geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Pandemic Studios, THQ
Genre: Action-Strategiespiel
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: unterstützt Xbox Live (2 Spieler-Koop); englische Sprachausgabe mit dt. Untertiteln
USK (ESRB): Geeignet ab 16 Jahren
Spieler: 1 - 2 (online)
Testmuster von: eigene Anschaffung
Die NATO marschiert unter Führung der US-Army im Kampf gegen den internationalen Terrorismus in den fiktiven Wüstenstaat Zekistan im Nahen Osten ein. Dieser wird von einem islamisch fundamentalistischen Diktator beherrscht, der nicht nur die eigene Bevölkerung unterdrückt sondern auch aus dem Irak und Afghanistan geflüchteten Terroristen Unterschlupf bietet. US-Truppen übernehmen heikle Aufträge im Kampf gegen diese Terroristen, und ihr seit mitten drin. Hört sich nach einem weiteren Militär- oder Taktik-Shooter an? Mitnichten.
Pandemics "Full Spectrum Warrior" ist ein actionorientiertes Strategiespiel, in welchem ihr zwei aus je vier Mann bestehende Einsatzteams - gelegentlich kommt auch mal eine dritte Gruppe hinzu - durch die vom Krieg gezeichnete Hauptstadt Zekistans führt. Selbst einen eurer Mannen zu steuern oder direkt herumzuballern ist nicht möglich. Ihr gebt lediglich Befehle, die eure Protagonisten von der Computer KI gesteuert mehr oder weniger prompt ausführen. Damit ihr die Fähigkeiten eurer Männer auf den virtuellen Schlachtfeldern Zekistans voll ausschöpfen könnt, begebt ihr euch erst einmal in ein Trainingscamp. Schließlich gibt es einiges zu beachten, sollen eure Mannen auch heil wieder aus ihren Einsätzen zurück kommen.
Befehl über zwei Trupps
Eines wird euch sofort eingetrichtert: Wer im Freien ohne Deckung herumläuft ist ein leichtes Ziel, dessen Überlebenschancen im Kampf gegen Null tendieren. Geeigneten Schutz zu finden ist daher erste Überlebensregel im urbanen Häuserdschungel. Verschanzt hinter Mauern, Autos oder auch umgestürzten Tischen seit ihr vor Beschuss erst einmal sicher. Aber Obacht: Ein Auto, Holzkisten oder gar ein Sofa bieten nur ungenügende Sicherheit. Kisten oder Tische zerbröseln schon nach wenigen Salven, Autos schützen ein wenig länger bevor sie explodieren. Lediglich Mauerwerk hält auch länger stand. Beachtet daher immer die kleine Anzeige über den Soldaten. Prangt dort ein mit weißer Farbe hinterlegtes Schildsymbol, sind eure Kämpfer zunächst geschützt. Fehlt es, ist es höchste Eisenbahn das Weite zu suchen.
Ihr dirigiert einen Trupp mit einem aus vier Kreisen bestehenden Cursor durch die Gegend. Jeder Kreis steht für einen Soldaten, so dass ihr sofort seht, wie sich die Gruppe am Ziel aufbauen wird. An Ecken platziert ihr den Cursor so, dass ein Soldat von der Deckung geschützt um die Ecke lugt um Gegner aufzuspüren. Seht ihr einen, wird es höchste Zeit für den Feuerbefehl. Nur wenn ihr eure Leute mit dem Gewehr im Anschlag langsam vorrücken laßt, nehmen sie auch schon beim Positionswechsel erkannte Feinde unter Feuer. Ansonsten sprinten sie zur neuen Stellung, brauchen dann aber ein paar Sekunden ehe sie schießen. Gegner tummeln sich meist im Schutze von Sandsäcken, Mauern oder Autos - ebenfalls visualisiert durch ein Schildsymbol über deren Köpfen. Dann ist guter Rat teuer, denn wie eure beiden Trupps sind auch gegnerische Soldaten hinter ihrer Deckung nicht durch Gewehrfeuer auszuschalten. Jetzt kommt ein wenig Taktik ins Spiel. Nicht umsonst gebietet ihr über zwei getrennte Trupps.
Sperrfeuer, vorrücken, flankierenWährend der eine den Gegner zum Beispiel durch Sperrfeuer bindet - ihr gebt per Knopfdruck einen Zielbereich vor, den eure vier Mannen nach eigenem Ermessen beharken - versucht ihr mit dem anderen Trupp von hinten oder aus der Flanke der Bedrohung Herr zu werden. Oder ihr werft eine Rauchgranate und versucht euch frontal näher heranzupirschen um eine Handgranate hinter die Deckung zu bugsieren. Verschanzte Feinde, die ihr nicht flankieren könnt, rückt ihr zur Not mit einem Granatwerfer zu Leibe. Da eure Vorräte an Granaten aber nur sehr beschränkt sind und normalerweise in den Missionen nicht wieder aufgefüllt werden, verschwendet eure härteren Kaliber nicht. Lediglich in den beiden letzten Missionen erledigt ein dritter Trupp mit zwei Scharfschützen auch gut verschanzte Feinde. Einzig Panzerfahrzeugen habt ihr in eurerm Arsenal nichts entgegen zu setzen. Hier seit ihr auf die Hilfe verbündeter Schützenpanzer oder Artillerie angewiesen. Letztere müßt ihr allerdings erst durch vorsichtiges Heranarbeiten Zielkoordinaten übermitteln.
Habt ihr diese Taktiken im Training verinnerlicht, geht es ab ins Kampfgebiet, das frappierend an irakische Städte erinnert. Die Missionsziele differieren, die Aufgabenstellung ist aber in der Regel immer gleich. Von Punkt A nach Punkt B langsam von Deckung zu Deckung vorarbeiten und jeden Widerstand ausschalten oder umgehen - mal um den Weg für andere frei zu machen, mal um eingeschlossene Kameraden rauszuhauen. Jeder Truppenführer hat ein Handheld im Gepäck, welches via GPS Daten einen Überblick über das Schlachtfeld vermittelt. Mindestens einmal pro Mission - insgesamt warten elf in der Solokampagne auf euch - gibts ein wenig Aufklärung durch eine Hubschrauberpilotin, die von oben entdeckten Widerstand in euer GPS Gerät einträgt. Allerdings solltet ihr euch nicht zu stark auf diese Anzeige verlassen, da gegnerische Soldaten schließlich in Bewegung sind und einige in von der Aufklärung unentdeckten Stellungen hocken können.
VEVAKs für Verletze und NachschubVorsicht ist angesagt, da ihr euch nur einen einzigen verletzten Soldaten leisten dürft. Ein zweiter und schon ist die Mission gescheitert. Gleiches gilt auch, wenn einer eurer Soldaten getötet wird. Habt ihr einen Verletzen, dann nimmt einer seiner Kameraden diesen Huckepack. Was zur Konsequenz hat, dass dieser auf drei einsatzfähige Mann geschrumpfte Trupp nur noch langsam vorankommt. Hilfe gibts in VEVAKs, Sanitätsstellen, an denen eurer verwundeter Soldat wieder auf die Beine gestellt wird. Gleichzeitig füllt ihr auch eure Gewehrmunition wieder voll auf. Schließlich gehen die Patronen durch konzentriertes Sperrfeuer extrem schnell zur Neige. Selbst bei normalen Gewehrfeuer auf ein verschanztes Ziel dauert es nicht lange, bis alle Mun aufgebraucht ist. Gespeichert wird automatisch am Ende der Mission oder manuell während der Aufträge an zwei oder drei vorgegebenen Zwischenspeicherpunkten pro Level.
Während eurer Aufträge ändert sich gelegentlich die Zielsetzung. Wenn auf dem Rücken des Truppführers ein kleines rotes Lämpchen blinkt, wartet ein Funkspruch der Einsatzleitung auf euch. Wenn sich das Missionsziel ändert, wird euch das auch auf dem GPS Gerät angezeigt. Zudem lenkt euch ein Symbol auf dem ständig oben eingeblendeten Richtungskompass in die richtige Richtung. Seit ihr in einem unübersichtlichen Gassengewirr unterwegs, ist es nicht falsch den einzelnen Soldaten eines eurer beiden Trupps konkrete Feuerzonen zuzuweisen. Während zum Beispiel die beiden vorderen Soldaten ihr Konzentration um die Ecke richten, sagt ihr den beiden anderen, dass sie auf von hinten möglicherweise auftauchende Gegner achten sollen. Netter Gag: Haltet den rechten Schulterbutton gedrückt um den Sichtbereich eurer Soldaten vorgeführt zu bekommen. Alles was sie nicht sehen können verschwindet hinter einem starken Unschärfeffekt.
Detaillierte LocationsDetaillierte Schauplätze mit überwiegend braunen und sandsteinfarbenen Farben sorgen für eine authentische Atmosphäre. Erinnert alles sehr stark an die hinlänglich aus den TV-Nachrichten bekannten Berichte von Kämpfen aus dem Irak. Gleiches gilt für die Effekte: Ob Handgranaten, Auswirkungen von Gewehrfeuer oder die dank Sandsturm etwas eingeschränkte Sichtweite in einigen Missionen - irgendwie schon bedrückend authentisch. Eure Protagonisten seht ihr in einer Third Person Perspektive. Sprinten eurer Leute in eine neue Position, beginnt das Bild leicht zu wackeln, als würde wie in alten Zeiten ein Kameramann mit einer Handkamera ohne stabilisierende Vorrichtung die Action begleiten. Das "Mittendrin" Gefühl wird durch die Sounduntermalung sehr gut rüber gebracht. Dazu tragen die hämmernden MG Salven, das Getöse exlodierende Granaten und die Sprüche eurer Soldaten bei.
Das "Full Spectrum Warrior" zugunsten einer besseren Spielbarkeit am Realismus des Geschehens (willkommene) Abstriche gemacht hat, wird euch spätestens dann bewußt, wenn ihr die über einen Cheat versteckte Militätsimulation, auf der dieses Spiel basiert, mit ihren sechs Missionen auf den Bildschirm zaubert. Mit deutlich blasserer Farbpalette geht es hier nicht zuletzt auch durch verschiedene neu hinzu gekommene Einstellungen in den Optionen was Feindverhalten oder Anzahl der Zivilisten angeht realistischer zu. Eure Soldaten treffen viel schlechter, ihr werdet hinter Mauerecken oder beim Positionswechsel viel öfter getroffen oder Rauchgranaten brauchen viel länger beim Einnebeln. Auch die Steuerung ist eine andere. Habt ihr auch diese sechs Missionen hinter euch gebracht, könnt ihr Xbox Live vorausgesetzt die 11 Aufträge der normalen Kampagne online angehen. Eine Möglichkeit via Splitscreen an einer Xbox gibt es leider nicht.
Mutig, mutig. Mal kein typischer Kriegsshooter sondern eine erfrischend anderer Spielablauf. Eine fesselnde Mischung aus Action und Strategie. Einer der wenigen Spiele, die mal ein bisschen frischen Wind in die ausgetretenen Spielepfade bringt. Dabei haben es die Macher von "Full Spectrum Warriors" fertig gebracht, das Ganze auch von der Steuerung her sehr eingängig in Szene zu setzen. Nach kurzer Einarbeitung lotst ihr eure Soldaten intuitiv durch die verwinkelten Straßen und Plätze von Zekistan, die dank detaillierter Optik und glänzender Akustik beklemmend realistische aber nichtsdestotrotz fesselnde Atmosphäre erzeugen.
Nach anfänglicher Begeisterung ob des erfrischen anderen Spielprinzips und der tollen Inszenierung legte sich die Euphorie aber etwas. Es mangelt ein wenig an spielerischer Abwechslung. Ihr arbeitet euch mit zwei oder drei Teams von Deckung zu Deckung zum nächsten Wegpunkt und schaltet dabei die zwei bis drei Gegner aus, die euch über den Weg laufen. Spannend bleibts aber trotzdem, da ihr nie wißt, was euch hinter der nächsten Ecke erwartet. Eines möchte ich zudem nicht verschweigen: Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn ihr gerade in den Nachrichten mal wieder von Kämpfen in den Straßen in irakischen Städten gehört habt und dann die Xbox anwerft und im Prinzip diese Kämpfe auf dem Bildschirm mit "Full Spectrum Warrior" nachspielt (sag).