geschrieben von Torsten Edelmann
Hersteller: Atomic Planet Entertainment
Genre: Boxen
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten: Aussehen des eigenen Boxers kann detailiert eingestellt werden.
USK (ESRB): ab 6 Jahre
Spieler: 1-2
Testmuster von: Codemasters
Nachdem Mike Tyson am achten Juni 2002 gegen Lennox Lewis im Kampf um den Weltmeistertitel des Schwergewichts verlor, kehrt er nun auf der Playstation 2 zurück um zumindest dort den Titelkampf zu bestreiten.
Mike Tyson Heavyweight Boxing ist eines der vielen mittlerweile auf der Playstation 2 erschienenen Box-Programme. Schon auf den ersten Blick merkt man, dass viel Geld aus dem Entwicklungsbudget in den Kauf der Tyson-Lizenz geflossen sein muss, denn die Boxer sehen gelinde gesagt recht klobig aus. Die Polygonzahl ist eher niedrig angelegt, die Animationen sind meist akzeptabel, gleiten aber mitunter auf die Stufe der Augsburger Puppenkiste ab, z.B. wenn Boxer die Halle betreten und teilweise die Schrittweite einfach nicht mit der überbrückten Distanz korrespondiert. Da fällt es auch fast nicht weiter auf, dass die Zuschauer angestrengt dem leeren Ring und nicht etwa den beiden eintretenden Boxern zujubeln.
Kaum haben die Kämpfer den Ring betreten werden sie von einem ebenso polygonarmen Ansager vorgestellt und schließlich können wir auch nicht umhin eine niedrigpolygonige Dame das Rundenschild einmal um den Ring tragen zu lassen. Witzigerweise haben die Programmierer viel Wert darauf gelegt, dass die Oberweite der Dame bei jedem Schritt hüpft wie ein Teller Götterspeise. Zu dumm, dass darunter ihr Gesichtsausdruck leiden musste und sie deswegen wie eine Wachsfigur aus der Anfängerabteilung von Madame Tusseau aussieht.
Und so beginnt schließlich und endlich dann doch mal der Kampf. Die Steuerungsmöglichkeiten sind vielfältig. Neben Jab, Uppercut, Cross, Körperschlag und Haken stehen auch diverse illegale Angriffe zur Verfügung. Dem Gegner das Ohr abzubeißen gehört allerdings nicht zum Repertoire. Außerdem kann man auf vielfältige Art ausweichen und gegnerische Schläge abblocken. Für viele gelungene Aktionen (wie z.B. einem gegnerischen Schlag durch Pendeln auszuweichen) bekommt man „Sternchen“ gutgeschrieben. Diese kann man wiederum für besonders effektive Schlagkombinationen eintauschen.
Das alles klingt recht gut, in der Praxis zeigen sich jedoch allzu schnell die zwei Hauptprobleme. Als erstes, dass zum einen die Steuerung furchtbar verquer belegt ist (so muss man für einen Körperschlag die selbe Modifikationstaste drücken wie für einen illegalen Schlag, was schnell dazu führt, dass man in der Hitze des Gefechts disqualifiziert wird, nur weil man aus versehen zweimal den falschen Knopf gedrückt hat), als zweites, dass die Kämpfe oftmals weniger durch Taktik oder geschickte Schlagkombinationen gewonnen werden (die, bedingt durch die verquere Belegung der Tasten sowieso schon schwer durchzuführen sind) sondern eher durch konsequentes Ausnutzen der Kurzsichtigkeit der KI, die "zum Glück" oft nicht erkennt, dass auf drei rechte Haken noch ein vierter folgen wird.
Als sei all das noch nicht tragisch genug kommt hinzu, dass man, wenn man den sowieso nicht sehr umfangreichen Karrieremodus spielt, mit einem absoluten Niemand als Boxer beginnt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hat Codemasters beschlossen den Spieler zu bestrafen, indem sie einem neuen Boxer zwar die Möglichkeit geben sein Gesicht und seinen Körperbaui nach allen Regeln der Kunst zu verändern (eine der wenigen wirklich guten Innovationen dieses Spiels), ihm aber zu Beginn keinerlei Möglichkeit geben seine Fähigkeiten anzupassen. So wird man förmlich gezwungen erst Dutzende Kämpfe frustriert zu verlieren, bevor man endlich die notwendigen Finanzen zusammen hat, um die eigenen Werte ein wenig zu verbessern und überhaupt eine Chance zu haben. Da hilft auch nicht der „Sparring mit Tyson“ Modus, der genauso gut „Sei Tysons Sandsack“ hätte heißen können, weil er keinerlei Trainingsform bietet sondern lediglich einen Ein-Runden-Kampf gegen Tyson darstellt.
Quält man sich nun also lange genug durch die Kämpfe kann man nach und nach neue Gegenstände, Tätowierungen und ähnliches für den eigenen Boxer frei spielen. Sogar die Spezialschläge der besiegten Gegner kann man sich aneignen, wenn man denn die notwendige Geduld und Ausdauer an den Tag legt.
Wie die meisten Boxspiele auf Konsolen krankt Mike Tyson Heavyweight Boxing an einer schlechten Steuerung und einer ebenso schlechten Übersichtlichkeit des Spiels. Im Gegensatz zu den gängigen Fightinggames neigen Box-Kämpfe durch ihre kurze Schlagdistanz nun mal eher zur Unübersichtlichkeit und Hektik. Trotzdem wurden bei Mike Tyson Heavyweight Boxing scheinbar besondere Anstrengungen unternommen möglichst viel verkehrt zu machen, so dass man dieses Spiel wohl nur absoluten Enthusiasten und Fans des Genres empfehlen kann.