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geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Video System / Ubi Soft
Genre: Rennspiel
System: Nintendo 64, PAL-Version
Besonderheiten: unterstützt Rumble- und ExpansionPak; benötigt ControllerPak (mind. 24 Blöcke); original Teams- und Fahrer von 1999
USK (ESRB): ohne Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 2
Testmuster von: Ubi Soft
Die große Auswahl haben Nintendo 64 Besitzer, wenn es um Formel 1 Rennspiele geht, nicht. Gerade mal zwei Vertreter dieser Zunft buhlten vor gut eineinhalb Jahren um die Fans der Königsklasse des Rennsportes: "Racing Simulation 2" von Ubi Soft und Video Systems "F1 World Grand Prix II". Ubi Soft hatte die Nase spielerisch knapp vorn mußte aber im Gegensatz zur Konkurrenz wegen der fehlenden Lizenz ohne Originalteams und Fahrer auskommen. Damit ist nun Schluß. Dank eines Vertrages mit Video System fahren in Ubi Softs "F1 Racing Championship" (im weiteren als "F1 RC" abgekürzt) Michael Schumacher und Mikka Hakkinen um den Thron in der Formel 1.
Abgesehen von der etwas aufgepeppten Optik erwarten euch der fast identischen Menüaufbau aus "Racing Simulation 2". Zunächst gilt es sich zu entscheiden, ob das Fahrverhalten der Boliden stärker arcadelastig oder simulationsmäßig sein soll. Diese Auswahl hat übrigens auch Auswirkungen auf die zur Verfügung stehenden Spielmodi. Nur in "Arcade" gibt es "Pick Up & Play". Vom Ende des Fahrerfeldes müßt ihr euch bis in die Punkteränge vorfahren. Gelingt euch das auf vier vorgegebenen Strecken, werden weitere freigeschaltet. Doch Vorsicht: Wie in Arcade Rennspielen üblich müßt ihr die einzelnen Abschnitte eines Kurses innerhalb eines Zeitlimits durchfahren haben, wenn ihr auch weiterhin kräftig Gas geben wollt.
Die übliche Auswahl
Natürlich könnt ihr auch in "F1 RC" eine komplette Formel 1 Saison angehen, einfach nur um Rundenbestzeiten kämpfen oder ein einzelnes Rennen bestreiten. Die Länge kann dabei in Prozent der tatsächlichen Distanz variiert werden. Dabei werden Reifenverschleiß und Benzinverbrauch so angepasst, dass auch bei einem kurzen Rennen über zum Beispiel 12 Runden ein Boxenstop nötig wird. Vor allem Anfänger sollten in den Optionen auf einfachere Einstellungen achten. Ausgeschaltete Strafen, Beschädigungen des eigenen Boliden und Wetterkapriolen sowie der Amateur Schwierigkeitsgrad und automatisches Bremsen führen Neulinge zu schnellen Erfolgserlebnissen. Profis fahren natürlich auch bei Regen, schalten alle Regeln und realistischere Beschädigungen des fahrbaren Untersatzes hinzu und haben an den aggressiv fahrenden Computerfahrern im Expertenschwierigkeitsgrad zu knabbern.
Insgesamt hält sich "F1 RC" nicht hundertprozentig an das Formel 1 Reglement. So gibt es zum Beispiel kein Warm-Up nach dem Qualifying und vor dem eigentlichen Rennen. Auch was die Flaggen angeht, hält sich Ubis Formel 1 Renner nicht vollkommen an die FIA Regeln. So zeigt die gelbe Flagge Gefahr auf der Strecke an. Ein streng ausgelegtes Überholverbot scheinen die Programmierer aber nicht eingebaut zu haben. Verwarnungen wegen Überholens unter gelber Flagge sind die Ausnahme. Ansonsten gibt es von einigen weiteren kleinen Abweichungen abgesehen aber das gewohnte Formel 1 Prozedere. Freies Training und Qualifying (innerhalb von einer Stunde habt ihr zwölf Runden zur Verfügung, ein Zeitraffer ist vorhanden) dürfen natürlich nicht fehlen. Fahrer- und Teamdaten stammen dabei aus der Saison 1999. Damit macht ihr zum ersten Mal auf dem Nintendo 64 den neuen Kurs von Malaysia unsicher.
Für den verkappten Mechaniker
Auch in den Boxen geht es wieder heiß her, da ihr an eurem Boliden nach Belieben herumschraubt. Neben Reifenwahl und Tankinhalt bringt vor allem herumhantieren an den Flügeln, dem Fahrwerk und der Getriebeübersetzung noch ein paar Zehntelsekunden. Wer sich mit dieser Materie nicht auseinander zu setzen wünscht, braucht dies in der Regel nicht, da für jede Rennstrecke ein ordentliches Setup vorgegeben ist. Fahrt ihr mit einem Wagen aus der zweiten Reihe der Formel 1 Teams, kommt ihr um das manuelle Tuning aber nicht herum, da zum Beispiel ein Minardi oder Arrows spürbar langsamer ist, als ein Ferrari oder McLaren. Dies hat den begrüßenswerten Effekt, das in einem Rennen überwiegend die großen Teams um Sieg und Punkte fahren.
Damit Anfänger die Grundlagen besser verstehen gibt es in der Anleitung eine kleine Einführung wie sich das Tuning zum Beispiel der Flügel auf das Fahrverhalten des Formel 1 Flitzers auswirkt. Die aggressivsten Einstellungen bringen nichts, wenn ihr die Strecken nicht bis zum letzten Millimeter Asphalt kennt und die Kurven auch korrekt anzusteuern wisst. Auf der Strecke sorgt eine zuschaltbare Ideallinie (in Form von einer durch Reifenabrieb entstandenen Spur) sammt hervorgehobener Bremszone dafür, dass auch Greenhorns hinterm Lenkrad eine Chance haben.
Nur was für Solo Spieler
Während Solo Spieler dank Optionsvielfalt und knackiger Computerfahrer Stoff für lange Nächte vor dem Nintendo 64 geliefert bekommen, sieht es düster aus, was Multiplayerduelle angeht. Zwar verfügt "F1 RC" über einen Duell Modus. Doch messen sich hier nur zwei Freunde via Splitscreen, die zudem noch völlig alleine auf weiter Flur ihre Fahrkünste beweisen. Zu zweit mal eben ein Rennen mit 20 Computergegnern zu veranstalten, ist leider nur ein schöner Traum, den "F1 RC" nicht erfüllt. Vielleicht das nächste Mal?
Die Grafik kann sich sehen lassen. Ubi Soft hat die Grafikengine von "Racing Simulation 2" weiter aufgemotzt. Erwähnenswert die schönen Licht und Schatteneffekte. In Imola zum Beispiel werfen die Bäume am Rande der Strecke bei Sonnenschein Schatten auf die Fahrbahn. Auch die Lense Flare Effekte sind nicht zu verachten. Einzig die arg eckigen Reifen sind unansehnlich. Die Geschwindigkeit der Formel 1 Flitzer wird ordentlich 'rübergebracht, obschon es ab und an bei größeren Fahrerpulks dezente Slow Downs oder Ruckler gibt. Sie kommen aber wirklich nur sehr selten vor und stören Gott sei Dank nicht sonderlich. An Kameraperspektiven herrscht kein Mangel. Drei "Ego Perspektiven" (darunter eine Ansicht mit Cockpit aber ohne Rückspiegel) und vier, bei dem ihr euren Boliden von außen seht, buhlen um eure Gunst. Witzig: Bei einem Boxenstop seht ihr wie die Boxencrew sich emsig wie die Bienen um euer Fahrzeug kümmern. Je schneller ihr dabei auf die A Taste hämmert, um so schneller werdet ihr abgefertigt. Über die aktuelle Lage informiert euch eine Einblendung am unteren Bildschirmrand, wie sie Formel 1 Fans aus den Übertragungen von RTL her kennen.
Akustisch wenig los
Ein Trauerspiel ist die Sounduntermalung. Über den Motorensound kann ich nicht klagen. Aber ein bisschen mehr Boxenfunk hätte es schon sein dürfen. Vor allem, dass Ubi Soft es nicht geschafft hat, dem Mechaniker diesen Klops abzugewöhnen, dass er den Fahrer auffordert, wegen zu ende gehendem Treibstoff doch jetzt bitte schön an die Box zu kommen auch wenn ihr euch gerade in der letzten Runde eines Rennen befindet. Das war schon im Vorgänger ein (zugegeben vernachlässigbares) Ärgernis. Komfortabel geht es beim Abspeichern zu. "F1 RC" erkennt auch ein Controler Pak im zweiten Joystickport, auf dem ihr sowohl laden als auch speichern dürft. Sehr praktisch müßt ihr so doch nicht immer Controler und Rumble Pak umstecken, wenn ihr über zwei Joypads verfügt. Während eines Rennens ist speichern nicht möglich. Nur nach einer Session dürft ihr zur Sicherung eurer Erfolge schreiten. 24 Blöcke Minimum sind zu veranschlagen. Je acht entfallen für die Einstellungen, das Abspeichern einer WM und erzielte Rekorde.
Eines Vorweg: Eine knallharte Simulation ist auch "F1 Racing Championship" nicht. Dazu ist das Fahrverhalten der Boliden auch in der "Simulation" Einstellung noch zu arcadelastig. Das gilt meiner unmaßgeblichen Meinung nach aber für alle Formel 1 Rennspiele auf Videospielekonsolen. Realistische Simulation des Formel 1 Rennsportes ist immer noch die Domäne des PC's. Trotzdem ist "F1 Racing Championship" eine Herausforderung für Rennspielfans. Optisch auf der Höhe, spielerisch nicht zuletzt dank aggressiver Computer KI auch langfristig motivierend. Obwohl der famose Karrieremodus von "Racing Simulation 2" nicht mehr vorhanden ist und die Team- und Fahrerdaten überholt sind eine lohnende Anschaffung nicht nur für Formel 1 Enthusiasten (sag).