geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Capcom / Electronic Arts
Genre: Survival-Horror
System: GameCube, PAL-Version
Besonderheiten: 2 Mini-DVDs; benötigt Memory Card (min. 8 Blöcke); engl. Sprachausgabe, dt. Untertiteln; 60Hz-Modus
USK (ESRB): nicht geeignet unter 18 Jahren
Spieler: 1
Testmuster von: Electronic Arts
Exklusivität. Mit diesem probaten Mittel versuchen Sony, Nintendo und Microsoft im Kampf um Marktanteile Käufer für ihre Konsole zu begeistern. Mit der "Resident Evil"-Reihe von Capcom hat Nintendo einen zugkräftigen Namen exklusiv für seinen GameCube gewonnen. Als erstes Spiel landet ein Remake des ersten Teiles in den Regalen hiesiger Händler. Ob Xbox und PlayStation2 Besitzer neidisch auf Cubeeigner schauen müssen, verrät euch unser ausführlicher Test.
Die Hintergrundgeschichte hat sich im Vergleich zum PlayStation-Original nicht geändert. Ein Einsatzteam von S.T.A.R.S., der Polizei Elitetruppe von Racoon City, wird ausgeschickt, um dem Schicksal mysteriös verschwundener Kollegen auf den Grund zu gehen. Diese waren ausgerückt um eine grausame Mordserie, die die Stadt in Atem hält, zu untersuchen, bei denen die Opfer aufgefressen wurden. Kaum hat das zweite Team die sterblichen Überreste eines S.T.A.R.S. Beamten im Wrack eines Hubschraubers gefunden, werden sie auch schon von einer Meute mordgieriger Dobermänner angefallen. Es bleibt ihnen nur die Flucht, die in einem großen düsteren Herrenhaus ihr vorläufiges Ende findet. Wo sind sie da nur hineingeraten und wie sollen sie aus diesem Schlamassel nur wieder herauskommen?
Jill oder Chris?
Damit kommt ihr ins Spiel. Ihr habt die Wahl: Entweder legt ihr als fesche Jill Valentine los oder geht als Chris Redfield auf euer Horrorabenteuer. Außerdem werdet ihr zu Beginn gefragt, ob euch Bergsteigen mehr liegt oder ihr lieber wandert. Dies ist nichts anderes als der verklausulierte Schwierigkeitsgrad. Bergsteigen ist das Synonym für den normalen, Wandern für den leichten Schwierigkeitsgrad. Als Bergsteiger findet ihr unter anderem weniger heilende Kräuer und werdet mit dem ein oder anderen zusätzliche Zombie konfrontiert, den ihr als Wanderer nicht zu Gesicht bekommt.
Jill ist nicht nur aufgrund größere Inventarkapazität vor allem Anfängern ans Herz zu legen - sie kann zwei Items mehr als Chris tragen - sondern auch, weil sie entweder früher oder exklusiv über schlagkräftigere Wummen verfügt. Chris ist zusätzlich noch in einem anderen Punkt benachteiligt. Während Jill bereits nach wenigen Spielminuten einen Dietrich einsackt, der nicht wenige verschlossene Türen öffnet, muss Chris sich für jede einzeln auf die Suche nach einem kleinen Schlüssel machen. Das belastet nicht nur zusätzlich den eh schon knappen Inventarplatz, sondern lässt Herrn Redfield auch einige Items, wie zum Beispiel Dolche, weniger einsacken, die Jill an Stelle besagter Schlüssel findet.
Verteidigungsobjekte
Wo ich schon bei den Dolchen bin. Eure beiden Protagonisten haben mit den "Verteidigungsobjekten" eine neue nützliche Fähigkeit auf Lager: Kommen euch Zombies oder anderes Gesocks zu nahe muss das noch lange nicht bedeuten, dass eure Helden Schaden nehmen. Verfügen sie über das entsprechende Verteidigungsobjekt bringen sie dies zum Einsatz statt angeknabbert zu werden. So rammen beide Dolche in feindliche Schädel. Jill teilt zudem mit ihrem Elektroschocker aus, wenn sie Batterien hierfür findet. Chris stopft statt dessen Blendgranaten zwischen Untoten-Beißerchen, was sie nach einer kleinen Explosion ziemlich kopflos zurücklässt.
Wollt ihr euch Zombies restlos entledigen, ist dies das Mindeste was ihr tun solltet. Bleibt die Rübe nämlich dran habt ihr mit einer unangenehmen Nebenwirkungen zu kämpfen. Einmal gemeuchelte Zombies sind nämlich noch nicht endgültig hinüber, sondern erwachen nach einer Weile als noch viel aggressivere und gefährlichere Abart. Am besten klappt das Rüberunter - Kenner der Serie werden es erahnen - mit der Schrotflinte, die in zwei Varianten im Spiel auftaucht. Ab und an hat aber auch vom Zufall gelenkt die stinknormale Pistole diesen Effekt.
Rübe runter oder FreudenfeuerEs gibt aber noch einen zweiten Weg die gefährliche Mutation erledigter herumschlurfender Gegner zu verhindern. Sehr früh findet ihr einen kleinen tragbaren Kanister, der dankbarer Abnehmer des Brennstoffes von im Herrenhaus und Umgebung verstreuten Kerosinkanistern ist. Zusammen mit dem Feuerzeug fackelt ihr damit zurückbleibende Untotenleichname ab. Lasst die Körper vor dieser Behandlung aber nicht zu lange unbeaufsichtigt herumliegen, sonst verwandeln sie sich, bevor ihr sie für euer Kerosin entflammen könnt. Kleiner Trost: Nur Zombies kommen in den Genuss dieser Wiedergeburt.
Spielerisch wird gewohnte Action-Adventure Kost geboten. Ihr durchstreift die große Villa mit ihren angrenzenden Gebäuden, Kellern und Wegen immer auf der Suche nach wichtigen Gegenständen, die euch in neue noch unerforschte Gefilde bringen. Das Ganze wird ab und an durch kleinere Logikrätsel aufgepeppt, wie das in der richtigen Reihenfolge Verschieben von Statuen, das perfekte Ausrichten von Windfähnchen oder das korrekte Mischen von Chemikalien. Ansonsten seit ihr damit beschäftigt euch gegen Untote aller Art auf der Suche nach dem passenden Item oder Schlüssel zu erwehren.
Spare in der Not ...Da ihr nur über einen begrenzten Vorrat an Munition verfügt ist es nicht anzuraten, auf alles und jeden zu schießen, der euch über den Weg läuft. Erst wenn ihr keine andere Wahl habt, weil ein Ausweichen unmöglich ist, solltet ihr die Waffen sprechen lassen. Verschleudert Geschosse eurer Magnum oder des Granatwerfers nicht für 08/15 Gegner, sondern hebt sie für die hartnäckigeren Bossgegner auf. Diese sind mit der richtigen Taktik und Bewaffnung mit wenig Munitionsverbrauch oder manchmal sogar ganz ohne zu knacken. Habt ihr vorher den ein oder anderen S.T.A.R.S. Kumpel gerettet steht euch zusätzlich noch kompetente und bewaffnete Hilfe zur Seite.
Gespeichert wird mit Hilfe von Schreibmaschinen, die ihr auf euren Abenteuern findet. Vorausgesetzt ihr führt ein Farbband mit euch. Da deren Anzahl begrenzt ist, solltet ihr nicht nach jedem erfolgreich erledigten Zombie speichern. Keine Angst, es sind in der Regel genügend Farbbänder in "Resident Evil" verteilt, so dass auch Spieler zurecht kommen sollten, die nur gelegentlich mal ein halbes Stündchen opfern können. In der Nähe der meisten Schreibmaschinen findet ihr zudem eine Vorratskiste in dem ihr gerade nicht benötigte Waffen oder Gegenstände für den späteren Gebrauch bunkert. Da alle Kisten miteinander vernetzt sind, müßt ihr nicht wieder in den Raum zurück, in dem ihr die Sachen hineingelegt habt, sondern habt von jeder Kiste im Spiel aus Zugriff auf alle eingelagerten Items (Ausnahme: In einem herauspielbaren Modus müßt ihr ohne diese Vernetzung zurecht kommen).
Vorgerenderte HintergründeBei der Optik wandelt Capcom auf altbewährten Pfaden. In einer Third-Person-Ansicht dackeln Jill, Chris und Konsorten durch vorberechnete Renderhintergründe. Die Kameraperspektive ist dabei immer fest vorgegeben. Lauft ihr in einen von der Kamera nicht einsehbaren Bereich wird auf einen neuen Blickwinkel umgeschaltet. Durchschreitet ihr eine Tür müßt ihr einige wenige Sekunden warten, bis die Daten des neuen Raumes geladen werden. Um diese kurze Unterbrechung zu überbrücken gibt es die für die "Resident Evil" Reihe typische Animation der sich gerade öffnenden Tür zu sehen.
Dass die Spielwelt trotz detaillierter Renderhintergünde nicht statisch wirkt, dafür sorgen kleine aber feine Animationen. Da bewegen sich die Halme kleinere Büsche in einer sanften Brise, wabert Nebel über Wiesen, tropft Wasser es an nassen Wänden herunter, flackern Kerzen oder Fackeln munter vor sich hin, wuseln allerlei Kakerlaken über den Boden oder fliegen Insekten um flackernde Lampen. Die realistisch herausgearbeiten Licht- und Schatteneffekte und die ganz in dunklen Farbtönen gehalten Schauplätze tun ihr übriges dazu, eine unheimliche und beklemmende Atmosphäre aufkommen zu lassen, die euch nahe an einen Herzkasper bringt, wenn zum Beispiel urplötzlich Hunde durch Fenster brechen und euch ohne Vorwarnung anfallen.
Verdächtige Schatten und GeräuscheDie meisten Attacken kündigen sich dagegen schon im Voraus an, wenn ihr zum Beispiel die Schatten von Zombies durch die Fenster fallen oder den herannahenden Gesellen in einem Spiegel um die Ecke biegen seht. Das irgend etwas nicht stimmt, wird euch zudem akustisch vermittelt. Startet beim Betreten eines Raumes ein düsteres Musikstück oder hört ihr ein Schlurfen, Stöhnen oder Knurren deutet dies auf nahende Gefahr hin auf die ihr umgehend reagieren solltet. Erst beim Tod aller Gegner in einem Zimmer verklingt die Musik. Diese akustische Warnung ist auch bitter nötig, da ihr an einigen schlecht einsehbaren Stellen ansonsten einfach mitten in irgendeinen Gegner hinein zu laufen droht. Trotzdem kann euch dies an Stellen passieren, wo die Kamera von einem auf einen anderen Blickwinkel schaltet.
Wichtige Szenen, zum Beispiel immer dann, wenn ihr auf einen S.T.A.R.S. Menschen trefft, werden euch als FM Videos kredenzt, bei denen ihr mit leichten Rucklern leben müßt. Keiner der auftretenden Personen beherrscht die deutsche Sprache. Die englischen Gespräche sind aber mit deutschen Untertiteln unterlegt. Alle Texte im Spiel dagegen wurden ins Deutsche übersetzt. Eine wichtige Hilfe steht euch mit der Karte zur Verfügung, wenn ihr den jeweiligen Fetzen für die aktuelle Umgebung gefunden habt. Hier werden nicht nur alle Räume und verschlossene oder schon durchschrittene Türen angezeigt, sondern auch in welchem Zimmer noch Items auf den ehrlichen Finder warten.
Altbekannte SteuerungBei der Steuerung vertaut Capcom auf das altbekannte Schema. Jill oder Chris ziehen ihre Waffe, wenn ihr den "R"-Schulterbutton betätigt und ballern mit dem Action Knopf "A" los. Ohne gedrückt gehaltenem "R" lest ihr mit "A" Items auf oder lasst euch Infos über Gegenstände vor eure Nase geben. Obwohl ihr euren Charakter via analogem Stick durch die Villa bewegt, erfolgt die Steuerung digital und nicht etwa analog. Ihr geht nur in einer Geschwindigleit oder lauft mit gedrücktem "B"-Button. Es ist also nicht so, dass ihr bei nur leichtem Analogstickeinschlag geht und bei voller Betätigung lauft.
Euer jeweiliges Alter Ego ist lebensecht und flüssig animiert und wirft realistische Schatten auf die Umgebung, statt nur eines kleinen Kreises, wie es noch in der "Code: Veronica" Episode der Fall war. Auch die Drehung auf der Stelle, bei der die Protagonisten sonst immer zu schweben schienen, ist jetzt realistisch in Szene gesetzt. Einziges winziges Haar in der Suppe: Bei Treppenstufen scheinen Jill, Chris und Co. die Bodenhaftung zu verlieren und mehr zu schweben als zu laufen. Die deutsche PAL-Version scheint nicht geschnitten zu sein. Blut fließt trotzdem nicht übermäßig viel, ist aber zum Beispiel ein wichtiges Indiz dafür, dass ein niedergestreckter Zombie tatsächlich tot ist. Nur dann breitet sich eine kleine Blutlache unter dem Leichnam aus. Ansonsten steht er wieder auf und geht zum Angriff über.
Mehrmaliges Durchspielen empfohlenZweimaliges Durchspielen - einmal als Jill und ein zweites Mal als Chris - solltet ihr euch mindestens gönnen. Schließlich weicht Chris Abenteuer an einigen Stellen von Jills ab einschließlich diverser Personen, die nur bei einem der beiden Protagonisten auftauchen. Darüber hinaus erwarten euch mehrere (kurze!) Abspänne je nachdem, wie es euch und euren Begleitern während dieses Himmelfahrtskommandos ergangen ist. Dazu gibt es für erfolgreiche Flucht aus dem Horrorhaus nette Goodies, wie neue Outfits für Jill und Chris sowie einen härteren Schwierigkeitsgrad oder neue Spielmodi, die euch zum Beispiel mit unsichtbaren Gegnern konfrontieren.
Ich gestehe: Der erste Teil der "Resident Evil" Saga auf der PlayStation hat mir damals nicht besonders gut gefallen. Es wollte einfach nicht "Klick" machen. Erst "Code: Veronica" auf Segas glücklosem Dreamcast hat mich auf den Geschmack gebracht. Und ich muss sagen, das Remake auf Nintendos GameCube hat meine allerletzten kleinen Zweifel beseitigt. Selten habe ich ein so atmosphärisch dichtes Horror Action-Adventure erlebt.
Allerdings musste ich mich etwas umgewöhnen. Ein Zombie oder ein Cerberus ist viel schwerer zu besiegen, als in "Code: Veronica". War dort das Messer noch eine ganz gute Waffe, könnt ihr es wegen zu geringer Durchschlagskraft in "Resident Evil" getrost in der Vorratskiste verschimmeln lassen. Zudem solltet ihr immer höchst vorsichtig sein, wenn ihr einen Zombie erledigt und das beileibe nicht nur wegen des knappen Munitionsvorrates. Denn der wiedergeborene Zombie Mutant ist ein Gegner, den ihr nie unterschätzen solltet.
Die detaillierte Optik mit ihrem realistischen Licht- und Schatteneffekten lassen euch zusammen mit der erstklassigen Sounduntermalung wohlige Gruselschauer über den Rücken laufen. Hinzu kommen einige kleinere sinnvolle spielerische Ergänzungen; Stichwort "Verteidigungsobjekte". Da schaut man gerne über klitzekleine Mängel, wie die an einigen Stellen fehlende Übersicht aufgrund fest vorgegebener Kamerawinkel hinweg. "Resident Evil" ist dank zweier Schwierigkeitsgrade und den beiden unterschiedlichen Hauptcharakteren sowohl für Genreneulinge als auch für ausgebuffte Zombiejäger ein Pflichtkauf. (sag)