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Colin McRae Rally 3

geschrieben von Marcus Reichle

Hersteller: Codemasters
Genre: Rallye-Spiel
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten: analoge Button-Unterstützung; 16:9 Bildformat wählbar
USK (ESRB): ohne Altersbeschränkung
Spieler: 1-2
Testmuster von: Codemasters Deutschland

Das Warten hat ein Ende! Endlich geht der Nachfolger des erfolgreichsten Rallye Spiels der PSOne-Geschichte an den PS2 Start, um der Konkurrenz das Fürchten zu lehren! Ob Colin McRae der Wolf in der unter der Rallye-Meute ist und ob der Altmeister den jungen Nachwuchstalenten Einhalt gebieten kann, soll sich zeigen. Man darf gespannt sein!

PackshotDen Silberling kaum eingelegt, befindet man sich eine kurze Ladepause später im Hauptmenü, das im schnörkellosen Puristen-Look gehalten ist. Viel gibt’s gibt es auch nicht anzuwählen (Meisterschaft, Single-Race, Codes, Options), da der Schwerpunkt des neusten Colin Teils auf dem Meisterschafts-Modus liegt. Man spielt nämlich nicht nur eine einzelne Meisterschaft, sondern startet eine ganze Laufbahn mit 3 aneinander hängenden Meisterschaften in der Rolle des legendären Colin McRae. Ihr beginnt automatisch mit dem einfachsten Schwierigkeitsgrad (ist somit anfangs im Option-Menü deaktiviert) eine Saison mit 6 Rallyes.

Auf jeder Rallye werden dabei jeweils ebenfalls 6 Etappen und eine Super-Stage (Oval-Parcours) gefahren. Hat man schließlich eine komplette Saison durchgespielt, fängt man wieder eine neue Saison (es gibt dabei eine neue Rallye) mit einem gesteigerten Schwierigkeitsgrad an. Diese Prozedur wiederholt sich dann schlussendlich noch einmal.

Um dem Spieler die ganze Sache auch schmackhaft zu machen, können einzelne Fahrzeugteile und neue Fahrzeugtypen erst nach und nach freigespielt werden – dazu gleich mehr. Apropos Fahrzeug, wie schon im zweiten Colin McRae-Teil fährt man die Rennlaufbahn des Colin McRae nicht mehr unter der Subaru-Flagge, sondern steuert den Ford Focus RS WRC, dem offiziellen Rallye Wagen des Ford Teams.

Bevor Ihr jedoch mit dem PS-starken Sportgerät auf die Pisten der Welt losgelassen werdet, solltet Ihr immer die Möglichkeit des ersten Training-Tages einer Rallye nutzen. Eure persönlich unterstellte Mechaniker-Crew ist nämlich schon ganz heiß darauf an Eurem Wagen schrauben zu dürfen:
Ihr habt nämlich die Möglichkeit verschiedene Fahrzeugeinstellungen an Bremse, Getriebe, Reifen, Motor, Chassis, Aufhängung und Lenkung vorzunehmen. Zu Beginn der ersten Meisterschaft ist jedoch der Großteil dieser Wagenabstimmungsvarianten wie verschiedene Motor-Blöcke oder unterschiedliche Reifentypen noch nicht anwählbar; sie werden erst im Spielverlauf der gesamten Laufbahn automatisch freigeschaltet. Alte Rallye-Hasen hätten vielleicht gleich die ganze Bandbreite an Modifikationen schon zu Beginn zur Verfügung gehabt, jedoch macht dieses Konzept der "künstlichen Streckung" für den Durchschnittspieler Sinn.

Da auf eine Fahrschule verzichtet wurde, wird durch die anfangs niedrige Auswahlmöglichkeit jeder Spieler Schritt für Schritt an die Wageneinstellmöglichkeiten herangeführt, wodurch immer bessere Zeiten möglich sind.

Fahrwerksänderungen werden dem Spieler nämlich nicht bloß vorgegaukelt, sonder haben deutlich spürbare Auswirkungen auf die Fahreigenschaften des Wagens, und wer sich nicht mit den Fahrzeugeinstellungen auskennt bzw. beschäftigt hat, wird es ziemlich schwer haben, sich im vorderen Fahrerfeld platzieren zu können.

Screenshot 1

Mit der Telemetrie zur perfekten Fahrzeugabstimmung
Sehr hilfreich bei der Suche nach der perfekten Wageneinstellung ist die Möglichkeit auf einer kurzen Teststrecke mit der typischen Bodenbeschaffenheit der aktuellen Rallye-Strecke zu fahren. Dabei werden drei Telemetrie-Daten (Geschwindigkeit, Gangwahl und Drehzahl) des Testlaufes aufgezeichnet. Somit könnt Ihr diese Daten Eurer schnellsten Runden miteinander vergleichen und mit nur einem Click das optimale Wagen-Setup für das kommende Rennen übernehmen.

Vor jede Rallye gibt es zudem eine kurze Streckensequenz und für jeden Streckenabschnitt eine Landkarte. Auf dieser findet Ihr die wichtigsten Eckdaten (Wetter, Bodenbeschaffenheit, Länge) der sieben Einzelrennen einer Rallye. So geht’s mit dem perfekt abgestimmten Renngeschoss unterm Gesäß ab auf die Strecke!

Wiedererkennungswert
Leider erwartet Euch auch im dritten Teil keine opulente Grafikpracht. Die Landschaften sind mit nur wenigen Objekten versehen und leichte PopUps gibtes obendrein - besonders im 2 Spieler Modus, bei dem es sogar zu steinzeitlichen Texturblitzern kommt! Trotzdem sind die Rennstrecken unterm Strich ordentlich in Szene gesetzt, d.h. sie sind mit einem durchdachten Streckenlayout versehen und sämtliche Texturen sind sowohl hochauflösend als auch abwechslungsreich gestaltet. Jedes Land besitzt auf alle Fälle einen hohen Wiedererkennungswert; so bietet England beispielsweise echtes Schmuddel-Wetter. Die Wolken hängen tief, Blitze zucken vom Himmel und lassen die karge Insel-Landschaft noch ungemütlicher erscheinen – zum Glück sitzt man da im warmen Ford. Eine Abkühlung könnte man dagegen in Australien vertragen, hier ist Vegetation zwar auch nicht üppig, jedoch scheint die Sonne und die Umgebung strahlt in warmen Erdfarben. Auf dem Rallye-Kalender stehen weitere Länder wie Spanien, USA, Japan, Schweden, Griechenland und Finnland.
Wie schon bei WRC sind sämtliche Fahrbahnen der Strecken gut in die Umgebung eingepasst und nur selten mit kleinen Gemeinheiten wie einbetonierten Schildern oder Gesteinsbrocken am Wegesrand gespickt. Aber auch so manch ein ungesicherter Abhang, verlangt einen sauberen Fahrstil.

Schadensmodell
Auf so manch einer schmalen Bergtrasse oder Waldweg lässt es sich jedoch schlichtweg nicht vermeiden, dass es zu Materialverschleiß oder gar zu einem Crash kommt. Letzteres ist eigentlich eine nicht erstrebenswerte Sache, jedoch besitzt Colin McRae 3 das bis dato feinste Schadensmodell im Rallye-Genre: Neben der heute schon üblichen Karosserieverschmutzungen je nach Untergrund, kann jedes Stück Blech an Eurem Fahrzeug verbeulen, Reifen platzen, Stoßstangen lösen sich, Scheiben zersplittern und selbst die Motorhaube kann einem um die Ohren fliegen. Bei einem besonders heftigen Einschlag wird sogar die ganze Tür aus der Verankerung gerissen und bleibt als Rallye-Souvenir auf der Strecke zurück. Doch keine Bange, nach je 3 Rennen einer Rallye kommt Euer Mechanikerteam wieder zum Einsatz und repariert „automatisch“ die größten Fahrzeug-Schäden, so dass Ihr die Rallye meist ohne größere Beeinträchtigungen weiterführen könnt. Nur wer zu oft in die Böschung gebrettert ist, wird mit einem defekten Getriebe oder einer verzogenen Lenkstange zu kämpfen haben und sich von der Bestzeit verabschieden können.

Eine kleinen Vorteil hat man jedoch, wenn man dem Feld nachfährt: Derjenige der die Bestzeit hat, muss nämlich immer als Erster starten und bekommt somit keine Vergleichszeit während des Rennens geliefert. Er fährt somit nur gegen seine eigene Zeit. Erst wenn Ihr auf Platz 2 oder weiter hinten seit, bekommt Ihr in den 3-4 Streckenabschnitten je Rennen eine Vergleichswert zum führenden Fahrzeug geliefert.

Screenshot 2

Gameplay - das große Ass von Colin McRae Rally 3
Kommen wir zum Herz eines jeden Rennspiels, dem Fahr- bzw. Steuerverhalten eines Boliden: In diesem Ressort stellte der schnelle Schotte schon seit seinem ersten Auftritt die Referenzmarke in Fragen realitätsnaher Fahrphysik und grandioser Steuerung auf – ebenso Colin McRae Rally 3!
„World Rally Championship“ hatte ich noch mit dem ersten Teil auf der PSOne verglichen und eine mehr als ordentliche Steuerung bestätigt. Im direkten Vergleich mit dem neusten Colin Teil wurde mir jedoch deutlich vor Augen geführt, was eine wirklich tadellose Steuerung ist. Dagegen wirkt die Steuerung von WRC unnatürlich schwammig und kann in keinster Weise mit dem Codemasters Produkt mithalten. In C.McR.3 kann man nämlich den unterschiedlichen Bodenbelag förmlich unter seinem Bodenblech spüren: Schotter fühlt sich wie Schotter und Asphalt wie Asphalt an, mit all seinen Haftungsunterschieden.

Bei der genaueren Fahrphysikanalyse fällt einem auf, dass besonders bei leichter Schräglage der Wagen durch die erhöhten (je nach Untergrund verschieden starken!) Reibungskräfte realistisch abgebremst wird, und einen großen Anteil zur genialen Spielbarkeit beiträgt – dies physikalische Element fehlt bei „World Rally Championship“ fast vollständig. Außerdem ist die Analog- und auch Digital-Steuerung sehr präzise und lässt einen zielgenau jede Kurve anfahren. Besonders lobenswert ist die analoge Annahme des Gas- und Bremsbuttons; d.h. je stärker Ihr den Button drückt, desto mehr Gas gebt Ihr auch. Diese Pad-Steuerungskomponente lässt somit nicht nur Lenkrad-Besitzer in den Genuss einer stufenlosen Gas/Brems-Annahme kommen. Auch die Gangschaltung (manuelle Schaltung und Automatik) kann sich dem durchweg positiven Steuerungs-Gesamtbild anschließen und zeigt keine Schwächen.

Nicky, wo geht es lang ?!
Als Co-Piloten könnt Ihr entweder die Originalstimme des Engländers Nicky Grist (Colins realer Beifahrer) wählen oder auch einen deutschen Streckenansager auf dem Beifahrersitz Platz nehmen lassen. Gerade bei Abendstrecken sind ihre Hinweise zur maximalen Gangwahl der einzelnen Kurven ein unverzichtbarer Faktor. Kleine Warnschilder zeigen Euch zudem jeden Kurvenradius an und helfen Euch zusätzlich an die Grenze der Fliehkraft zu gehen.

Was ein für ein Endrohr!
Auch in Sachen Endtopf und Beschallung zeigt einem McRae Rally 3 wer den richtigen Wagen-Sound hat. Das surrende Motorengeräusch des Turboladers, Fahrzeugknarren oder das Knallen des Auspuffs bei jedem Schaltvorgang setzt ebenfalls neue Akustik-Maßstäbe. Dagegen hört sich das Motorengeräusch von WRC wie Omas kaputter Staubsauger an und muss sich dem Altmeister wiederum klar geschlagen geben.

Unschöne Rostflecken ?!
Erste Schönheitsfehler lassen sich im Single-Race Modus feststellen. Man kann zwar mit unterschiedlichen original lizenzierten Fahrzeugen (z.B. Ford Puma Rallye Car, Subaru Impreza WRX...) einzelne Etappen einer Rallye fahren, jedoch nie eine ganze Rallye am Stück absolvieren. Auch ein optionales Ghostcar wäre nicht schlecht gewesen. Gänzlich unverständlich bleibt es, warum bei Einzelrennen keine Fahrzeugmodifikationen vorgenommen werden können?!

Wie in mehreren Foren zu lesen war, finden es viele Spieler auch mehr als schade, dass die Wagen-Schäden während einer Meisterschaft automatisch repariert werden und nicht mit dem alten Reparaturpunkte-Verteilungssytem des Vorgängers manuell behoben werden können. Denn nur so hätte man die Freiheit gehabt, je nach Vorliebe bestimmte Wagenteile vorzugsweise erneuern zu lassen. Mit Kopfschütteln kann man auch nur Tatsache einer automatisch umschaltenden Kamera hinnehmen, die keinen Eingriff in die Replay Ansicht zulässt. Die Ladezeiten der Level während einer Meisterschaft bleiben übrigens gerade noch im erträglichen Rahmen von ca. 15-20 Sekunden.

Hinweis: Die im Handbuch angegebene Hotline, um Codes für weitere Fahrzeuge zu erhalten, ist extrem teuer und alles andere als konsumentenfreundlich - so sollte es nicht sein!

fazit

The King Is Back! Kurzum: Colin McRae Rally 3 ist im Augenblick, trotz einiger Mängel, das beste Rallye-Rennspiel am Markt.

Die Überlegenheit liegt ursächlich im bärenstarken Gameplay des Titels: Eine tolle Fahrphysik, genaue Steuerung, gepaart mit einer analoge Gasannahme. Dazu noch eine hohe Framerate und ein anspruchsvolles Streckenlayout lassen besonderst mit manueller Gangschaltung ungeheure Fahrfreude beim Spieler aufkommen. Man bekommt eine ungefähre Ahnung wie hoch der Stressfaktor, aber auch das Suchtpotential eines realen Rallye-Piloten sein muss. Weitere Punkte gibt es für einen neu gestalteten Meisterschaftsmodus, für sehr detaillierte Fahrzeuge (mit 14.000 Polygonen), die mit einem umfangreichen Schadensmodell und einem fetten Rallye-Wagen-Sound ausgestattet sind.

Den größten Kritikpunkt gibt es für einen schwachen Single-Modus und einer fehlenden manuellen Reparatur-Möglichkeit während einer Meisterschaft. "Colin McRae Rally 3" bleibt jedoch für alle Rallye-Sport begeisterten Videospieler ein echtes "must-have"!


grafik: 7.5 | sound: 9.5 | gameplay: 9.5 | gesamt: 8.5
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