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geschrieben von Andreas Wende
Hersteller: Activision / Sugar&Rockets
Genre: Action-Adventure
System: PlayStation, US-Version
Besonderheiten: US-Import, 2 CDs, 7 Endings, jp. Name "Chase the Express"
USK (ESRB): ESRB: Mature
Spieler: 1
Testmuster von: Eigenimport
Gut geklaut ist besser, als schlecht entwickelt. Das scheint das Motto von Sugar&Rockets bei der Entwicklung dieses Action-Aventures gewesen zu sein. Von "Resident Evil" über "Syphon Filter" bis hin zu "Metal Gear Solid": Irgendwie findet sich von jedem Top-Titel etwas im Agenten-Spektakel rund um den Hochgeschwindigkeitszug Blue Harvest wieder.
Der Blue Harvest ist ein neuartiger, extrem gesicherter und von NATO-Einheiten geschützter Hochgeschwindigkeitszug auf dem Weg von St. Petersburg nach Paris. An Bord befindet sich der französische Botschafter mit seiner Familie, sowie 250 Gemälde russischer Beutekunst aus dem 2. Weltkrieg, die wieder auf dem Weg nach Deutschland sind und, wie sich im Verlauf des Spiels herausstellt, noch Einigem mehr, was die Begehrlichkeit so manches Schurken weckt. Ein lohnendes Ziel also für die "Knights of the Apocalypse", eine Terrorgruppe vor der selbst der modernste Hochsicherheitszug nicht sicher ist.
Genaralstabsmäßig und kaltblütig bringen sie die rollende Festung und damit auch den Botschafter in Ihre Gewalt. Und weil keine europäische Regierung es mag, wenn durch Ihr Land eine Atombombe rollt, haben die Terroristen gleich noch einen Nuklear-Sprengsatz mitgebracht, der ihnen ein sattes 20 Milliarden Lösegeld einbringen soll!
Einzig Euer virtuelles Alter Ego Lieutenant Jack Morton hat den Terrorakt überstanden und ist noch einsatzbereit. Ein Rescue Team ist auf dem Weg, doch ohne Jacks Unterstützung innerhalb des Zuges ist die Operation zum Scheitern verurteilt. So werdet Ihr, überwiegend per Funkkontakt mit Eurem Hauptquartier, ständig mit neuen, erweiterten Aufgaben betraut. Sucht die Familie des Botschafters und findet dann den Botschafter selbst. Verhindert nebenbei einen Raketenabschuß und kämpft den Weg zum Sanitätswagen frei und mischt dort eine lebensrettende Bluttransfusion für einen schwerverletzten Kameraden zusammen.
Genretypisch machen Euch bei all dem nicht nur Terroristen und einige Boßgegner, sondern auch die üblichen verstecken Items, mit Magnet-Karten gesicherte Türen und Zahlen-Codes das Leben schwer. Positiv ist hier das allgegenwärtig erkennbare Bemühen um Realismus: So haben die Coder zwar das Inventory der Resident Evil Reihe fast vollständig kopiert, aber um die abstruse "In Racoon City schützt man Polizeireviere am Besten mit Edelsteinen"-Rätsellogik dankenswerterweise eine großen Bogen gemacht. Macht Ihr Euch mit falschen Magnet-Karten und Codes an gesicherten Türen zu schaffen, wird wie selbstverständlich Alarm ausgelöst und schon habt Ihr die Wachen am Hals.
Für etwas Abwechslung vom "Elitesoldat tötet Terroristen"-Alltag sorgen mehrere implementierte Minigames. So schießt Ihr z.B. in einem Flak Gefechtsstand feindliche Hubschrauber ab, oder müßt zwei unterschiedlich schnelle Züge auf gleiche Höhe bringen, um rechtzeitig umsteigen zu können, bevor Ihr Euch zuguterletzt noch als Bombenräumer versuchen dürft.
Die Steuerung Eures Elite-Soldaten entspricht weitgehend dem Genre-Standard, inklusive allerlei Spielereien wie Anschleichen, Seitwärtsrolle auf Knopfdruck und die schnelle 180° Drehung. Einsteigerfreundlich aber leider nicht abschaltbar, wird in Schlüsselsituationen angezeigt, welcher Button nun gedrückt werden muß. Erschwert wird das Ganze allerdings durch die ausschließlich digitale, nicht immer präzise Bewegungssteuerung und den sehr häufig nur mangelhaften Überblick im Zug.
Ein absolutes Ärgernis ist die unpräzise Zielerfassung. Nur wenn der Gegner im roten Fadenkreuz erscheint könnt Ihr ihn treffen, seid Ihr zu nah dran helfen oft sogar nur noch die Fäuste. Dafür muß allerdings erst umständlich im Menü die Waffe weggelegt werden, im hektischen Überlebenskampf eine denkbar schlechte Lösung. Natürlich schlägt Euer Kontrahent auch zurück und der Umstand, daß seine Faustschläge mehr Schaden anrichten, als seine Kugeln, ist doch etwas sonderbar!
Hätten die Gegner jetzt noch die selbe Klasse wie in MGS oder Syphon Filter, Jack Morton würde nicht einen einzigen Wagen überleben! Bei den Covert Ops Terroristen reicht es dagegen oft schon aus, sich einfach hinzuknien, oder wegzulaufen. Auf der einfachsten von drei Spielstufen ist selbst das oft nicht nötig, hier liegen genug Medikits rum, um Bullfrogs Theme Hospital gleich mitzuversorgen.
Keinerlei Entkommen gibt es allerdings vor den Boßgegnern. Deren Können reicht von simpel bis tricky, oft ist es aber auch hier die vermurkste Steuerung gefährlicher als der Schurke selbst. Insgesamt ist Covert Ops ein eher leichter, absolut einsteigerfreundlicher Genre-Vertreter. Die höheren Schwierigkeitsgrade zeichnen sich insbesondere durch den extremen Munitionsmangel aus. Um in den vollen Genuß des Games zu kommen führt zumindest am mittleren Schwierigkeitsgrad kein Weg vorbei.
Präsentiert wird die nukleare Herausforderung vor echtzeitberechneten, ansprechenden und abwechslungsreichen Kulissen, die geleentlich allerdings etwas grob und fast immer sehr unuhig wirken. Vom einfachen Mannschaftsquartier und Kommandostand bis hin zum Luxuswagen wird dem Auge Einiges geboten. Nicht hochklassig, aber qualitativ durchaus vergleichbar mit den Grafiksets vieler anderer Echtzeit-Action-Adventures (Dino Crisis, Syphon Filter, Mission Impossible).
Weitergesponnen wird die spannende Geschichte mit zahlreichen FMVs und Cutscenes, deren Qualität leider durchwachsen ist. Das Spektrum reicht leider von sehr schwach bis Durchschnitt, es gibt nichts, was man an anderer Stelle nicht schon besser gesehen hätte. Der Soundtrack hingegen ist gut und unterstützt die Stimmung sehr gut, die Sprachausgabe dürfte etwas engagierter sei (ein Problem, über das sich nach dem aktuellen Stand der Dinge auch die Spieler der deutsche Version ärgern dürfen).
Für größeres Entsetzen wird bei einigen Zockern da schon die Tatsache sorgen, daß erschossene Terroristen zu Boden fallen und sich sofort in Luft auflösen! Und immerhin handelt es sich ja hier nicht um die übliche für den deutschen Markt weichgespülte Version, sondern den US-Import! Wer über dieses herbe Manko hinwegsehen kann, der wird entschädigt durch sieben mögliche Endsequenzen, sowie eine zusätzliche erspielbare, außerhalb des Zuges stattfindende Episode (Hannover). Doch laßt Euch nicht täuschen: Die zwei CDs von Covert Ops enthallten zwar sieben Endings, sind aber dennoch ein recht kurzes Vergnügen. Denn selbst trotz ausgiebigem und zeitraubenden Hin und Her Laufens durch die 16 Wagen des Blue Harvest, lassen sich beim ersten Mal nicht mal fünf Stunden Spielzeit aus den beiden Scheiben quetschen und das ist, gemessen an der Konkurrenz, dann doch etwas zu wenig.
Unglaublich, was man mit etwas Phantasie so alles einen Zug packen kann! Trotzdem würde ich mich freuen die nächsten Abenteuer des NATO Elite-Soldaten Jack Morton vielleicht doch in einem etwas weitläufigeren Areal zu spielen. Sorgen Sugar&Rockets dann noch für konstant hochwertigere FMVs, eine vernünftige (Analog) Steuerung und nehmen Abschied von einer lächerlichen halbautomatischen Zielerfassung, die mehr schadet als nützt, steht dem Spiele-Hit nichts mehr im Weg.
Dagegen schafft es Covert Ops mit viel Wohlwollen gerade noch bis in den gehobenen Durchschnitt. Unterhaltsam, aber weit abgeschlagen von den Top-Titeln des Genres. Ideen klauen allein reicht halt nicht! (aw)