Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.
geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Midway
Genre: Hack´n´Slay
System: Dreamcast, PAL-Version
Besonderheiten: benötigt VMU (min. 3 Blöcke); unterstützt Vibration Pack
USK (ESRB): geeignet ab 12 Jahren
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: eigene Anschaffung
Über mangelnde Arcade-Umsetzungen kann sich die Dreamcast-Gemeinde nicht beklagen. Nach den vielen Spielhallen-Portierungen von Sega will diesmal mit "Gauntlet Legends" ein Spielhallenveteran von Midway für spannungsgeladene Stunden vor dem Fernseher sorgen.
Der Zauberer Garm, eifersüchtig auf seinen älteren Bruder Sumner und dessen magischen Fertigkeiten, beschwört mit Hilfe von 13 machtvollen Runensteinen Skorne, den Fürst der Dunkelheit, herbei. In einem winzigen Augenblick der Unachtsamkeit befreit sich Skorne von den Fesseln seines Beschwörers und überzieht die vier Welten von Gauntlet mit seinen höllischen Heerscharen. Als Sumner den Schlamassel sieht, den sein Bruder angerichtet hat, kann er selbst leider nicht helfen. Denn seine magischen Fähigkeiten reichen gerade noch dazu ein Portal in eine der Welten von Gauntlet zu öffnen. Der Zugang zu den vier Welten ist nämlich verschlossen, die Magie der Welt von Skorne gestohlen und in schwer bewachten Obelisken verstaut. Da ist guter Rat teuer. Zum Glück gibt es aber einen tapferen Streiter, der sich auf macht die verschollenen Runensteine zu beschaffen, die Magie der Welt wieder frei zu setzen und Skorne für seine Freveltaten zu bestrafen.
Neue Helden braucht das Land
Damit kommt ihr ins Spiel. Als knallharter Held werdet ihr Skorne und seinen Spießgesellen einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten versetzen. Einen von zunächst acht verschiedenen Kämpfern (auch das "schwache" Geschlecht ist vertreten) führt ihr in das gefährliche Abenteuer. Sie unterscheiden sich in den Kategorien Stärke, Rüstung, Geschwindigkeit und Zauberkraft. Ein Krieger oder ein Zwerg zum Beispiel weist hohe Stärkewerte auf, während ein Zauberer oder eine Hexe mit hohem Magiewert glänzt. Habt ihr euch für eine Figur in einer von vier farbigen Outfits entschieden, kann es auch schon los gehen.
Vom Sumners Turm geht es direkt in den ersten Abschnitt in eine der vier Welten von Gauntlet. Auf der Suche nach nützlichen Extras, Obelisken, Runen oder einfach nur den Ausgang des Levels metzelt ihr alles nieder, was sich euch in den Weg stellt. Für Monsternachschub sorgen Generatoren, die fleißig neues Ungetier ausspucken. Erste Heldenpflicht also: Alle Feindgeneratoren einäschern. Werdet ihr von allen Seiten von Feindesmassen bedrängt, packt ihr einen Zaubertrank, den ihr hoffentlich auf euren Erkundungstouren eingesammelt bzw. in einem Laden erstanden habt, oder eine Spezialattacke aus. Damit sorgt ihr in einem weiteren Umkreis für eine feindfreie Zone. Achtet dabei immer auf das Turbometer eures Alter Egos am unteren Bildschirmrand. Nur wenn es voll aufgeladen ist entfaltet eure Spezialattacke ihr ganzes zerstörerisches Potential.
Ein Getriebener auf der Suche
Daneben seit ihr ständig auf der Suche nach Schlüsseln, nützlichen Extras und Schaltern. Viele Extras, wie schmackhafter heilender Proviant, kostbares Gold, mächtige aber zeitlich beschränkte Waffen Power Ups oder nützliche Zaubertränke warten in verschlossenen Schatztruhen auf den mutigen Krieger. Ab und zu findet ihr vergiftete Speisen oder den Tod höchstpersönlich, den ihr erst mit einem kostbaren Zaubertrank bannt, damit er euch nicht kostbare Erfahrungspunkte stiehlt. Vorsicht ist also angesagt, wenn ihr einen von den neun Schlüsseln, die ihr maximal mit euch schleppen dürft, für eine Schatztruhe her gebt. Schlüssel öffnen darüber hinaus auch Türen. Nur so kommt ihr an vielen Stellen weiter um das Ende des Levels zu erreichen und damit den Zugang zu einem weiteren zu öffnen. Bevor ihr einen Schlüssel opfert, vergewissert euch vorher, ob es auch wirklich nur durch diese Tür weiter geht. Manchmal behüten sie lediglich kleinere Abkürzungen.
Neben den Schatzkisten beherbergen auch Fässer nützliches. Im Gegensatz zu den Truhen zerdeppert ihr diese mit einem beherzten Hieb um an den Inhalt heran zu kommen. Vorsicht bei roten oder grünen Fässern. Erstere sind hochexplosiv, letztere verströmen giftiges Gas. Nehmt diese also nur aus sicherer Entfernung unter Feuer. Bevorzugt natürlich dann, wenn sich zufällig mehrere Gegner in der unmittelbaren Umgebung der Fässer aufhalten. Hat euer Held selbst einmal Schaden genommen, heißt es Proviant zu vertilgen um die eigene Gesundheit aufzupäppeln. Neben diversen Früchten findet ihr leckere Steaks oder Rippchen, die besonders gesundheitsfördernd sind.
Von Obelisken und Runesteinen
In den Leveln gut versteckt sind die 13 Runesteine und die Obelisken. Nur wer alle Obelisken einer Welt findet, bekommt Zutritt zu einer weiteren. Wollt ihr schließlich auch Skorne an den Kragen, führt der Weg nur über die 13 Runesteine und vier Kristallscherben, die von den Endgegnern wie ein Augapfel gehütet werden. Wißt ihr mal nicht, wo ihr den nächsten Runestein oder Obelisken einsacken könnt, fragt einfach Sumner. Dieser gibt euch in seinem Turm Hinweise, in welchem Abschnitt ihr suchen müßt. Der letzte Level einer jeden Welt beherbergt einen Endgegner, der es in sich hat. Nur mit Geduld und Spucke (und natürlich der passenden Taktik) ist er zu bezwingen. Bevor ihr jedoch dem Bossgegner Auge in Auge gegenübersteht, findet die in jeder Welt verborgene "Legendäre Waffe", damit der Kampf ein wenig leichter wird. Ein kleiner Tip, wenn ihr es etwas leichter haben wollt: Absolviert erst alle anderen Level der vier Welten und findet die vier legendären Waffen. Widmet erst euch dann den vier Endgegnern.
Liegt ein Abschnitt erfolgreich hinter euch, landet ihr in einem Laden, wo ihr das gesammelte Gold in nützliche Items eintauscht, wie Schlüssel oder Zaubertränke. Außerdem päppelt ihr die Werte für Stärke, Rüstung, Geschwindigkeit und Zauberkraft etwas auf. Für jeden Gegner, den ihr unsanft ins Jenseits befördert, erhaltet ihr Erfahrungspunkte. Nach und nach wird euer Charakter so Level für Level befördert. Neben besseren Werten in den vier Kategorien erhaltet ihr, wenn ihr einen bestimmten Level überschreitet zusätzliche dauerhafte Extras. Zum Beispiel flattert ein Vogel über eurer Schulter, der parallel zu euren Attacken ebenfalls auf die Gegner feuert.
Geheime Charaktere
Daneben werdet ihr ab einem bestimmten Level auch neue Charaktere anwählen können, abhängig davon, mit welchem Heroen ihr vorher gekämpft habt. Wollt ihr dann mit dem Neuen loslegen, müßt ihr aber wieder ganz von vorne beginnen. Bisher sind mir zwei dieser geheimen Charaktere über den Weg gelaufen. Aus einem Wizard (Zauberer) wurde ein Jackal, aus einer Valküre eine Falconess. Leider entzieht sich mein Ritter einer solchen "Umwandlung". Obwohl ich mit diesem schon weit über Level 25 gebracht habe (angeblich ist für eine "Umwandlung" Level 25 unabdingbare Vorraussetzung). Tips sind herzlich willkommen. :-)
Die Level selbst sind weitgehend linear aufgebaut. Zwar gibt es einige Abzweigungen, die aber selten dazu führen, dass ihr euch verlauft. Seit ihr in einer Sackgasse, sucht nach verborgenen Nischen oder Schalter, die hinter jeder scheinbar soliden Mauer schlummern können. Im späteren Spielverlauf werdet ihr ganz schön hin und her gescheucht, was das Betätigen von Schaltern angeht. Gekämpft wird in 3D. Euer Held bewegt sich in einer Third Person Ansicht bei fester Kameraperspektive durch die grafisch abwechslungsreichen Abschnitte (wahlweise in 60 Hz). Jeder der vier Welten von Gauntlet (später geht es auf der Jagd nach Skorne noch in die Unterwelt und eine Kathedrale) folgt einem grafischen Grundmotiv. Die Helden und die Monsterhorden sind überwiegend flüssig animiert aber nicht aus besonders vielen Polygonen modelliert. Dafür kommt "Gauntlet Legends" trotz großer Gegnerschar nur geringfügig ins Stocken. Auch die Spezialeffekte wie Zaubertränke oder Spezialattacken sind grundsolide in Szene gesetzt worden, ohne aber ein optisches Feuerwerk abzubrennen.
Ab und zu mangelnde Übersicht
Einziger echter Wermutstropfen ist die bei Solospielern etwas zu kurz gekommene Übersicht. Da die Kamera relativ nahe an eurem Alter Ego klebt, seht ihr manche unangenehme Falle auf dem Boden erst in letzter Sekunde, so dass ihr zum Beispiel öfter mal unabsichtlich in kleine Feuerstellen, Geysire oder im Boden eingelassene Kreissägen tretet. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Perspektive etwa so wie im Multiplayermodus wäre. Dort habt ihr dank höher angesetzter Kamera einen größeren Überblick. Der ist auch bitter nötig, da auch mit vier Spielern nur in einem Bildausschnitt gekämpft wird. Das erfordert von den Teilnehmern etwas Koordination, da sich nicht alle vier in unterschiedlichen Himmelsrichtungen in Bewegung setzen können. Nur wenn alle vier an einem Strang ziehen und in dieselbe Richtung stiefeln, scrollt das Bild weiter. Dafür ergibt sich dann auch ein eifriger Wettstreit um die besten Extras, die sich in Fässern oder Truhen befinden. Wer zuerst kommt, malt nämlich zuerst.
Teamwork kann aber trotzdem nicht schaden. Schon allein deshalb, weil die Gegnerschar noch zahlreicher als im Solopart ist. Und natürlich erst recht dann, wenn ihr eine Combo Spezialattacke einsetzt. Steht ein Kämpfer eines Mitspielers neben dem Recken, der gerade eine Spezialattacke starten will, dann wird ein Combo Angriff initiiert. So packt zum Beispiel ein Kämpfer seinen Mitstreiter am Schlawittchen und wirbelt ihn vehement herum. Dabei nimmt er natürlich keinen Schaden im Gegensatz zu den unvorsichtigen Gesellen von Skorne, die sich in der Nähe aufgehalten haben.
Etwas umständlich ist die Benutzerführung. Eine automatische Speicherfunktion wäre schon nicht schlecht gewesen. Statt dessen müßt ihr das selbst in die Hand nehmen und über den Menüpunkt "Personenauswahl" eure Fortschritte speichern. An dieser "Personenauswahl" seht ihr bereits, dass es mit der Eindeutschung nicht alles ganz hundertprozentig geklappt hat. Dafür ist aber auch die knappe und schön pathetisch gehaltene Sprachausgabe komplett in deutscher Sprache. Die Musikuntermalung ist unauffällig, passt aber von der Thematik her gut zu den einzelnen Welten.
Klar, besonders originell oder abwechslungsreich ist "Gauntlet Legends" nicht. Alles niedermachen, was sich bewegt und unaufhörlich Ausschau nach dem nächsten Schalter halten ist kein Ausbund an Innovation.
Trotzdem macht es einen Heidenspass durch die mit Monstern überbordenden Welten von Gauntlet zu schreiten und deren Geheimnisse zu erforschen. Für Kenner des Arcadevorbildes ein Muss und auch Action Fans sollten mal einen Blick riskieren. Sie werden nicht enttäuscht (sag).