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geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Crave / Ubi Soft
Genre: Weltraum-Shooter
System: Dreamcast, PAL-Version
Besonderheiten: unterstützt Tastatur, Vibration, VGA, 60 Hz, VMU (min. 5 Blöcke), Onlinegefechte
USK (ESRB): Geeignet ab 12 Jahren
Spieler: 1 - 6 (online)
Testmuster von: eigene Anschaffung
Als hätte es das Ende des Kalten Krieges nie gegeben reaktivierten die "Starlancer" Macher die bösen Kommunisten als Kriegstreiber der fernen Zukunft. Mit einer neuen Technologie gewappnet werden die westlichen Nationen durch vernichtende, überfallartig vorgetragene Angriffe fast aus der Milchstraße vertrieben. In der Peripherie unserer Galaxis zieht die westliche Allianz ihre verbliebene Raumschiffe zusammen, um die Wunden zu lecken und zum Gegenschlag auszuholen. Doch leider sind ihnen die Piloten ausgegangen.
Hier kommt ihr ins Spiel. Angewidert von den brutalen Aggressoren meldet ihr euch ohne militärische Erfahrung freiwillig an die Front um im Cockpit eines Kampfraumers den Weltraum von der roten Flut zu befreien. Immerhin zwei Dutzend Missionen in altbekannter "Wing Commander Manier" warten auf den wagemutigen Kampfpiloten in der Solo-Kampagne. Zunächst geht es in die Einsatzbesprechung, wo euch die anstehenden Missionsziele anhand von Animationen in Vektoroptik in glasklarer englischer Sprachausgabe erläutert werden. Anschließend nur noch fix ein Kampfschiff ausgewählt - den vieren zu Beginn gesellen sich nach Beförderungen noch schlagkräftigere Flieger hinzu - mit den von euch bevorzugten Raketen bestückt und schon geht es hinein ins Vergnügen.
Wing Commander läßt grüßen
Wie vom Klassiker "Wing Commender" gewohnt, arbeitet ihr euch von Wegpunkt zu Wegpunkt und säubert die Sektoren von gegnerischen Kampfschiffen. Alles, was rot auf eurem Radarschirm am unteren Bildschirmrand auftaucht, ist euch feindlich gesinnt. Alles grüne sollte tunlichst beschützt werden. Schließlich seit ihr fast so gut wie nie allein auf weiter Flur. Bis zu einem halben Dutzend Kampfschiffe umfasst das Geschwader, in dem ihr euren Dienst verrichtet.
Dazu tummeln sich manchmal noch die Flieger alliierter Geschwader sowie eine Reihe von Großkampfschiffen, wie zum Beispiel euer Trägerschiff Reliant, eine Art Flugzeugträger im Weltall. Auch die bösen Kommunisten verfügen über große Weltraumpötte unterschiedlichen Kalibers. Kleinere, wie Transporter oder Fregatten, explodieren schon nach kürzerem Bombardement. Bei größeren vom Schlage eines Trägerschiffes müssen Bomber angefordert werden, denen ihr den Weg ebnet, in dem ihr Verteidigungsgeschütze und den obligatorischen Schutzschirmgenerator außer Gefecht setzt. Dann klappts auch mit den Vernichten.
Aggressive Kommunisten
Euer tägliches Brot sind aber meist Duelle mit anderen Kampfraumern. Sitzen in diesen zu Beginn noch recht träge Weltraumjockeys in langsamen Maschinen konfrontieren euch spätere Missionen mit reaktionsschnellen Elitepiloten, die in zeitweise getarnten und darüber hinaus gut gepanzerten Raumschiffen eine hart zu knackende Nuss darstellen. Ebenfalls vor größere Probleme stellen euch Begleitmissionen. Wenn sich den zu beschützenden Schiffen von mehreren Seiten gleichzeitig Torpedos nähern ist sehr schnelle Auffassungsgabe gefordert.
Die Steuerung macht euch dies nicht gerade einfach. Klar, euren Flieger durchs All zu bewegen und mit diverser Bewaffnung böse Rote plätten ist dank der direkt ansprechenden Steuerung per Analogstick, einer automatischen Zielerfassung und einer Computerhilfe, die euch zeigt, wie weit ihr Vorhalten müsst um die beweglichen Gegner auch zu treffen, recht gut gelöst. Wenn es aber darum geht, mit dem Zielcomputer einen bestimmten Gegner zu erfassen ist schon ein wenig Fingerakrobatik nötig. Auf die Automatik ist leider nicht immer Verlass.
Etwas holprige Steuerung
Mit der X-Taste ruft ihr ein Zielmenü auf, durch das ihr mit erneutem Druck eines weiteren Buttons und dem Steuerkreuz ein bestimmtes Ziel sowohl Freund oder Feind herauspickt. Ganz schnell geht es, wenn ihr nur den am nächsten befindlichen Kontrahenten oder Freund ins Fadenkreuz bekommen wollt. Dies ist aber für den Missionsverlauf nicht immer der richtige Kandidat. Wenn Euer Heimatträger zum Beispiel von anfliegenden Torpedos bedroht wird, dann sind euch herumgeisternde kommunistische Raumschiffe völlig Schnuppe. Dann heißt es über das Zielmenü schnell die anfliegenden Torpedos manuell auswählen, da sie ansonsten im All schwer auszumachen sind.
Im Weltall geht es nämlich unrealistisch bunt zu. Im Hintergrund erkennt ihr eine Menge leuchtender Sterne, wo eigentlich tiefste Finsternis euer stetiger Begleiter sein sollte. Allerdings sieht das auch schnieke aus, als wäre alles nur öde schwarz gehalten. Schon im PC-Original waren die großen Schiffe aus recht wenigen Polygonen zusammengesetzte eckige Klötze. Auch die Windows CE Umsetzung auf dem Dreamcast ist hier nicht besser. Die Großkampfschiffe wirken wie mit kleinen Geschütztürmen beklebte Spielzeugschiffe aus Holz für kleine Kinder, so klobig kommen sie daher.
Klobige Großkampfschiffe
Dafür glänzen die kleineren Kampfschiffe mit ein wenig mehr Details. So erkennt ihr zum Beispiel die korrekte Raketenbewaffnung unter den Stummelflügeln eurer Schiffe. Bei den ersten Treffern blinkt kurz das ansonsten unsichtbare Schutzschild blau auf, welches jedes Schiff umgibt, bevor nach weiterem erfolgreichen Beschuss erst Rauchfontänen aus dem Heck quellen bis es schließlich in einem großen Feuerball explodiert.
Während der Missionen wird eine Menge über Funk geredet. Eure Kameraden melden sich zu Wort, wenn ihr einen Kontrahenten in eurem Rücken habt oder sie selbst in Schwierigkeiten geraten. Selbst einige russische Piloten labern euch die Ohren zu (mit passendem Akzent übrigens). In einigen Aufträgen heißt es besonders Aufmerksam dem Funkverkehr zu lauschen, da sich die in der Einsatzbesprechung festgelegten Ziele ändern können, wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreten. Nicht immer ganz einfach, wenn die eigenen Geschütze wummern, Explosionsdonner zu vernehmen ist und dazu noch Warnsignale von aufgeschalteten Raketen ertönen.
Zuckerbrot und Peitsche
Vor und nach den Missionen bekommt ihr kurze FMV's zu Gesicht. Da seht ihr Piloten nach der Einsatzbesprechung zu ihren Schiffen laufen, oder von einem Auftrag an einem Monitor die neuesten Nachrichten anschauen (die ihr meist als Radioeinspielung eines großen Nachrichtensenders zu Gehör bekommt). Welches Video ihr seht hängt von eurem Geschick ab. Habt ihr zum Beispiel in der Hitze des Gefechts einen Kameraden abgeschossen landet ihr unwiderruflich vor einem Erschießungskommando. Geht eure Mission anderweitig in die Binsen, werdet ihr von eurem Träger abkommandiert und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Umgekehrt landet ihr bei durchschlagendem Erfolgen schnell mal beim Kommandeur und holt euch eine Beförderung oder einen Orden ab. Letzteres allerdings nur, wenn ihr nicht nur den eigentlichen Auftrag erfolgreich abschließt sondern auch noch Sekundärziele erreicht, wie zum Beispiel den Abschuss eines Fliegerasses der Kommunisten oder die Vernichtung eines wichtigen Großkampfschiffes. Daneben seht ihr wichtige Ereignisse auch als Fernsehnachrichtensendung.
Nicht alle FMV's abbrechbar
Während ihr die meisten immer wiederkehrenden FMV's beliebig abbrechen dürft (zum Beispiel die Einsatzbesprechung oder der anschließenden Lauf zu den Schiffen) gibt es einige, die ihr ob ihr wollt oder nicht, bis zum Ende sehen müsst. Dazu gehören Einspielungen (in Spielegrafik) besonderer Ereignisse während eines Auftrages oder das Abfliegen und Andocken von eurem Heimatträger. Ersteres ist durchaus sinnvoll, damit ihr wichtige Hinweise nicht überseht. Warum man letzteres nicht überspringen kann, ist mir aber ein Rätsel.
Abseits der Missionen ist absolut tote Hose. Wo euch in "Wing Commander" in Gesprächen die einzelnen Flieger eurer Einheit mit ihren Sorgen und Problemchen näher gebracht werden sind die Wingmen in "Starlancer" austauschbare Nonames, die euch allenfalls mal durch wiederholte Funksprüche im Gefecht auffallen. Eine Chance, interessante Charaktere, wie den berühmt berüchtigten Maniac der "Wing Commander" Reihe, kennen zu lernen fehlt völlig.
Während einer Mission abzuspeichern ist nicht möglich. Erst nach einem Auftrag steht euch das Speichern offen. Solltet ihr mit dem Ausgang aber nicht zufrieden sein, dürft ihr aber sofort denselben Level noch einmal angehen. Neben der Solo-Kampagne und einem Instant-Action-Modus, in dem ihr eine Angriffswelle nach der anderen zurückschlagen müsst, bietet "Starlancer" auch Online-Duelle. Bis zu sechs Spieler dürfen sich via Internet heiße Deathmatch Duelle liefern. Leider kann ich euch hierzu nichts weiter sagen, da ich diesen Modus nicht antesten konnte.
"Starlancer" ist ein gelungener Weltraumshooter, der bei altgedienten "Wing Commander" Fans für einige Deja Vu's gut ist. Zwar ist das Geschehen nicht besonders abwechslungsreich (von Wegpunkt zu Wegpunkt alles rote zerstören, was da unters Fadenkreuz kommt). Doch sind die Missionen spannend in Szene gesetzt. Die Grafik ist zwar nicht sehr spektakulär dafür ruckelt es aber auch bei größeren Ansammlungen von Kampfschiffen kaum. Der einzige größere Haken ist die mangelnde Atmosphäre. Wo mich in den "Wing Commander" Titeln Gespräche samt Freundschaften und Intrigen mit meinem Wingmen bei der Motivationsstange hielten, fliegen in "Starlancer" gesichtslose 08/15 Piloten durchs All, bei denen es mir völlig egal ist, ob sie in einem heißen Weltraumgefecht wieder heil aufs Mutterschiff zurückfinden oder nicht. Trotzdem sollten Action-Fans unbedingt zugreifen, da "Starlancer" schlicht der beste Weltraumshooter darstellt, den ihr euch für Segas Dreamcast zulegen könnt (sag).