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F355 Challenge Passione Rossa

geschrieben von Sascha Gläsel

Hersteller: Sega / Acclaim
Genre: Rennspiel
System: Dreamcast, PAL-Version
Besonderheiten: Benötigt Memory Card; unterstützt Vibration Pack, VGA, Lenkräder; Linkoption
USK (ESRB): Geeignet ohne Altersbeschränku
Spieler: 1 - 2
Testmuster von: eigene Anschaffung

Eines kann man Segas Dreamcast nicht nachsagen: Ein Mangel an hochklassigen Rennspielen besteht nun wirklich nicht. Gerade zum Ende des vergangenen Jahres balgten sich gleich vier Titel um die Gunst der Rennspielfans unter den Dreamcastbesitzern. Während "Metropolis Street Racer", "Sega GT" und "24 Stunden Le Mans" auf leichter zugängliche Rennspielkost setzen, veröffentlichte Acclaim mit "F355 Challenge Passione Rossa" (kurz "F355") einen auf Simulation getrimmten Racer.

Begrüßt werdet ihr vom satten Motorensound des Sportwagens aus Maranello, der dem Spiel den Namen gegeben hat. Dieser wird euch das ganze Spiel über begleiten, denn ihr werdet immer nur in einem Ferrari F355 über die Strecken heizen. Zunächst stehen euch sechs reale Rundkurse zur Wahl, auf denen ihr eure Fahrkünste erproben könnt. Weitere fünf gilt es durch geschicktes Fahren frei zu spielen. Wendet euch hierzu dem Arcade Modus von "F355" zu. Wie vom Automatenvorbild gewohnt müßt ihr die einzelnen Abschnitte der jeweiligen Strecke innerhalb eines Zeitlimits zurück legen wollt ihr nicht ein vorschnelles "Game Over" erleben. Drei Modi stehen zur Wahl. Während ihr in "Training" und "Driving" ohne Computergegner auf der Piste Gas- und Bremspedal malträtiert, erwartet euch im "Race" eine harte Auseinandersetzung mit sieben Computergegnern. Ihr beginnt am Ende des Feldes und arbeitet euch so gut es geht bis ganz nach vorne vor. Schafft ihr es unter die ersten drei winkt als Belohnung einer der versteckten Kurse. Solltet ihr dies allerdings nicht schaffen, so werft nicht gleich die Flinte ins Korn. Bonusstrecken gibt es auch, wenn ihr eine bestimmte Kilometerzahl zurück gelegt hat. "F355" führt Buch und summiert die zurückgelegte Wegstrecke penibel auf. Wollt ihr wissen, welcher Kilometerstand euer Tacho anzeigt, schaut euch euren Spielstand Im Memory Card Menü eures Dreamcast mal genauer an.

Übung macht den Meister
In "Driving" und "Training" macht ihr euch mit den Strecken vertraut. Vor allem das Training sei Anfängern wärmstens ans Herz gelegt, da hier die Ideallinie mit roter Farbe auf dem Asphalt gemalt wurde. Zusätzlich wird angezeigt, wann ihr auf die Bremse treten solltet. Habt ihr so die idealen Bremspunkte herausgefunden und wo ihr wieder aufs Gas treten solltet wagt ihr euch ohne diese optische Unterstützung ins Rennfahrerleben. Stört euch dabei die Zeitvorgabe im Arcade Modus, wählt im Hauptmenü den Single Modus in dem wieder die drei Wahlmöglichkeiten "Training", "Driving" und "Race" diesmal aber ohne ein Zeitlimit zur Verfügung stehen. Nur hier dürft ihr auf den Bonuskursen eure Runden drehen. Zudem schraubt ihr ein wenig an eurem Wagen herum um das letzte Zehntelsekündchen herauszupressen.

Die größte Herausforderung stellt eine Meisterschaft dar. Auf den sechs Arcadestrecken müßt ihr nacheinander euren Mann stehen und euch der harten aber nicht fehlerfrei fahrenden Computerkonkurrenz erwehren. Vor dem eigentlichen Rennen stehen ausgiebige Testfahrten auf dem Terminplan. Diese eignen sich hervorragend um mögliche Änderungen an eurem Fahrzeug auf Sinn oder Unsinn hin zu überprüfen. Wie im Single Modus sind Modifikationen an eurem F355 möglich. So variiert ihr zum Beispiel nach Gutdünken die Federung, den Bodenabstand oder die Spoiler um den Boliden den Streckenverhältnissen und eurem Fahrstil anzupassen. Darüber hinaus nehmt ihr auch optische Änderungen, wie eine andere Lackierung oder Startnummer, vor, wenn euch das rot eures Ferrari nicht mehr gefällt. Anschließend stürzt ihr euch ins Renngetümmel und versucht einen Stockerlplatz zu ergattern um möglichst viele Punkte einzusacken. Wer am Ende der Meisterschaft nach sechs Rennen die meisten Punkte auf seinem Konto verbucht, geht als Gesamtsieger durchs Ziel. Bringt für die "Championship" aber etwas mehr Zeit mit, da während der Meisterschaft nicht abgespeichert werden darf.

Realismus über alles?
Übung macht bekanntlich den Meister. In keinem anderen Dreamcastracer trifft dieser Satz so zu, wie bei "F355". Die Entwickler haben sich bemüht das Fahrverhalten des roten Sportwagens so realistisch wie möglich einzufangen. Dementsprechend knifflig ist das Auto dann auch zu steuern. Das fängt schon beim Start an. Wo in Arcade Racern von Beginn an Vollgas gegeben wird, fallt ihr in "F355" bereits beim Start gnadenlos zurück, wenn ihr nicht behutsam mit dem Gas umgeht. Damit ihr nicht gleich frustriert das Joypad aus dem Fenster werft, stehen dem Anfänger auf Wunsch vier Fahrhilfen zur Seite. Sie sorgen für ein gutmütigeres Fahrverhalten und besseres Handling des Flitzers. Die automatische Bremshilfe wird vermutlich die erste Hilfe sein, die ihr abschaltet. Dies ist auch bitter nötig, wollt ihr in den Rennen einen der vorderen Plätze belegen. Nur absolute Profis, die die verschiedenen Strecken im Schlaf beherrschen, wagen sich ohne Anti-Blockiersystem, Traktions- und Stabilitätskontrolle hinters Steuer. Ansonsten bricht euer Sportwagen bei zu spätem Bremsen oder zu frühem oder heftigem Gasgeben unkontrollierbar aus.

Die Computergegner sind auch nicht ohne. Nur wer fehlerfrei fährt kann sich einen der vorderen Plätze ausrechnen (kleiner Tip am Rande: Um eure Chancen etwas zu erhöhen, stellt in den Optionen eine höhere Rundenzahl ein. Macht ihr hier wenig Fehler habt ihr eine Chance auch den ersten Platz zu erringen). Natürlich dürft ihr auch zu unsauberen Tricks greifen um der Konkurrenz Herr zu werden. Da euer Edelflitzer bei unsanften Kollisionen keinen Schaden nimmt, hat es sich zum Beispiel bewährt einen aufdringlichen Computergegner mit einem kleinen seitlichen Schubser ins nächste Hindernis zu lotsen. Sehr effektiv bei Schikanen und engen Kurven aller Art auch wenn ihr dabei selbst ein wenig gebremst werdet. Bumst sie aber wenn möglich nicht von hinten an, da ihr ansonsten viel zu viel Fahrt verliert.

Keine Außenansicht!
Erschwerend kommt hinzu, dass sich "F355" nur in der Cockpitperspektive steuern läßt. Eine Außenperspektive, die dank größerer Übersicht die Einschätzung des richtigen Bremspunktes oder korrektes Anfahren einer Kurve erleichtern würde, ist nicht enthalten. In diesem Punkt hält sich der Dreamcastableger stur ans Automatenvorbild. Um euch besser orientieren zu können habt ihr neben einem Rückspiegel eine Art Radaranzeige zur Verfügung, die etwa zwei Autolängen vor und hinter eurem Boliden die Lage anderer Fahrzeuge und die Streckenbegrenzung anzeigt. Eine unschätzbare Hilfe um ungewollten Kollisionen mit knapp hinter oder seitlich von euch fahrenden Kontrahenten aus dem Wege zu gehen. Was ihr aus der Cockpitperspektive zu sehen bekommt gehört mit zum feinsten, was es auf Segas 128-Bit Konsole zu sehen gibt. Absolut flüssiger Bildaufbau, keine Ruckler oder störend Pop Ups und dazu die detaillierte Darstellung der Rennstrecken und der Ferraris läßt beim ersten Anblick den ein oder andern Unterkiefer beeindruckt herunterklappen. Allerdings stören in der deutschen Version häßliche PAL Balken das Fahrvergnügen. Dem entgeht ihr aber elegant, wenn ihr auf 60 Hz des japanischen Originals umschaltet.

Positiv auch der Sound und die Musikuntermalung. Die rockigen Rhythmen passen gut zum harten Rennspielalltag (auf Wunsch abschaltbar). Der Motorensound ist wohl das Kernigste, was ihr in einem Rennspiel bis dato auf die Ohren bekommen habt. Auch an Mehrspieleraction wurde gedacht. Allerdings nur für bis zu zwei Spieler. Ihr habt die Wahl, ob ihr per Splitscreen gegeneinander (ohne Computergegner) fahrt oder zwei Dreamcasts über ein separat erhältliches Link Kabel miteinander vernetzt. Eine Onlinekomponente fehlt ebenfalls nicht. Allerdings sind direkte Duelle via Internet mit bis zu acht Fahrern nicht möglich. Das höchste der Gefühle ist ein Rennen gegen die Zeit eines anderen Spielers, die ihr als Ghost via Internet empfangen habt.

Umständliche Speicherfunktion
Freigespielte Strecken oder neue Rekorde haltet ihr via VMU für die Nachwelt fest. Die Größe des Spielstandes hält sich mit 22 Blöcken in erträglichem Rahmen. Für jede Strecke dürft ihr darüber hinaus die Fahrzeugdaten eurer besten Runde speichern, die ihr in einer idealisierten Darstellung unter dem Menüpunkt "Driving Data" auswertet. Außerdem werden die so gespeicherten Daten für einen Ghost im Training verwendet. Für jede Strecke müßt ihr so noch einmal 17 bis 39 Blöcke einplanen. Leider ist die Lade- und Speicherfunktion nicht sonderlich komfortabel. Wenn ihr zum Beispiel "F355" startet, wird der aktuelle Spielstand nicht automatisch geladen, bei einer neu herausgespielten Strecke oder einer neuen Bestzeit nicht automatisch gespeichert. Beides müßt ihr selbst in die Hand nehmen.

fazit

"F355 Challenge Passione Rossa" ist wahrlich nichts für Weicheier. Nur wer fleißig trainiert und die Strecken bis zum letzten Millimeter Asphalt kennt kann sich Hoffnungen auf den Sieg machen. Wer abseits arcademäßiger Racer ein Rennspiel mit größerem Simulationsanteil sucht, wen ein hoher Schwierigkeitsgrad nicht abschreckt und wer darüber hinaus bereit ist, sich etwas mehr in ein Spiel hinein zu knien für den ist "F355", auch wenn er kein eingefleischter Ferraristi ist, der Himmel auf Erden. Wer seine erste Schritte im Rennspielgenre macht, der sollte allerdings unbedingt vorher einmal probespielen sonst könnte sich unter Umständen Frust statt Lust breit machen (sag).


grafik: 8.5 | sound: 7.5 | gameplay: 8.0 | gesamt: 8.5
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