt hat, sollte sich vorher vielleicht besser am ersten Teil versuchen, für geübte oder geduldige Spieler ist "Tomb Raider 3" aber ein sicherer Kauf. (aw)


grafik: 9.0 | sound: 8.0 | gameplay: 8.0 | gesamt: 9.0
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