geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Io-Interactive, Electronic Arts
Genre: Taktik-Shooter
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: Fiktive veränderte Geschichte: Sowjetunion als dominierende Supermacht besetzt USA
USK (ESRB): Geeignet ab 16 Jahren
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: eigene Anschaffung
Neben den Einzelkämpfer Ego-Shootern erfreuen sich Taktik Shooter großer Beliebtheit, in denen ihr das Kommando über einen kleinen Einsatztrupp übernehmt. Electronic Arts "Freedom Fighters" ist ein solcher Titel. Ihr seit nicht nur für eure eigene virtuelle Haut verantwortlich, sondern führt bis zu zwölf Kämpfer in die Pixelschlachten.
Das Geschehen in "Freedom Fighters" ist eingebettet in eine ungewöhnliche Hintergrundgeschichte. In einem typischen "Was wäre wenn" Szenario erlebt ihr die Weltmachtpläne einer etwas anderen Sowjetunion mit. Die UdSSR hat sich in "Freedom Fighters" nicht im Kalten Krieg wirtschaftlich zu Grunde gerüstet sondern verbreitet als strahlender Sieger des zweiten Weltkrieges, einzige Atom- und Weltmacht tatkräftig den heilsbringenden Kommunismus unter den Werktätigen der ganzen Welt. Nach Europa, Süd- und Mittelamerika sowie dem Nahen Osten soll nun die einzig verbliebene Feste der Freiheit, die USA, unter sowjetische Herrschaft fallen. In einem Handstreich fällt die "Rote Flut" in den waffentechnisch und an Soldaten zahlenmäßig weit unterlegenen Vereinigten Staaten ein. Doch sie haben nicht mit dem Freiheitsdrang der einfachen Amerikaner gerechnet.
Vom Klempner zum Freiheitshelden
Ein solcher ist Christopher Stone, der mit seinem Bruder Troy einen kleinen Klempnerbetrieb in New York führt. Als die beiden in der Wohnung der bekannten weitgereisten Antikommunistin Isabella Angelina in der Bronx verstopfte Abflussrohre richten sollen, werden sie unbeabsichtigt zum Mittelpunkt der Ereignisse. Troy wird bei der Razzia sowjetischer Sicherheitskräfte in Angelinas Wohnung als vermeintlicher antikommunistischer Sympatisant verhaftet. Während Troy abgeführt wird kann Christopher sich gerade noch vor dem Einsatzkommando verstecken und der Ergreifung entgehen. Den Häschern entkommmen macht er sich ganz allein und nur mit seinem Schraubenschlüssel bewaffnet auf, seinen Bruder und Angelina aus den Fängen der bösen Roten zu befreien.
So nah sollte man einen Kampfhubschrauber eigentlich nicht kommen lassen. Per manuellem Zielen wird er gleich aber Geschichte sein. Eleganter schaltet ihr eine solche Bedrohung aus, indem ihr den Landeplatz des Hubis in einem anderen Level mit C4 Sprengstoff beschenkt.
Der erste Abschnitt ist ein kleines Tutorial, in dem euch ein freundlicher Herr die Steuerung und den richtigen Einsatz eurer ersten Waffen verklickert - einer von den Sowjets erbeutete Pistole und von den Widerständlern selbstgebastelte Molotowcocktails. Grundsätzlich heizt ihr den Invasoren auf zwei Weisen ein: Entweder nutzt ihr die Zielautomatik, bei der diejenigen Gegner die Munition um die Ohren geballert bekommen, die am nächsten in Blickrichtung der Kamera stehen. Haltet ihr den linken Analogstick gedrückt, zoomt die Kamera von der standardmäßigen Verfolgeransicht auf einen Schulterblick um und ihr nehmt manuell die Soldaten des roten Imperiums mithilfe eines eingeblendeten Zielkreuzes aufs Korn. Mit dem Scharfschützengewehr dank eingebautem Zielfernrohr mit mächtigem Zoom. Manuelles Zielen ist zu empfehlen, da ihr durch gezielteren Beschuss von Kopf und Oberkörper Munition spart.
"Halo" läßt grüßen: Nur zwei BleispritzenDie Waffen sind größtenteils aus russischer Produktion. Die übliche Bewaffnung eurer Gegner besteht meist aus einem Sturmgewehr, welches verdächtig nach AK-47 aussieht. Dazu erbeutet ihr unter anderem eine Pumpgun, ein schweres Maschinengewehr mit einem maximal 300 Schuss fassenden Magazin und einen Raketenwerfer, der sich sowohl gegen größerer Soldatenansammlungen als auch gegen Panzer oder Kampfhubschrauber bewährt. Ballert mit bedacht, da alle Waffen bis auf das Scharfschützengewehr einen kräftigen Rückstoß erzeugen, der es euch nicht leicht macht, bei automatischen Wummen das Fadenkreuz im Ziel zu halten. Kurze Feuerstöße maximieren nicht nur die Trefferzahl sondern schonen euren knappen Munitionsvorrat. Bei der Bewaffnung nimmt "Freedom Fighters" Anleihen an "Halo". Maximal zwei Bleispritzen dürft ihr mitführen, jeweils ein Gewehr und eine Pistole. Wollt ihr statt Sturm- lieber das Snipergewehr einsetzen, müßt ihr das AK zurück lassen.
Unter Beschuss nehmen eure drei Freischärler und euer Alter Ego Deckung. Beachtet links oben die beiden Balken. Der obere zeigt eure Lebensenergie an, der untere ist die Charisma Leiste. Habt ihr letztere aufgefüllt, führt ihr einen weiteren Kämpfer in den Freiheitskampf. Statt drei Kreisen wären dann vier zu sehen. Das Maximum ist zwölf.
Erwerbt euch erste Meriten durch die Befreiung von Angelina und die ersten NPC-Kämpfer folgen eurem Kommando. Arbeitet alle euch angetragenen Aufträge - meist Gefangene befreien, etwas in die Luft jagen und die sowjetische Fahne niederreißen um das Sternenbanner zu hissen - gewissenhaft ab und versorgt verletzte Zivilisten für die wichtigen Charisma Punkte. Je mehr ihr davon einstreicht umso besser euer Ruf und umso mehr Widerständler schließen sich eurem Trupp an. Von anfänglich ein oder zwei begeben sich zum Ende hin bis zu zwölf Kämpfer in eure Obhut. Die Befehlsausgabe ist einfach: "Verteidigen", "Angreifen" und "Folgen" umfaßt das Kommandorepertoire. Entweder adressiert an all eure Soldateska oder nur einem einzelnen Freiheitskämpfer. Dank ordentlicher nur selten mit dummen Aktionen aufwartenden KI nehmen eure Computerkollegen eigenständig Gegner unter Feuer, bemannen die an Checkpoints installierten stationären Maschinengewehre oder suchen hinter Kisten, Autos oder Wänden Deckung. Dass selbiges auch für die Sowjetsoldaten gilt macht eure Aufgabe aber nicht so einfach.
Der direkte Weg ist nicht immer der besteVor allem Frontalangriffe sind im höchsten der vier Schwierigkeitsgrade eine fast aussichtslosen Sache. Zu gut schießen eure Gegner. Zu clever stellen sie sich an, wenn es um das Ausnutzen von Deckung geht. Schaut euch genauestens um und sammelt erst einmal Verbündete, bevor ihr zum Angriff übergeht. Abgesehen von den finalen Kämpfen auf Liberty Island beginnt ihr nämlich einen jeden Abschnitt als Solist und müßt euch erst ein paar Widerständler angeln. Meist lümmeln sich in der Nähe der Kanalisation ein paar freiheitsliebende Amis herum, die sich per Knopfdruck hinter euch einreihen so denn euer Charisma stimmt. Die meisten Gegeneransammlungen lassen sich meist erfolgreich aus der Flanke attackieren, wenn ihr die Schleichwege in den Rücken oder die Seite von gut gesicherten sowjetischen Checkpoints findet. Netter Nebeneffekt: Meist lauert dort der ein oder andere bequem zu erledigende Scharfschütze, der euch ansonsten das Leben gehörig erschwert hätte.
Häuserkampf ist das tägliche Brot eurer Widerständler. Rechts hat es einen eurer Kämpfer schwer erwischt. Gebt ihm ein Medi-Pack und schon schließt er sich eurem Trupp wieder in alter Frische an.
Die Kämpfe spielen sich in verschiedenen Zonen von New York ab. Jede umfaßt dabei mehrere untereinander verknüpfte Level. Spezielle Ereignisse wirken sich auf die anderen Abschnitte einer Zone aus. Sprengt ihr den Hubschrauberlandeplatz in einem Level in die Luft wird euch in einem anderen Abschnitt derselben Zone fortan kein Kampfhubschrauber mehr belästigen. Jagt ihr Brücken hoch bleiben unangenehme sowjetische Verstärkungen durch gepanzerte Truppentransporter aus. Verbunden sind die Level über ein verzweigtes Kanalisationssystem, welches die Freedom Fighters nutzen um in das Einsatzgebiet und zurück zur Basis zu gelangen. Bei letzterem wird automatisch gespeichert. Darüber hinaus dienen die Kanaldeckel als willkommene Möglichkeit zur Zwischenspeicherung. Allerdings ist lediglich ein einzelner temporärer Spielstand vorhanden, der nach Ausschalten der Xbox verloren geht. Beliebig an jedem Ort im Schlachtgetümmel abspeichern ist leider nicht drin.
Verknüpfte LevelErst wenn ihr "Freedom Fighters" komplett durchgespielt habt, dürft ihr bereits absolvierte Aufträge noch einmal angehen. Ein Wechsel des Schwierigkeitsgrades ist aber nicht möglich. Wollt ihr die Befreiung New Yorks von den bösen Roten in einem höheren Schwierigkeitsgrad betreiben, müßt ihr in einem neuen Spielstand noch einmal von vorne beginnen. Neben der freien Anwählbarkeit der alten Aufträge werden fleißige Freiheitskämpfer mit einem Bonuslevel belohnt. In einem heftigen Kampf vertreibt ihr die Rotarmisten von der kleinen vor New York gelegenen Insel, auf der die Freiheitsstatue einlaufende Schiffe begrüßt. Ganz schön knifflig, da ihr ohne Waffen beginnen müßt und die Rote Armee ihre besten Kämpfer an der Freiheitsstatue postiert hat.
So muss das sein. Statt auf die eigenen Waffen zurückzugreifen, schenken eure Kämpfer den Rotarmisten mit den beiden stationären schweren Maschinengewehren heftig ein.
Optisch zeigt sich "Freedom Fighters" ohne große Schwächen. Die Häuserschluchten von New York wurden realistisch eingefangen. An den Wänden prangen ab und an Freiheitsgraffittis, die Kanalisation und diverse Hinterhöfe wirken richtig schön schmuddelig. Regen und Schnee sind euer Wegbegleiter. Während ihr das Wasser auf den Boden plätschern seht, fehlen Fußspuren in der weißen Schneepracht. Die Texturierung ist insgesamt etwas verwaschen ausgefallen. Viele Charaktermodelle gibt es nicht, sonden nur einige wenige Standardrotarmisten und Freiheitskämpfer. Dafür entschädigen die immer flüssige Bildwiederholrate und ordentliche Effekte bei Waffeneinsatz und Explosionen. Weiteres kleine Manko: In einigen wenigen Situationen verhält sich die Kamera recht seltsam. Schaltet ihr an Ecken auf manuelles Zielen um, führt dies nicht selten zu hektischen Kameraschwenks. Zwischendurch treiben Filmschnipsel in Spielegrafik die Hintergrundgeschichte voran. Witzig: Da die Sowjets natürlich auch das Fernsehen kontrollieren werdet ihr Zeugen reinster Propagandanachrichtensendungen. Achtet auf die Textlaufbänder am unteren Bildschirmrand, die für einige Schmunzler gut sind.
Sound und GrafikOrchestrale Musikstücke stilecht mit russischem Chorgesang untermalen den virtuellen Freiheitskampf. Die Einsätze werden euch nicht nur in deutschen Texten sondern auch in deutscher Sprachausgabe vermittelt. In den Kampfzonen selbst gibt es neben den obligatorischen Schussgeräuschen einige wenige Aussprüche auf die Ohren. Haben euch sowjetische Soldaten erspäht, erschallen Warnschreihe der Rotarmisten. Einige wenige kleine Bugs haben sich in "Freedom Fighters" eingeschlichen. Legt ihr eine Waffe in der Basis ab, die dort noch nicht vorhanden ist, erledigt eine weitere Mission und kommt dann später zurück um sie wieder zu nehmen, dann habt ihr mehr Munition als maximal möglich ist. Plötzlich hatte meine Pistole über 220 oder mein schweres MG über 600 Schuss in Reserve. Ebenfalls skurril: In einem Level stand einer meiner Kämpfer urplötzlich hoch auf einem Zaun und weigerte sich herunter zu steigen. Auch einige Sowjetsoldaten hingen in einigen Abschnitten seltsam in der Luft.
In dem Multiplayermodus von "Fredoom Fighters" lassen sich bis zu vier MItspieler die blauen Bohnen um die Ohren fliegen. Auf drei verschiedenen Maps versuchen Amerikaner und Rotarmisten ihre Fahne am Mast in der Mitte eines jeden Levels zu hissen und sie gegen Angreifer zu verteidigen. Um den Fahnenmast herum sind in einiger Entfernung je vier Stellungen/Bunker vorhanden, die es ebenfalls einzunehmen gilt, damit ihr an dieser Stelle einen Trupp von Freiheitskämpfer rekrutiert, den ihr wie in der Solokampagne steuert. Deren Anzahl ist mit maximal acht Kämpfern pro Spieler aber geringer, als im Einzelspielerteil. Als Amerikaner seit ihr in der Bewaffnung leicht im Nachteil, da ihr lediglich mit Molotowcocktails und einer Pumpgun ausgerüstet in den Kampf einsteigt, während der Spieler auf der russischen Seite mit Sturmgewehr und Granaten beginnt. Um mindestens eine gleichwertige Wumme zu erhalten muss der Ami erst mal im Kampfgebiet nach einer besseren Alternative suchen.
Knisternde Spannung und knallende Action sind das Pfund, mit dem "Freedom Fighters" fleißig wuchert. Wenn ihr mit zehn Freiheitskämpfern im Schlepptau einen Checkpoint der Sowjets in einem heftigen Gefecht auseindernehmt oder euch heimlich, still und leise im Rücken der Invasoren in ein Gebäude schleicht ist für reichlich Adrenalinausschüttung gesorgt. Hevorragend auch die Idee, dass sich Aktionen in einem Level einer Zone auf einen anderen Abschnitt auswirken. Kleinere Macken, wie die manchmal etwas zu forsch vorgehenden Kämpfer eures Freischärlertrupps, einige wenige Kameraprobleme und der viel zu knapp ausgefallene Multiplayerpart verzeiht man unter diesen Umständen gerne (sag).