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geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Visual Concepts / Sega
Genre: Sportspiel
System: Dreamcast, PAL-Version
Besonderheiten: unterstützt Vibration Pack, 60 Hz, VGA; benötigt VMU (min. 158 Blöcke)
USK (ESRB): Geeignet ohne Altersbeschr.
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: eigene Anschaffung
Manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder. Nachdem das direkte Sequel der hervorragenden Basketballsimulation "NBA 2K" Dreamcastfans in den USA vorbehalten blieb, kommt der Nachfolger des Nachfolgers (gemeint ist natürlich "NBA 2k2") glatt noch als PAL-Version in unseren Breiten heraus. Ob sich der Kauf lohnt, verrät euch unser ausführlicher Test.
Kennt ihr lediglich "NBA 2K" werden euch in der 2k2 Ausgabe eine Menge Änderungen auffallen. Zunächst sticht ins Auge, dass die Texte im Spiel ausnahmslos in englischer Sprache abgefasst sind. Wer sich noch an die teilweise verbockten deutschen Texte des ersten NBA erinnert, wird dies sicherlich mit Freude zur Kenntnis nehmen. Viel interessanter aber sind die neu hinzu gekommenen Spielmodi.
Street-Courts und Franchise
Da wären zum Beispiel die Street-Court-Spiele. Statt in großen Hallen zeigen die NBA Stars ihr Können in Freizeitklamotten auf Hinterhofcourts. Wählt einen von fünf Austragungsorten (davon allein drei in New York) und die Anzahl der Spieler, die pro Team auf dem Platz stehen sollen (von fünf bis nur zwei Mann ist alles möglich), und schon kann es los gehen. Oder bastelt euch einen eigenen Wettbewerb mit vier, acht oder 16 Teams zusammen
Wie in den Sportspielen von EA Sports erwartet euch in Segas neuem Basketballableger nun ebenfalls ein Franchise-Modus. Hier betreut ihr ein Team über mehrere Spielzeiten hinweg in der stärksten Basketballliga der Welt. Neben guten Fähigkeiten auf den Courts der NBA sind eure Manager-Talente gefordert, wenn ihr unter anderem Spieler für das eigene Team verpflichtet oder Akteure mit anderen Clubs tauscht.
Trainer und Manager
Wie im richtigen Leben wird es aber nichts mit einer All-Star-Truppe. Dafür sorgt eine Gehaltsobergrenze. Die richtigen Top-Stars gehen ganz schön ins virtuelle Geld, so dass nicht all zu viele in einen Kader passen. Achtet dabei auf die Vertragsdauer. Neigt sie sich dem Ende zu ist es nicht verkehrt Leistungsträgern ein neues längerfristiges Angebot zu unterbreiten so es denn das Salary Cap hergibt. Wenn nicht, schmeißt halt einen anderen Spieler aus dem Kader um zusätzliche finanzielle Mittel frei zu machen.
Schaut euch die Werte der Spieler genauer an um die optimalen Einsatzmöglichkeiten des jeweiligen Akteurs heraus zu finden. Schließlich dürft ihr euch nicht wundern, dass Drei-Punkt-Würfe immer daneben gehen, wenn der ausführende Spieler ein schlechtes Rating in dieser Disziplin hat. Zudem ändern sich die Werte innerhalb einer Saison bereits nach wenigen Begegnungen. Gute Statistiken in einem Match pushen die Werte, ein paar schlechte Spiele und die Fertigkeiten eurer Schützlinge lassen zum Teil kräftig nach.
Komplette Spielzeit im Franchise
Einen großen Haken hat die Sache aber: Ihr müsst im Franchise eine komplette Spielzeit mit allen 82 Begegnungen absolvieren (Simulieren ohne selbst zu spielen ist aber möglich). Warum eine Verkürzung der Anzahl an Meisterschaftsspielen wie in einer einzelnen Saison nicht vorgesehen ist, ist mir schleierhaft. Nur in einer einzelnen Spielzeit dürft ihr wahlweise 14, 28, 52 oder 82 reguläre Matches bestreiten bevor es in den Playoffs ans Basketball-Eingemachte geht. Selbstverständlich steigt ihr auf Wunsch auch direkt in die entscheidende Phase der Meisterschaft ein.
Bevor ihr an den regulären Spielbetrieb denkt, macht euch in einem Exhibition-Match oder einer ausgiebigen Trainings Session mit der Steuerung vertraut. Jede Taste eures Joypads ist mit einer Funktion belegt, die es im richtigen Moment einzusetzen gilt. Im Angriff ist das hauptsächlich Korbwurf/Dunk mitsamt Antäuschen, der Pass als direkte Variante oder über ein Icon-System und das Aufposten in Korbnähe, um den gegnerischen Verteidiger mit dem eigenen Rücken abzudrängen und so unter den Korb zu kommen. Bei Freiwürfen heißt es wieder die beiden analogen L- und R-Taster snychron zu betätigen.
Volle Ball-Kontrolle
In der Verteidigung versucht ihr den gegnerischen Cracks den Ball zu stiebitzen ohne ihnen dabei auf den Arm zu schlagen. In diesem Punkt sind die Referees sehr penibel. Mit großen Jungs blockt ihr springenderweise Würfe auf den eigenen Korb. Außerdem fangt ihr auf diese Art und Weise auch den ein oder anderen Pass ab. Ihr bekommt zwar den Ball so nicht immer unter Kontrolle - aber es reicht meist schon, wenn der Ball im Aus und nicht beim Adressaten landet.
Wie schon im Vorgänger übernimmt in jedem Match der Computer die Traineraufgaben egal, ob ihr das in einem vorhergehenden Spiel selbst in die Hand genommen habt oder nicht. Wollt ihr selbst die Auswechslungen von erschöpften oder formschwachen Akteuren vornehmen, die Taktik in der Offensive und der Defensive vorgeben oder Auszeiten nach eigenem Gutdünken nehmen, so müsst ihr diese Option vor jeder Begegnung aufs Neue aktivieren. Ansonsten funkt euch immer der Computercoach dazwischen. Prädikat "Echt Nervig"!
Wieder hervorragende Grafik
Grafisch gibt es an "NBA 2k2" nichts aus zu setzen. Ganz im Gegenteil, wird euch doch eine richtiger Augenschmaus geboten. Blendend animierte Akteure, die zwar von der Statur ihren realen Vorbildern der NBA ähneln (alle NBA Cracks der aktuellen Saison schlummern auf GD inklusive Michael Jordan), deren Gesichtszüge allerdings nur in wenigen Fällen den tatsächliche Ballakrobaten entsprechen. Da helfen auch ein paar dezente Gesichtsanimationen nichts. Überzeugend wiederum das Publikum. Zwar deutlich grob texturiert, aber mit vielfältigen Animationen ausgestattet inklusive dem fleißigen Schwingen von Luftballonschlangen um gegnerische Freiwurfschützen zu irritieren.
Fünf Kameraperspektiven buhlen um die größtmögliche Übersichtlichkeit. Jede der Ansichten darf dazu noch einer Art Feinschliff unterzogen werden. Schließlich warten unterschiedliche Kamerawinkel und Zoomstufen darauf euren Vorlieben angepasst zu werden. Die Qual der Wahl liegt ganz bei euch, da alle Perspektiven tadellos spielbar sind. Kommt es einmal zu spektakulären Aktionen dürft ihr sie euch in einem Replay noch einmal genüsslich zu Gemüte führen.
Englisches Kommentatorenduo
Die Sounduntermalung hier vor allem das Kommentatorenduo spielt nicht auf ganz so hohem Level. Zwar sind die beiden Reporter meist auf der Höhe des Geschehens. Doch fehlen die witzigen Sprüche, die in der Regel den englischen Kommentar bei EA Sports Titeln auszeichnet. Das Publikum geht gut mit, feuert das eigene Team an, Buht bei Fouls und macht ordentlich Rabatz wenn das Gastteam zum Freiwurf antritt. Selbstverständlich herrscht Ruhe auf dem Court, wenn auf der Straße gespielt wird. Wo kein Publikum, da gibts auch kein Gegröle. Hier hört ihr nur die Quietschgeräusche der Sportschuhe und die Anfeuerungen der Spieler.
Massig Optionen und Statistiken
Auch bei den Optionen und den Statistiken braucht "NBA 2k" den Vergleich mit EAs Topprodukten nicht zu scheuen. Ihr schaltet sowohl einzelne Regeln auf Wunsch ein oder aus, pfuscht nach Lust und Laune in den Aufstellungen der Teams herum oder legt die Spielzüge in Offensive und Verteidigung fest. Im umfangreichen Statistikteil bekommt ihr alle relevanten Daten geliefert. Dabei werden euch sogar die vielen Abkürzungen der einzelnen "Wertungsdisziplinen" voll ausgeschrieben angezeigt, so dass keine Unklarheiten aufkommen, was denn eigentlich gemeint ist.
Das größte Problem mit den Statistiken: Die Ergebnisse anderer Partien werden nicht angepasst, wenn ihr lediglich kürzerer Matches bestreitet. Habt ihr zum Beispiel die Länge eines Viertels auf vier Minuten begrenzt, dann kommt ihr nur selten über 50 oder 60 Punkte pro Begegnung. Da die anderen Spiele mit normalen Ergebnissen um die 100 Punkte pro Mannschaft und Spiel enden, könnt ihr euch vorstellen, dass eure Mannen in den Bestenlisten dann keinerlei Rolle spielen. Sehr Schade.
Wenige Haare in der Suppe
Beim Sortieren klappt auch nicht alles, wie gewünscht. Wollt ihr euch zum Beispiel euer Team nach Positionen sortiert anzeigen lassen, dann seit ihr bei "NBA 2k2" an der falschen Adresse. Erst kommen die "Starting-Five", dann die Auswechselspieler auf der Bank und zu guter Letzt die Spieler, die im Normalfall auf der Tribüne Platz nehmen müssen. Das dies nicht total unübersichtlich wird, liegt daran, dass maximal 15 Akteure in einem Team erlaubt sind.
Muss ich noch extra erwähnen, dass ihr euch Spieler selbst "zusammenbasteln" könnt (einige vorgefertigte Cracks schlummern auf der GD)? Auch ein selbst erstelltes Team ist im Bereich des Möglichen. Gute Planung muss aber sein. Grund ist die Speicherfunktion von "NBA 2k2". Habt ihr die 158 Blöcke der Memory Card, die ein Spielstand verschlingt, zum Beispiel bereits mit einer Saison gefüllt, ist essig mit dem Einbau neu kreierter Spieler. Verlasst ihr eine Saison oder ein Franchise, geht es nämlich erst nach einem Reset weiter. Speichert ihr trotzdem neu erstellte Spieler oder ein Team ab, dann wird euer Saisonspielstand gelöscht! Darum erst Spieler/Teams erstellen und dann ein Franchise oder eine Saison beginnen.
Die KI: Licht und Schatten
Die künstliche Intelligenz der Spieler ist gut aber noch weit vom Optimum entfernt. Positiv: Die Spieler eures Teams halten sich, wie es sich gehört, an die von euch vorgegebene taktische Marschroute in Angriff und Verteidigung. Was noch etwas fehlt ist ein gerütteltes Maß an Flexibilität. Da stehen schon mal Akteure unbeteiligt in der Gegend auf ihrem von der Taktik vorgebenen Position herum, statt einem an ihnen vorbeirollenden Ball hinterher zu sprinten oder Lücken in der Abwehr zu schließen. Gegnerische Teams pflegen solche Lücken in der Devensive gnadenlos auszunutzen.
Weitere große Schwäche ist der Tempogegenstoß. Es kommt leider nur zu oft vor, dass Spieler bei einem Break nicht zielstrebig in Richtung Korb sprinten, sondern nur normal weiter traben oder gar einfach stehen bleiben, wenn sie von euch angepasst werden, statt weiter zum Korb zu rennen. Klar, wenn ein guter Distanzschütze bei einem Break an der Drei-Punkte Linie stoppt, ist das durchaus realistisch und angebracht. Aber in dieser Häufigkeit?
"NBA 2k2" macht verdammt viel richtig. Hervorragende Optik, tolle Soundkulisse und massig Spielmodi lassen euer Dreamcast noch lange nicht den wohlverdienten Ruhestand genießen. Allen voran der Franchise Modus, der euch so schnell nicht wieder die Hand vom Joypad nehmen läßt. Wo viel Licht, da gibt es auch ein wenig Schatten. Ein Kommentatorenduo, das etwas den Pfiff vermissen läßt, eine gute künstliche Intelligenz, der es ein wenig an Flexibilität fehlt und ein paar kleine Ecken und Kanten bei den Statistiken stören so gut wie gar nicht. Für Profis ein Manko: Der härteste Schwierigkeitsgrad ist auf Dauer gesehen etwas zu leicht ausgefallen.
Trotz alle dem, selbst wenn ihr ein "NBA 2k" besitzt, ist die 2k2 Auflage ein Pflichtkauf. Und das nicht nur für eingefleischte Sportspielfans (sag).