geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: THQ
Genre: Rennspiel
System: GameCube, PAL-Version
Besonderheiten: engl. Spieletexte; benötigt Memory Card (min. 11 Blöcke); original Akteure, Motorräder und Strecken
USK (ESRB): ohne Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 2
Testmuster von: THQ
Auch wenn die aktuelle Konsolengeneration mit besserer Grafik lockt, wer auf der Suche nach einem hervorragenden Motocross-Rennspiel ist, war bisher auf das Nintendo 64 und "Excitebike 64" angewiesen, wenn er das Beste wollte. Mit "MX Superfly" unternimmt THQ einen Angriff auf den Thron des Klassenprimus.
Um den Nintendo 64 Evergreen in den Schatten zu stellen hat THQ eine Menge bekannter Namen aufgefahren. Die Biker sind nicht nur vom Helm bis zu den Stiefeln in Originalausrüstung gewandet, sondern führen noch die Motorräder bekannter Marken, wie Honda oder Yamaha, spazieren. Außerdem sind die Fahrer keine frei erfundenen NoNames. Statt dessen tummeln sich aus dem Rennzirkus bekannte Akteure - allen voran Ricky Carmichael - auf den über zwei Dutzend Strecken von "MX Superfly".
Versteckte Tutorials
Als Anfänger steht ihr erst einmal wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg: Eine Einführung in die Steuerung sucht ihr unter den verschiedenen Spielmodi vergeblich. Erst wenn ihr eine Karriere als Rennfahrer oder Freestyler beginnt, gibt es ein paar Tutorials. Allerdings nicht zusammenhängend sondern Häppchenweise. Schade, denn die akkurate Beherrschung der Steuerung ist bei der anspruchsvollen Berg- und Talfahrt sowie den spektakulären Trickshows der über Sieg und Niederlage entscheidende Faktor.
Ihr beginnt eine Rennfahrerkarriere in der 125ccm Klasse. Nachdem ihr euer Outfit und die Marke eure Krades bestimmt habt, heißt es erst einmal ein wenig Geld zu organisieren um in der eigentlichen Meisterschaft zugelassen zu werden. Kohle gibt es für erfolgreiches Bestehen eines Tutorials sowie gute Platzierungen in einem oder mehreren Vor-Saison-Rennen. Habt ihr die Geld-Vorgabe geknackt geht es in der eigentlichen Meisterschaftssaison zur Sache. Immerhin sieben Computergegner müssen auf realen Vorbilder nachempfundenen Kursen über je drei Runden distanziert werden. Eine Ausnahme bildet das abschließende Rennen der Karriere, welches über fünf Runden gefahren wird.
Anspruchsvolles Streckendesign
Aufgrund der komplexen Steuerung in Verbindung mit den vielen kleinen Hügeln und Buckeln ist ein Sieg kein einfaches Unterfangen. Gas geben, Bremsen und Kurven korrekt anfahren bereitet auch Anfängern nach ein paar Minuten des Übens keinerlei gravierende Probleme. Der richtige Umgang mit der Federung sowie der Kupplung dagegen adelt einen ansonsten abgeschlagen hinterherdackelnden Fahrer zum Sieganwärter. Schließlich wollen möglichst viele Punkte gesammelt werden um auf dem Stockerl zu landen.
Über den "R" Schulterbutton reguliert ihr die Höhe eures Sprunges, indem ihr die Federung eures Hobels "vorspannt". Je stärker umso höher katapultiert es euer Motorrad in die Lüfte. Wohldosierter Einsatz ist gefordert, damit ihr nicht über die Streckenbegrenzung hinweg segelt oder in einen anderen Buckel hinein kracht. Die Landung solltet ihr ebenfalls nicht verhauen. Kommt ihr nicht mit beiden Rädern gleichzeitig mit möglichst gerade gehaltenem Zweirad auf, dann verreißt es euch in Null-Komma-Nichts und ihr landet unsanft im Dreck. Später dürft ihr euer Bike ein wenig tunen. Schraubt an den groben Einstellungen zum Beispiel bei Federung oder Bremsen herum, um es eurem Fahrstil anzupassen.
Kupplung und FederungUm beim Aufkommen noch ein wenig Mehr an Beschleunigung heraus zu kitzeln müsst ihr den rechtzeitigen Einsatz der Kupplung beherrschen. Wenn ihr die "L"-Taste zum richtigen Zeitpunkt betätigt dreht der Motor eures Bikes höhertouriger und gibt euch so noch einen Kick mehr an Speed. Das bringt euch nicht nur bei einer Landung schneller auf hohe Geschwindigkeit sondern beschleunigt euer Fortkommen auch nach engen Kurven und selbstverständlich beim Start.
Neben langen und herausfordernden Strecken unter freiem Himmel erwarten euch spektakuläre Hallenkurse. Wegen der vielen anspruchsvollen Buckelkombinationen und der naturgemäß engeren und verwinkelteren Streckenführung sind sie noch schwerer zu beherrschen als die Outdoor-Rennen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Hobel im Gegensatz zu "Excitebike 64" Ruck-Zuck im Dreck landen, wenn ihr euch zu stark in eine Kurve legt oder dort eine kleine Bodenwelle überseht. Dies sorgt auf der anderen Seite aber für einen stärkeren Simulationstouch als beim Nintendo 64 Vorbild.
Nicht nur Sieger kommen weiterVier Meisterschaftssaisons (je zwei mit 125ccm und 250ccm Maschinen) und zum krönenden Abschluss der Hallenkurs der THQ Open wollen nacheinander erfolgreich absolviert werden. Die Anzahl der Strecken einer Saison nimmt von Mal zu Mal zu. Um von einer Meisterschaft zur nächsten zu kommen ist am Ende aller Rennen in der Gesamtwertung mindestens ein dritter Platz nötig. Im nächsthöheren Wettbewerb müsst ihr dann wiederum erst einmal Geld verdienen um zum eigentlichen Renngeschehen zugelassen zu werden. Habt ihr einer Saison erst einmal den Rücken gekehrt, ist dieser leider nicht wieder anwählbar.
Gerade Anfänger oder Gelegenheitsspieler werden es zu schätzen wissen, dass nach jedem Rennen gespeichert werden kann. Zudem dürft ihr jeden Kurs sofort noch einmal angehen, falls euch das Ergebnis nicht zugesagt hat. Nach einem Rennen analsysiert ihr euren Fahrstil auf Wunsch im Replay. Wollt ihr später mit eurem Können protzen, speichert die Wiederholung auf Memory Card. Da jedes Replay 10 Blöcke in Beschlag nimmt nur etwas für Besitzer einer "fetten" Speicherkarte. In den 11 Blöcken eines "MX Superfly" Spielstandes finden übrigends vier Saisons auf einmal Platz.
MotorradartistenAußer normalen Rennen wartet eine Karriere als Freestyler auf euch. Der Ablauf ist identisch zu dem einer Rennsaison. Zuerst heißt es Geld in der 125ccm Klasse einzusacken, bevor ihr zum eigentlichen Meisterschaftszirkus zugelassen werdet. Landet ihr dort in den verschiedenen Läufen regelmäßig auf den vorderen Plätzen winkt das Weiterkommen, wo dann stärker motorisierten Bikes der 250'er Klasse warten. Wieder mit von der Party bei der Vor-Saison sind einige Tutorials die euch das Grundrüstzeug für eure kommenden Aufgaben nahe legen. Die Steuerung hat es nämlich in sich.
Seit ihr in der Luft heißt es den Trick Button gedrückt zu halten und anschließend den eigentlichen Stunt über antippen, drücken oder gedrückt halten eines oder mehrerer Knöpfe zur Ausführung zu bringen. Macht ihr dazu gleichzeitig noch einen Salto oder eine Art Schraube mit dem Bike hagelt es Punkte, wenn das Ganze ohne Bruchlandung gelingt. Nur wer vernünftig auf beiden Rädern landet bekommt den Lohn seiner Mühe in Form einer hohen Wertung. Freestyle bedeutet allerdings nicht nur möglichst anspruchsvolle Kunststücke bei euren Flugeinlagen über Buckel und Rampen vorzuführen.
Massig Mini-SpieleAbwechslungsreiche Mini-Spiele bilden das Rückgrat der Freestyle Saison. Da müssen mal in einem Stadtszenario Pizzen abgeholt und zugestellt, eine Art Hochsprung mit den Motocross-Maschinen absolviert, in der Wüste verunglückten Fahrern Benzin geliefert, auf einem Golfplatz Bahnen vom Abschlag bis zum Loch möglichst fix zurück gelegt oder vorgegebene Kunststücke nachgeäfft werden. Außerdem gibt es noch unter anderem einen Slalomkurs und ein kleines Fußballmatch.
Alle Mini-Spiele eignen sich auch hervorragend für Mehrspielerpartien via Splitscreen. Leider ist es nicht möglich eine Meisterschaft zusammen mit einer Freundin oder einem Freund anzugehen. Selbst bei einem Exhibition-Rennen sind nur die menschlichen Mitstreiter auf den Kursen unterwegs. Computergegner tauchen nicht auf, was dem Mehrspielerpart einiges von seinem Reiz nimmt.
TrophäensammlerKarriereerfolge katapultieren euch nicht nur in weitere Meisterschaften, sondern schalten auch neue Strecken und Mini-Spiele frei, die anschließend in Multiplayer-Matches oder einem Einzelrennen zur Verfügung stehen. Schafft ihr es unter die Top-Drei zu kommen, freut euch über einen kleinen Siegerpokal, der im virtuellen Pokalschrank von "MX Superfly" einen Ehrenplatz bekommt. Dabei ist es bei den einzelnen Kursen egal, ob ihr diese gute Platzierung in einer Meisterschaftssaison oder einem Exhibition-Rennen erspielt habt.
Optisch bietet "MX Superfly" solides. Das Geschwindigkeitsgefühl kommt nicht nur dank Abwesenheit von Ruckeleinlagen sehr gut rüber. Dafür müsst ihr Abstriche bei dem, was neben den Pisten passiert, hinnehmen samt hässlicher Bitmapzuschauer neben den Strecken. Statt eines Streckenprofiles wird während des Rennens ein senkrechter Strich auf dem Bildschirm eingeblendet auf dem die Konkurrenten als kleine Punkte abgebildet sind. Zur Verdeutlichung der Abstände zwischen den Fahrern leider überhaupt nicht geeignet das Entfernungen nicht abzuschätzen sind. Ein wenig mehr Gejohle oder Applaus bei spektakulären Sprüngen zum Beispiel bei den Hallenkursen hätten einen zusätzlichen Atmosphärenbonus gebracht. Dafür gefallen die weitgehend realistischen Motorengeräusche und die Dreckfontänen, die die Bikes hinter sich herziehen.
Eingeschränkter Track-EditorÄhnlich Nintendos "Excitebike 64" bietet "MX Superfly" einen Editor, mit dem ihr eigene Strecken entwerfen dürft. Aus vorgefertigten Teilen bastelt ihr einen eigenen Kurs zusammen, den ihr selbstverständlich auf Memory-Card verewigen könnt. Leider hat die Sache einen gewaltigen Haken: Die Do-it-Yourself-Kurse sind nur für Freestyler gedacht. Für normale Rennen sind sie leider nicht gedacht.
Knapp vorbei ist auch daneben. Obwohl "MX Superfly" ein sehr gutes Motocross-Rennspiel mit in der Szene bekannten Namen und Marken ist, kommt es in Punkto Spielspaß nicht ganz an Nintendos "Excitebike 64" heran. Grobe Schnitzer leistet sich THQ's Titel zwar nicht - doch liegt die Tücke im Detail. Anfänger werden zum Beispiel mit den sehr anspruchsvollen realen Strecken in Verbindung mit der komplexen Steuerung ihre Liebe Mühe haben, zumal ein zusammenhängendes Tutorial fehlt.
Schade auch, dass einmal geschaffte Meisterschaften nicht wieder anwählbar sind, sondern nur diejenige, in der ihr euch gerade befindet. Da ist es nur ein kleiner Trost, dass Erfolge in einem Einzelrennen auch relevant für das Erlangen von Trophäen sind. Trotz der kleinen Mängel: Sucht ihr ein forderndes Motocross-Rennspiel, seit ihr bei "MX Superfly" an der richtigen Adresse (sag).