Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.
geschrieben von Torsten Edelmann
Hersteller: Sony Computer Entertainment
Genre: Action-Adventure
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten:
USK (ESRB): Geeignet ohne Altersbeschr&aum
Spieler: 1
Testmuster von: Lokaler Spieleverleih
Als Jugendlicher hat man es nicht leicht, insbesondere wenn einem Stierhörner wachsen...
Das muss „Ico“ in dem gleichnamigen Spiel feststellen, als er aufs Pferd gebunden und in ein altes Schloss geschleppt wird, wo er in einem von dutzenden Steinsarkophagen geopfert werden soll. Doch das Glück ist auf Icos Seite, denn ein kleines Erdbeben sorgt dafür, dass sein Gefängnis kippt und er frei kommt. Oder zumindest so frei, wie man in einem gigantisches Schloss, dessen Ausgang durch eine magische Sperre verschlossen ist, sein kann.
Auf seiner Suche nach einem Ausgang stößt Ico schon bald auf Yorda, die in einem Vogelkäfig gefangen gehalten wird. Dummerweise spricht Yorda nicht Icos Sprache, und so verständigen die beiden sich nur über Ruflaute und Handzeichen.
Kaum hat Ico Yorda aus ihrer Gefangenschaft befreit, da tauchen auch schon die Dämonen auf, Wesen aus Schatten und Rauch, die versuchen Yorda zu entführen und in die Schattenportale zu schleppen, aus denen sie kommen. Das kann Ico natürlich nicht zulassen und so greift er zu Stock oder Schwert und vertrimmt die Dämonen, bis sie sich schließlich in Wohlgefallen auflösen. Selbst wenn es einem der Dämonen gelingt Yorda in eines der Portale zu ziehen hat Ico immer noch etwas Zeit sie wieder daraus hervorzuholen. Nur wenn er zu langsam ist versinkt die ganze Welt in Schatten und das bedeutet GAME OVER.
Das Spielprinzip von ICO erinnert stark an das alte Spiel „Prince of Persia“. Ico ist wahres Heldenmaterial, springt über Abgründe, schwingt an Ketten und hangelt sich an Rohren entlang. Dabei ist die Steuerung immer sehr präzise, so dass es in den allermeisten Fällen weniger um Geschicklichkeit als um ein halbwegs gesundes Timing und das richtige Erkennen von Zusammenhängen geht. Man muss halt erst mal den Zusammenhang sehen, dass man sich von einer Kette gegen eine hochgezogene Brücke werfen muss, damit diese runterklappt. Hinzu kommen ein paar Schiebepuzzle, auf denen aber nur selten der Focus liegt.
Yorda hingegen ist nicht so gelenkig. Sie kann zwar auch Abgründe überspringen, aber sie klettert nicht an Ketten und hangelt sich auch nirgends entlang. So besteht ein Grossteil der Puzzles daraus, einen Weg für Yorda zu „bauen“, über den sie Ico folgen kann. Da man Yorda nicht direkt steuern kann haben die Programmierer sie mit einer ziemlich guten Verhaltensprogrammierung versorgt. Ico kann Yorda auf Tastendruck zu sich rufen und Yorda versucht ihr bestes einen geeigneten Pfad zu finden. Oft muss Ico dabei helfen, indem er Yorda auf einen Vorsprung zieht oder sie am anderen Ende eines Abgrundes auffängt. Damit man nicht die ganze Zei 1t nur rufen muss kann man Yorda, wenn man direkt neben ihr steht, auch gleich an der Hand nehmen und hinter sich herziehen. Das hilft sehr dabei längere Strecken ohne Hindernisse in kurzer Zeit zu überwinden.
Graphisch ist ICO eines der schönsten Spiele, welches die Playstation2 bekommen hat. Die Animationen der Spielfiguren sind wunderbar detailliert und passen sich den Gegebenheiten gut an. Yorda ruckt herum und versucht das Gleichgewicht zu halten, wenn man zu plötzlich an ihrem Arm zerrt, Kleidung flattert im Wind wenn man auf einer Säule über einem Abgrund steht. Und während Ico sehr lebensecht entworfen wurde, wurde Yorda mit einer Art Cellshading versehen, was ihr ein ätherisches und überirdisches Aussehen verleiht. Hinzu kommen die phantastischen Umgebungen durch die Ico und Yorda sich kämpfen müssen. Die Designer haben die Landschaften wundervoll gestaltet. Das Schloss wirkt phantastisch real, jeder herabgefallene Stein und jede Leiter passt perfekt ins Bild. Auch die Ausnutzung von Licht und Schatten sucht ihresgleichen. Wenn man sich durch einen dunklen Seitentrakt des Schlosses bewegt und schließlich auf eine lichtbeschienene Wiese hinaustritt die von einem Kliff auf ein mehrere hundert Meter tiefer liegendes Meer blickt, dann kann man sich einfach nicht eines Gefühls der Befriedigung und Befreiung erwehren. Fast scheint es so, als könne man die frische Briese auf der eigenen Haut spüren.
Und damit kommen wir auch schon zum größten Problem von Ico – dass man es mehr als Gesamtkunstwerk denn als Spiel betrachten muss. Natürlich gibt es viel zu tun, aber die Rätsel sind für gewöhnlich nicht wirklich schwierig zu lösen (außer man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht und übersieht einen Gegenstand den man zur Lösung braucht) und die Kämpfe sind nach kurzer Zeit eine dröge Notwendigkeit. Denn die Schattendämonen sind weder besonders stark, noch besonders intelligent. Hat man einmal ihre Vorgehensweise durchschaut lassen sie sich durch den einen Angriff den Ico beherrscht leicht besiegen. Spätestens wenn man nach dem ersten Drittel des Spiels das erste Schwert findet stellen sie dann überhaupt kein Problem mehr dar. So kommt es schließlich auch, dass ein guter Spieler ICO leicht in rund sieben bis acht Nettostunden durchspielen kann. Da es wenige Stellen gibt an denen man verschieden vorgehen kann, ist der Wiederspielfaktor natürlich auch sehr gering.
Ico ist ein wunderschönes Spiel, leider nur zu kurz und zu einfach für ein Vollpreisspiel. Was es aber bieten kann ist eine wunderschöne Graphik mit einer interessanten Story und zwei liebevoll gestalteten Charakteren, die dem Spieler wahrlich das Herz öffnen, wenn man sieht wie sie miteinander interagieren. So bleibt Ico eine sehr gute Entscheidung für ein Spiel das man sich vielleicht mal übers Wochenende ausleiht oder irgendwann als Gebrauchtspiel auftreibt. Oder vielleicht der Freundin schenkt, die sonst nicht für Videospiele zu haben ist, denn wer bei diesem Spiel nicht entzückt ist und mit Ico und Yorda um ihre Freiheit bangt, der muss wirklich ein Herz aus Stein haben.