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Advance Wars

geschrieben von Sascha Gläsel

Hersteller: Intelligent Systems / Nintendo
Genre: Strategiespiel
System: Game Boy Advance, PAL-Version
Besonderheiten: dt. Spieletexte
USK (ESRB): Geeignet ab 12 Jahren
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: eigene Anschaffung

Nach den schrecklichen Ereignissen vom 11. September überdachten viele Softwarehäuser ihr Spielelineup. Viele Kriegsspiele, die thematisch annähernd etwas mit den Terroranschlägen und den anschließenden Militäraktionen zu tun hatten, wurden entweder einer Überarbeitung unterzogen oder auf spätere Termine verschoben. Eines der "Opfer" war Nintendos in den USA hochgelobter Japano-Strategietitel "Advance Wars", der jetzt in eingedeutschter Version erhältlich ist.

Auch wenn euch für japanische Verhältnisse typische meist blutjunge Akteure im Anime-Look als Kommandeure der Armeen über den Weg laufen, erwartet euch ein zwar leicht zugänglicher letztlich aber taktisch herausfordernder Strategietitel. Damit ihr all die wichtigen kleinen Nuancen mitbekommt, die nicht selten über Sieg und Niederlage entscheiden, führt ein nettes Mädel mit Namen Nell euch in einem ausführlichen Tutorial in die Künste eines erfolgreichen Heerführers ein.

Umfangreiches Tutorial
Schließlich gibt es eine Menge zu beachten, wollt ihr den Sieg erringen. Das fängt zum Beispiel mit den verschiedenen Einheiten an, die ihr rundenweise über die 2D-Schlachtfelder bewegt. Ob Bodentruppen, Luft- oder Seestreitkräfte, allen ist gemein, dass sie besondere Stärken und Schwächen aufweisen. Wie bei "Stein-Schere-Papier" sind sie gegen bestimmte Truppenarten besonders effektiv strecken im Clinch gegen andere aber nur all zu schnell ihre Waffen.

So fegt ein Kampfpanzer im Nahkampf alle anderen Einheiten auf dem Schlachtfeld weg, kann aber von Raketenwerfern, Artillerie oder Bombern weich geklopft werden. Zur See macht das Schlachtschiff fast alles platt, ist aber leichte Beute für U-Boote, die wiederum von Kreuzern bevorzugt aufs Korn genommen werden, die sich zusätzlich hervorragend gegen Lufteinheiten bewähren. Bei den Luftstreitkräften ist die Situation ähnlich. Eine Tabelle in der Anleitung zeigt euch die Effektivität des jeweiligen Truppenteils auf, so dass in diesem wichtigen Punkt keine Unklarheiten aufkommen.

Aufs Terrain kommts an
Das unterschiedliche Gelände ist nicht nur grafische Spielerei sondern will beim Vorrücken eurer Truppen ins taktische Kalkül gezogen werden. Auf Straßen und ebenem Gelände gehts für alle Bodentruppen Ruck Zuck voran. Flussübergänge oder das Erkraxeln von Bergen gelingt dagegen nur Infanterie. Im Wald finden sich Fußtruppen ebenfalls sehr gut zurecht, wogegen Kettenfahrzeuge aller Art deutlich ausgebremst werden. Flugzeuge unterliegen natürlich in dieser Beziehung keinerlei Einschränkungen.

Neben dem Bewegungsradius beeinflusst das Gelände das Sichtfeld und die Verteidigungskapazität der Streitkräfte. Im Wald finden eure Truppen gute Deckung und sind zudem noch vor neugierigen Blicken des Kontrahenten geschützt. Berge bieten neben guten Schutz auch eine Erhöhung der Sichtweite der Gipfelstürmer. In Städten, Fabriken und Co verschanzt es sich ebenfalls gut. Straßen und ebenes Gelände geben euren Einheiten dagegen keine nennenswerte Deckung.

Nachschub nach vorn
Außerdem ist der Logistiker in euch gefordert. Jede Einheit muss mit einem begrenzten Vorrat an Munition und Treibstoff zurecht kommen. Denkt also rechtzeitig an Nachschub, den ihr zum Beispiel über mobile Versorgungseinheiten sicher stellt. In Städten kommt ihr nicht nur an neues Benzin oder Projektile sondern rekrutiert Ersatz für angeschlagene Truppen. Flieger bekommen ihr Kerosin übrigens nur in Flughäfen, Schiffe dürfen sich in Häfen am Nachschub gütlich tun.

In Flug- und Seehäfen sowie in Fabriken produziert ihr neues Kanonenfutter. Das gibt es allerdings nicht umsonst sondern nur gegen Bares. Wie viel ihr davon pro Runde bekommt hängt von der Anzahl der Städte und anderer Bauten ab die unter eurer Kontrolle stehen. Besetzt neutrale oder feindliche Orte mit Infanterie um euren Kontostand aufzufrischen. Außerdem schaltet ihr genügend Kohle bzw. Schlachtenglück vorausgesetzt neue Einzelspielerkarten und Kommandierende Offiziere (KO) frei.

KO's haben das Sagen
In allen Feldzügen, seien es Kampagnen oder einzelne Schlachten, begegnen euch diese Oberkommandierenden der sich auf dem Spielfeld balgenden Armeen. Sie liefern sich untereinander nicht nur verbale Scharmützel sondern bringen vielfältige Spezialfähigkeiten zum Einsatz. Bestimmte Einheitentypen unter der Fuchtel eines KO's sind zum Beispiel mit einem Vorteil gesegnet, was allerdings meist durch eine Schwächung an anderer Stelle erkauft wird. Soviel zum Thema ausgleichende Gerechtigkeit.

Dazu setzen KO's noch eine besondere "Gabe" ein, die vorübergehend den eigenen Streitkräften einen Vorteil verschafft. Durch Vernichtung eigener oder feindlicher Einheiten füllt sich ein Skillbalken auf. Ist er voll, steht die "Gabe" zur Verfügung. Ein KO zum Beispiel repariert auf einen Schlag alle seine Einheiten ein wenig. Erhöhung der Kampfkraft oder des Bewegungsradius der eigenen Soldaten, Einschränkung des Bewegungsradius gegnerischer Truppen durch vorsätzlich herbeigeführten Schneefall sind Spezialitäten anderer KO's.

Klasse und Masse
"Advance Wars" bietet euch eine Menge Spiel fürs Geld. Neben vielen Einzelschlachten, von denen ihr eine große Anzahl erst freischalten müsst, warten mehrere Kampagnen auf euch. Als ein KO der Orange Star Streitkräfte messt ihr euch in aufeinander folgenden Einzelgefechten zum Beispiel mit den Truppen von Blue Moon oder Yellow Comet, die natürlich ebenfalls von einem Kommandierenden Offizier in die Schlacht geführt werden.

Den Sieg erringt ihr auf zwei Arten. Entweder schaltet ihr alle Einheiten des Gegners aus oder ihr besetzt das feindliche Hauptquartier. Durch letztere Taktik zwingt ihr mit ein bisschen Glück und Geschick einen euch an Truppen weit überlegenen Gegner in die Knie. Wenn euer Hauptquartier fällt, ist es aber ebenso schnell für euch zu Ende. Am Ende des Gefechtes bekommt ihr ein Ranking verpasst. Wie gut dies ausfällt hängt unter anderem davon ab, wie viele Spielzüge ihr zum Sieg gebraucht habt oder wie viele Einheiten ihr besiegen konntet. Ein Auflistung all eurer Bewertungen dürft ihr jederzeit einsehen.

Editor inklusive
Kreative Köpfe unter den "Advance Wars" Besitzern dürfen in einem einfach zu bedienenden Editor eigene Schlachtfelder entwerfen. Einfach ein schmuckes Gelände zusammen basteln, Städte, mindestens zwei Hauptquartiere und ein paar Einheiten draufpacken und schon ist eure Eigenkreation fertig. Bis zu drei Karten finden Platz im Modulspeicher. Via Link dürft ihr diese Karten zur Begutachtung sogar anderen Spielern aufs Modul schaufeln.

Im Multiplayerpart hat "Advance Wars" eine Menge zu bieten. Steht nur ein Game Boy Advance (GBA) zur Verfügung können trotzdem bis zu vier Spieler gegeneinander antreten. Wenn einer seinen Zug beendet hat gibt er das Handheld einfach dem nächsten, der den GBA wiederum an den dritten weiterreicht, usw.. Seit ihr nur zu dritt, übernimmt der Computer auf Wunsch die vierte Fraktion.

Multiplayer ohne Ende
Sind mehrere Spieler mit einem eigenen GBA vorhanden, dürft ihr euch via Link-Kabel miteinander messen. Hat allerdings nur einer ein "Advance Wars" Modul, habt ihr bei der Wahl des Geländes keine Auswahl. Diese habt ihr erst, wenn jeder Mitspieler auch ein "Advance Wars" eingeworfen hat. Während ihr in einem Multiplayergefecht nicht speichern könnt, dürft ihr in einer Kampagne oder einer einzelnen Schlacht jederzeit euren Spielstand sichern (allerdings immer nur einen einzigen pro Spielmodus).

Bei der Bedienung gibt sich "Advance Wars" keine Blöße. Viele Komfortfunktionen, die ihr von einem guten Strategiespiel erwarten könnt, findet ihr auch in Nintendos Titel wieder. Umfangreiche Informationen über die Streitkräfte sind während eines Gefechtes abrufbar (gerade am Anfang werdet ihr dies schätzen lernen). Der maximale Bewegungsradius eurer Einheit wird ebenso angezeigt, wie die Einheiten, die ihr angreifen könnt. Vor einer Attacke zeigt euch ein Prozentangabe an, wie viel Schaden ihr beim Gegner mit großer Wahrscheinlichkeit anrichtet. Selbst die maximale Schussreichweite gegnerischer Truppen läßt sich auf den Bildschirm zaubern.

Kinderzimmertauglicher Krieg?
Trotz Kriegsthematik hat sich Nintendo offenbar um eine familiengerechte Präsentation bemüht. Die Kommandierenden Offiziere könnten aus Trickfilmen aus dem Kinderprogramm entstammen. Die spärlich animierten Truppenteile wirken mit ihren runden Formen eher wie kleines Holzspielzeug denn als todbringendes Kriegswerkzeug. Erst beim direkten Clinch der Truppen bekommt ihr etwas mehr fürs Auge geboten.

Kommt es zum Kampf wird nämlich in einen genretypischen Splitscreen umgeschaltet, in dem euch der Ausgang der Auseinandersetzung vermittelt wird. Seit ihr die immer wieder gleichen Kampfanimationen leid, dürft ihr sie abschalten. Zu einem guten Strategietitel gehört auch ein zünftiger Schlachtennebel, der nur die Bereiche auf der Karte aufdeckt, die in der Sichtweite eurer Einheiten liegt. Klar, dass "Advance Wars in vielen Level dies bietet. Sehr erfreulich: Dank Verwendung überwiegend heller Farben verliert ihr selbst bei schlechteren Lichtverhältnissen unterwegs nicht den Überblick.

fazit

Erstaunlich, was Nintendo da für Westentaschenstrategen auf das kleine Game Boy Advance Modul gezaubert hat. Ein motivierendes Rankingsystem, große Anzahl an Level mit gutem Editor und die Kommandierenden Offiziere, die mit ihren Spezialfähigkeiten strategische Würze in die Auseinandersetzungen bringen, sorgen für langanhaltenden Spielspaß. Dabei ist der Einstieg trotz großem spielerischem Tiefgang mit dem ausführlichen Tutorial vorbildlich einfach.

Obwohl die gegnerischen KO's nicht immer die schlauesten sind, werden aber auch erfahrene Spieler ganz schön gefordert. Wer nicht überlegt vorgeht sieht schnell kein Land mehr, auch wenn eure Computergegner die ein oder andere Blöße nicht nutzen. Beim Multiplayerpart zieht Nintendo alle Register. Ob mit einem GBA, zwei oder mehr Handhelds mit nur einem oder mehreren "Advance Wars" Modulen, für alle ist etwas dabei. Mit einem Wort: Grandios (sag)!


grafik: 7.0 | sound: 6.5 | gameplay: 9.0 | gesamt: 9.0
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