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geschrieben von Andreas Wende
Hersteller: Light Weight Studios, Genki, Ubi Soft
Genre: Schwertkampf-Simulation
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten: Vibration, Analog (nur Stick), Memory Card (mind. 70 kb)
USK (ESRB): ab 16 Jahre
Spieler: 1 - 2
Testmuster von: Fachhandel
Kampfspiele zeichen sich meist durch unglaublichste Moves und Kämpfer aus, die unmenschlich viel einstecken können. Das es auch anders geht, bewies Squaresoft mit der wesentlich realistischeren Schwertkampf-Simulation "Bushido Blade". Das auch ein Squaresoft-Game wie Blei in den Regalen liegen kann, bewiesen daraufhin die europäischen Käufer. Folgerichtig erreichte auch die Fortsetzung nie Europa. Verdient der Nachfolger "Kengo - Master of Bushido" nun das gleiche Schicksal als Ladenhüter?
Samurai werden leicht gemacht?
Japan während der Genroku-Dynastie: Die Zeit der grossen Kriege ist vorbei und damit auch die Blütezeit der Samurai. Völlig verblasst der Mythos der Schwertkämpfer jedoch nicht, verspricht er doch im feudalen Japan trotzdem noch Ruhm und Sicherheit. Zu sehr am Leben hängen sollte man zwar nicht, aber mehr hätten die drei wählbaren Samurai-Anwärter im von Ubi Soft gepublishten Kengo - Master of Bushido ohnehin nicht mehr zu verlieren!
Ob Taketsume, letzter Nakayama des Shibata-Clans, Shozaemon Hyuga auf der Suche nach Rache an den Mördern der Eltern oder der des Mordes verdächtigte Bauernsohn Yasumoto Yoshimura: Habt Ihr Euren Favoriten gefunden und seid einem der acht verschiedenen Dojos beigetreten, beginnt Euer mühsamer Aufstieg vom holzschwertschwingenden Niemand bis zum Sieger des grossen kaiserlichen Turniers.
Zuerst übt der Meister des Dojos in einzelnen Lektionen mit Euch die Grundlagen der Steuerung ein. Seid Ihr erfolgreich, wird die nächste Lektion freigeschaltet. Habt Ihr die Grundlagen verinnerlicht, steht endlich das erste Kräftemessen mit einem anderen Schüler des Meisters an. Habt Ihr Euren ersten Kampf siegreich überstanden, stehen nicht mehr nur noch die Punkte Dojo und Sleep (speichern) zur Verfügung, sondern auch die wichtige Option Training, die Ihr ausgiebig nutzen solltet!
Ausgiebig deshalb, weil erst durch die verschiedenen Trainingsübungen die Grundlagen gelegt werden, durch die Euer Kämpfer die im Dojo gewonnen Erfahrungen auch verwerten kann! So sind die Kämpfer zwar mit verschiedenen Charakterwerten ausgestattet wie z.B. Attack Speed, Power, Agility oder Spirit, können die im Dojo erworbenen Erfahrungen aber nur begrenzt aufnehmen.
Ist die Aufnahmebereitschaft Eures Kämpfers in einem der Bereiche erschöpft, sind alle in diesem Bereich gewonnen Erfahrungen im Dojo verloren, Euer Samurai entwickelt sich nicht weiter! Erst wenn Ihr mit der entsprechenden Trainingsübung (Zen-Meditation, Bambus hacken, etc.), meist Fingerübungen a lá Track and Field oder dem in Japan sehr beliebten Bemani-Prinzip, die potentielle Höhe des entsprechenden Charakterwertes erhöht habt, lässt sich der Wert auch im Dojo tatsächlich weiter aufleveln!
Etwas Geduld ist da schon gefragt, passenderweise wird die Zeit Eurer Bemühungen in Tagen gemessen und täglich findet immer nur ein Ereignis statt.
Nach den Lektionen im Dojo folgt die Zeut der Tests. Hier kämpft Ihr z.B. gegen stärkere oder schnellere Gegner und schliesslich auch gegen zehn Gegner hintereinander. Ab jetzt profitieren nicht nur Eure Charakterwerte, zusätzlich erlernt Ihr auch neue Moves, die zu Combos zusammengestellt werden und über die Shoulderbuttons aktiviert werden können. Besiegt Ihr schließlich auch noch Euren Meister, erhaltet Ihr Eure erste scharfe Klinge und Zugang zu den anderen Dojos, die Ihr nun herausfordern müsst!
Auch hier tretet Ihr nun nach altbewährtem Muster gegen Schüler und Meister an und prügelt deren Health-Balken ins Nichts, um Eure Charakterwerte zu steigern, neue Moves zu lernen und natürlich, um das Schwert des Meisters in Euren Besitz zu bringen.
Ihr kämpft zwar auch hier nur mit Holzschwertern, doch auch diese können tödlich sein. Meist geben die Meister sich rechtzeitig geschlagen um Ihr Leben zu retten, doch manchmal auch nicht. Dann lernt Ihr unversehens die andere Seite von Kengo, den Kampf mit scharfer Klinge kennen, denn die Schüler des Toten wollen blutige Rache.
Als kleine Reminiszenz an den Realismus der Bushido Blade Vorgänger macht Ihr hier Bekanntschaft mit einem bisher unbekannten Zustand der Gesundheitsleiste, dem sog. Danger Level. Wann immer einem der Kämpfer ein effektiver Schlag gelingt, der das Blut spritzen lässt, verfällt der Getroffene in den Danger Level, was bedeutet, das er unweigerlich früher oder später verbluten wird!
Aus diesem Zustand rettet Euch nur ein schneller Sieg und in dieser Bedrängnis wird eine kleine Leiste, das sog. KI-Meter oft Eure letzte Hoffnung sein. Ki ist die Energie, die alle Menschen durchströmt und dem Körper Leben verleiht. Nur wer zum Bersten mit KI gefüllt ist, kann die jedem Schwert eigene, verheerende Spezielattacke auslösen, die jetzt vielleicht sein Leben retten könnte.
Doch Vorsicht! Genau wie jede gute Aktion Eurerseits den KI Wert in die Höhe treibt, genauso schnell sinkt er, wenn Ihr Fehler macht! Als allerletztes Mittel könnt Ihr Euch aber auch aus der Reichweite des Gegners zurückziehen und das KI per Kampfschrei (d.h. auf Knopfdruck) in die Höhe schnellen lassen.
Habt Ihr schliesslich alle Dojos besiegt (und zwischendurch fleissig trainiert), ereilt Euch endlich der Ruf zum Imperial Match, dem großen kaiserlichen Turnier! Mit scharfer Klinge wird hier per K.O.-System der beste Samurai des Reiches gesucht und Ihr trefft auf viele alte Bekannte aus dem Spiel - Meister und Meisterschüler - und habt Euer Schicksal nun endgültig selbst in der Hand!
Traditionelle Beat 'em Upper seien an dieser Stelle gewarnt, den gewohnten Quick Restart im Falle einer Niederlage sucht Ihr hier vergebens. Verlierer finden sich unweigerlich in Ihrer kargen Kammer im heimischen Dojo wieder und müssen erstmal einige Tage trainieren und/oder durch die anderen Dojos tingeln, bevor sie erneut der Ruf des Kaiserhauses erreicht.
Neben diesem Hauptmodus bietet Euch Kengo - Master of Bushido natürlich auch pflichtschuldig den traditionellen 2 Spieler VS-Mode, sowie für Single-Player einen Tournament-Modus, der absolut dem klassischen Beat Em Up typischen Survival-Mode entspricht. Mehr als eine nette Dreingabe solltet Ihr hier allerdings nicht erwarten, im Vergleich zum Hauptmodus ist das Tournament nicht mehr als ein spielerisches Leichtgewicht. Geübte Schwertkämpfer lassen viele Gegner oft nicht mal zum Schlag kommen, lediglich die ebenso auftretenden stärkeren Hauptcharaktere können diesen Modus noch halbwegs retten.
Technik und Präsentation
Ohne lange drumherumzureden: Sowohl Technik als auch Präsentation von "Kengo" gehen - für einen Titel der ersten PS2 Software Generation - voll in Ordnung, Höhepunkte sucht man allerdings vergebens.
Die Steuerung ist einfach, schnell zu lernen und arbeitet erstaunlich akkurat. Gelegentlich, etwa im Kampf beim Versuch eine seitliche Verteidigungsrolle auszuführen, würde man sich wünschen, dass derartige Kommandos noch etwas bereitwilliger umgesetzt würden, alles in allem lässt sich dieses Manko aber mit ein wenig Übung leicht verschmerzen.
Etwas bedauerlicher ist die ausgesprochen schlechte, um nicht zu sagen nichtexistente Dokumentation von Moves und Combos. Das Ganze funktioniert zwar per Belegung der L- und R-Tasten genauso einfach und intuitiv wie der Rest der Steuerung, gerade Anfänger dürften allerdings im Gegenzug aus Unwissenheit auch schnell mal Opfer unsinniger Combos werden.
Optisch macht "Kengo", insbesondere gemessen an den Vorgängern, auch ohne Anti-Aliasing und mit minimalem Flackern eine verhältnismässig gute Figur. Alle Dojos unterscheiden sich deutlich voneinander und sind stimmungsvoll in Szene gesetzt. Die Animationen der Figuren gehören auch diesmal sicher nicht zur absoluten Spitze dessen, was möglich ist, toppen die der Vorgänger aber erwartungsgemäß deutlich.
Sieht man sich die Gegner genau an, so merkt man in der Tat, dass hier die gleichen Entwickler am Werk waren, wie schon bei den "Bushido Blade" Spielen. Grund: Wie schon bei den Vorgängern sieht auch diesmal der Großteil der Gegner völlig gleich aus! Das Fußvolk unterscheidet sich wie eh und je nur in der Kleidung, lediglich den Meistern und Meisterschülern wurden individuelle Stylings zugestanden.
Zu dürftig geraten, da zu nah an den Vorgängern, ist die Darstellung der Blutfontänen beim Kampf mit scharfer Klinge geraten. Angesichts der übrigen Grafik wirkt sie antiquiert und fügt sich nicht so recht ins Bild. Special Effects Gewitter ,wie sie in Beat Em Ups schon zum guten Ton gehören, verbieten sich angesichts des angestrebten Realismus natürlich sowieso.
Der Sound ist unspektakulär, atmosphärisch aber gut genug gelungen, um die Thematik sinnvoll abzurunden. Die Soundeffekte beim Aufeinanderprallen von Holzschwerten und scharfen Klingen sind dagegen erstklassig.
Kengo - Für wen?
Wie stellt Ihr Euch die klassische Samurai-Werdung im feudalen Japan denn so vor? Langwierig, um nicht zu sagen manchmal auch langweilig? Dann und nur dann seid Ihr genau richtig bei Kengo! Übernervöse Beat Em Up Hektiker mit Hang zu opulenten Megamoves im Sekundentakt stellen die Packung schnell wieder ins Regal. Sie sind eindeutig bei Fast-Speed Kloppern wie "Dead Or Alive 2" besser aufgehoben.
Wer jedoch geduldig ist, Zeit für die Entwicklung seines Charakters übrig hat und zu diesem Zweck auch die langweiligste Übung noch ein zehntes Mal wiederholt, vielleicht auch die beiden Vorgänger mochte, der wird sich im PS2-Dojo namens Kengo schnell zuhause fühlen und es sicher bis zum Master of Bushido bringen!
Realismus-Fanatiker seien allerdings genauso gewarnt, wie vorher der die Hardcore-Beat Em Upper: Diesmal sind auch Angriffe in den Rücken der Gegner möglich! Was in den Vorgängern dem Ehrenkodex entsprechend als Todsünde gewertet wurde, ist im dritten Schwertkampf-Spiel der Light Weight Studios fast schon Standardattacke. Leider!
"Kengo" ist im Grunde langweilig und doof (dt. Presse) und sowieso viel schlechter als "Bushido Blade" (us. Presse), so der magazinübergreifende Grundtenor der Berichterstattung über die inzwischen dritte Schwertkampf-Sim der Light Weight Studios. Ich bin ehrlich froh, das nicht so recht geglaubt zu haben, genau wie viele andere Spieler z.B. in den USA offenbar auch! So vergab Ziff Davis Gamespot VG gerade magere 5.9 von 10 Punkten, gleichzeitig lag die durchschnittliche Leserwertung bei satten 8 von 10 Punkten, und das nach immerhin 169 Leserwertungen (Stand: 9.4.2001)!
Sicher, "Kengo" ist und bleibt ein Nischenprodukt und wird als solches auch definitiv keine Softwaregeschichte schreiben. Trotzdem habe ich das Gefühl, ich hätte hier beinahe ein für mich äusserst unterhaltsames Spiel verpasst! Und auch wenn "Kengo" zweifellos anders ist, als die beiden Bushido Blade Vorgänger, so bin ich selbst als Fan der Serie in keinster Weise entäuscht!
Das die Beat 'em Up-typische Rasanz angesichts der Thematik nicht erreicht wird, war mir sowieso klar. Etwas mehr Story hätte dagegen schon sein dürfen, um nicht zu sagen sein müssen! (aw)