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geschrieben von Alexander P. Weber
Hersteller: Irem
Genre: 2D Shooter
System: PlayStation, PAL-Version
Besonderheiten: . / .
USK (ESRB): . / .
Spieler: 1 - 2
Testmuster von: Handel
Es gibt nur sehr wenige Spiele, deren Namen dem erfahrenen Spieler auch noch nach Jahren im Gedächtnis bleiben. Echte Ausnahmefälle sind dabei die Spiele, deren Namen alleine dem eingefleischten Zocker die Hände feucht werden lassen. Ein Spiel, das eine ganze Spielergeneration mehr begeistert hatte als die Einführung des nicht nach Geschlechtern getrennten Sportunterrichts war seinerzeit der Vorzeige-Shooter R-Type.
Nur Spieler der ersten Stunde können wohl von sich behaupten, jemals das Original in der Spielhalle oder die herausragende Umsetzung für Commodores 8-Bitter gespielt zu haben. Während 2D-Shooter dieser Machart in den 80er Jahren sehr populär waren, gab es nur eine Handvoll Spiele, deren Andenken noch heute in Ehren gehalten wird.
Grund genug für Irem, den neben Katakis vielleicht berühmtesten Shooter neu aufzulegen und auf ein Comeback auf der PlayStation zu hoffen. Gerade auf den Next-Generation-Konsolen gibt es nur wenige ähnliche Spiele, viel zu oft setzen die Spieledesigner auf schicke 3D-Effekte, statt sich der Anfänge zu entsinnen und auf der periodisch immer wieder auftretenden Retrowelle zu besinnen.
Offenbar hat man bei Irem erkannt, daß es trotz des großen Namens zu wenig wäre, einfach R-Type in einen Emulator zu wickeln und auf CD zu pressen. Deshalb finden sich in R-Types zwei Teile des Edelshooters, sinnvollerweise R-Type und R-Type 2 genannt.
Im Gegenzug hat man sich aber dennoch nicht allzuviel Arbeit mit der Umsetzung gemacht: Beide Teile kommen im alten, mittlerweile etwas angestaubten Gewand daher. Das schließt die Grafik ein, die seinerzeit die Grenzen der Hardware zu sprengen schien, heute jedoch beim besten Willen keine Begeisterungsstürme mehr hervorrufen wird. Es gibt heute kein System, das die Spielgrafik von R-Type nicht besser hinbekommen könnte.
Um dem Stand der Technik seinen Tribut zu zollen, spendierte Irem wenigstens eine recht nette Renderintro, im Spiel sieht aber alles aus wie vor gut zehn Jahren. Grob gezeichnete und etwas farbarme Sprites vergehen in unspektakulären Explosionen, zeitgemäße Zooms und Rotationen sucht man vergebens. Während die Grafik damals durch den sehr begrenzten Speicher der Arcademaschinen und Heimcomputer vorgegeben wurde, erwartete man heute schon vom Ladespiel eines Tekken eine schönere Grafik.
Nicht, daß R-Types Grafikstil ein gewisser Charme abgehen würde, wer aber nostalgisch interessanten Titeln wie Parodius nichts abgewinnen kann, wird auch kein positives Wort über R-Types Grafik verlieren können. Schlimmer noch sieht es mit dem Sound aus. Da Sounddaten ähnlich viel Platz belegen wie Grafiken, zumindest in der mit Sound überfluteten Spielhalle aber nicht zum Einwurf einer Mark locken können, wird der Soundtrack eines Arcadespiels oft ein wenig stiefmütterlich behandelt. R-Type wäre zwar niemals derart berühmt geworden, wenn es nicht auch einen für damalige Verhältnisse unbeschreiblich guten Sound und eine großartige Titelmelodie gehabt hätte - heutzutage bekommt man aber leider schon aus einem Game Boy einen besseren und satteren Sound.
Das konfuse Piepsen und Quietschen, das die Action begleitet, ist nach heutigen Maßstäben gemessen ähnlich anregend wie eine Darmspülung mit siedendem Öl. Auch hier gilt, daß R-Type ob seines Alters einen gewissen Bonus hat, wem aber Begriffe wie YM2203 (ein damals fast revolutionärer Soundprozessor) oder SID nichts sagen, wird den Ton recht schnell abstellen.
Der einzige Aspekt, der heute noch begeistern kann, ist das Gameplay. Das Design mag ein wenig simpel anmuten, doch 2D-Shooter sind an sich zeitlos. Die wirkliche Herausforderung ist dabei immer das Leveldesign - und gerade hier kann R-Types seine Stärken voll ausspielen. Naturgemäß bietet das Genre nicht besonders viel Platz für Innovationen; auch R-Types kann hier keine neuen Maßstäbe setzen. Beeindruckend ist vielmehr die Sicherheit, mit der alte Stärken in die vermeintlich neue Shootergeneration gerettet wurden.
Abwechslungsreiche Gegnerformationen und knackige Endgegner ziehen sich wie der rote Faden durch das ganze Spiel. Zwar ist der Schwierigkeitsgrad schon von Anfang an mehr als happig, mit der entsprechenden Übung und dem Willen, unheimlich viele Gegnerschwärme auswendig zu lernen, läßt sich jede Stelle meistern. Wirklich unfaire Szenen sind ausgesprochen selten.
Fast eine taktische Note verleiht dem Spiel der Umstand, daß der Spieler die Raumschiffkonfiguration genauestens auf die Spielsituation anpassen muß. Die meisten schwierigeren Stellen sind nur mit genau der richtigen Ausrüstung zu schaffen. Das trägt einerseits zur Spieltiefe bei, andererseits kann es schrecklich frustrierend wirken, wenn man eine Passage nur wegen eines verpaßten Extras nicht mehr schaffen kann. Auch Glück kann in einer solchen Situation nicht mehr viel retten. Zu dicht sind die Maschen der Gegner, zu viele Schüsse kommen von allen Seiten auf den Spieler zu, als daß er sich mit geschlossenen Augen und einer Hand an der Hasenpfote durch die Action mogeln könnte.
Das Fehlen eines Multiplayer-Modus fällt gerade in dem Zusammenhang unangenehm auf: Es ist so leider nicht möglich, sich von einem Mitspieler durch eine schwere Etappe schleifen zu lassen.
Unterm Strich scheint die Bilanz ausgewogen: Auf der einen Seite das geniale, wenn auch innovationsarme Gameplay, auf der anderen Seite die mehr als schwache Technik. Bleibt also ein kleiner Bereich im Wertungsmittelfeld, den R-Types einnehmen kann. Ausnahmsweise heißt das aber nicht, daß alle Spieler R-Types durchschnittlich finden werden. In diesem Fall werden einige hartgesottene Shooter-Freunde das Spiel vergöttern und Tage und Nächte vor dem Fernseher verbringen, um sich einmal mehr zum Endgegner vorzukämpfen. Andere werden schon nach der ersten Stage genervt das Joypad beiseite legen, um sich einem Spiel mit einer weniger steilen Lernkurve zuzuwenden. Nur selten ist ein Rat so gut angebracht wie hier: Vor dem Kauf probespielen! (aw)