geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Free Radical; Codemasters
Genre: Action
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: englische Sprachausgabe mit dt. Untertiteln; auch erhältlich für PS2 und GC
USK (ESRB): Geeignet ab 16 Jahren
Spieler: 1
Testmuster von: Codemasters
Gleich zwei aktuelle Action Titel reichern das Geschehen auf dem Bildschirm mit PSI Kräften für ihre Helden an. Während Midways "PSI-Ops" in Kürze ausgeliefert wird, hat Codemasters sein "Second Sight" von den "Timesplitters" Machern bereits in den Regalen der Händler untergebracht.
Euer virtuelles Alter Ego kommt in einer medizinischen Forschungseinrichtung zu sich. Von Amnesie befallen aber offensichtlich mit PSI Kräften ausgestattet, die euch die Bettfesseln haben lösen lassen, macht ihr euch auf zu ergründen was eurem arg lädierten Charakter zugestoßen ist. Was hat ihn nur an einem so ungastlichen Ort gebracht und wie kann er diesem Schlamassel entkommen? Wenn da nur nicht diese andauernden Flashbacks wären, die euch sechs Monate in der Vergangenheit zurück führen, in der ihr als Dr. John Vattic, Spezialist für Paranormales, zusammen mit der militärischen Spezialeinheit WinterICE und der Hellseherin Jayne Wilde einen geheimen Einsatz in Sibirien bestritten habt. Dort solltet ihr einem russischen Wissenschaftler in seinem Forschungslabor auf die Finger schauen, der bereits seit dem zweiten Weltkrieg mit PSI Kräften experimentiert.
Sturm auf das Geheimlabor in Sibirien. Vattic (rechts im Bild) nutzt gerade sein Scharfschützengewehr. In der Xbox-Version ist das daraufhin aufpoppende Zielfernrohrbild etwas kleiner (wie alle anderen Bilder stammt dieser Screenshot von der PS2-Version des Spieles, die sich aber nicht großartig vom Xbox Ableger unterscheidet).
Fortan ist euer Abenteuer zweigeteilt: Einmal in der Gegenwart als mit PSI Kräften ausgestatteter, arg ramponierter Dr. John Vattic auf seiner Flucht vor einem unbekannten Feind und als zunächst PSI-loser dafür aber körperlich gesunder Dr. John Vattic sechs Monate zuvor mit dem Trupp G.I.s des WinterICE Kommandos, das in Sibirien in ein Geheimlabor in der Nähe eines russisches Dorfes einfällt. Die beiden ersten Einsätze der beiden Zeitebenen bringen euch zunächst die Steuerung näher. In der Gegenwart lehrt ihr auf der Flucht den Gebrauch der verschiedenen PSI-Kräfte, in der Vergangenheit in einem Trainingscamp den Umgang mit den Waffen. Denn beide Fertigkeiten eures Alter Egos haben einige Besonderheiten zu bieten, die im späteren Verlauf ausschlaggebend für Erfolg oder Mißerfolg sind.
PSI-Kräfte im KampfeinsatzMit den übernatürlichen Fähigkeiten ist es euch möglich, Gegenstände in großer Entfernung per Telekinese zu bewegen, euch selbst zu heilen, einen kräftigen paranormalen Hieb auszuteilen oder euch für andere zeitlich begrenzt unsichtbar zu machen. Später werden diese Fertigkeiten aufgewertet. So bewegt ihr mit Telekinese nicht nur Gegenstände sondern würgt wie Darth Vader Wächter und wirbelt sie herum. Konntet ihr mit einem PSI-Schlag nur einen Gegner ausschalten, wirft eine konzentrische PSI-Welle gleich alle in der näheren Umgebung um - dafür aber nur für kurze Zeit. War es euch vorher via Projektion möglich eine Art Astralgestalt aus eurem Körper zu lösen um durch ansonsten unüberwindliche Laserbarrieren zu schreiten oder die Gegend ungefährlich für euren Körper und in der Regel unsichtbar für Wachen zu erkunden, übernehmt ihr später mit eurer Astralgestalt die Kontrolle von Gegnern.
Das passiert, wenn ihr Alarm auslöst. Wachen über Wachen versuchen euer habhaft zu werden. Macht euch so schnell wie möglich aus dem Staub. Vattic versucht sich zwar gerade mithilfe seiner PSI-Kräfte zu heilen. Das wird ihm im Kreuzfeuer aber wenig nutzen.
Im Kampftraining wird euch der Gebrauch der Waffen und ein paar Schleichtaktiken näher gebracht. Eine automatische Zielhilfe visiert automatisch den Torso des nächsten Gegners an. Ihr schaltet auf Wunsch zwischen mehreren Kontrahenten hin und her oder bugsiert den Zielpunkt durch analogen Stickeinsatz auf den Kopf um mit nur einem Schuss eure Gegner auszuschalten. Sonst sind mehrere Treffer nötig, bis euer Gegenüber zu Boden geht. Eine Besonderheit ist das Scharfschützengewehr. Es kommt der Übersichtlichkeit enorm zugute, dass nicht wie sonst üblich der komplette Bildschirm in den zoomenden Snipermodus umschaltet, sondern nur am unteren rechten Bildschirmrand die Sicht durch das Zielfernrohr eingeblendet wird. Ihr bekommt also immer mit, was in eurer näheren Umgebung geschieht und werdet nicht so schnell von Soldaten in Schlagdistanz überrascht.
Geht in Deckung!In den Schießereien ist Deckung von essentieller Bedeutung für Vattics Gesundheit. Lauft in Richtung Wand, Kisten, Holzverschlag oder ähnliches und drückt die schwarze Taste, damit sich euer Held entweder stolz erhoben oder in hockender Stellung eng an die Wand oder das Hindernis schmiegt. Das verbirgt euch zusätzlich meist auch wunderbar vor den Augen neugieriger Wachen. Im richtigen Augenblick legt ihr dann per Knopfdruck seitlich an der Deckung vorbei oder über das Hindernis hinweg auf eure Gegner an. Stellt ihr das Feuer ein, verschwindet ihr automatisch wieder sicher hinter eurem improvisierten Schutzwall. Das ergibt immer wieder einen spannenden Schlagabtausch, da sich auch eure Gegner nicht scheuen, sich hinter Mauervorsprüngen oder Kisten zu verschanzen und ihrerseits kurzzeitig aus der Deckung hervorspringend euch mit Kugeln zu beharken.
Vattic beim Einsatz der Projektion. Mit der blauen Astralgestalt durchschreitet ihr gefahrlos die Laserbarriere vor den beiden Agenten im Hintergrund. Übernehmt einen der beiden und schießt den anderen nieder. So spart man Munition und geht keine Gefahr für das eigene Leib und Leben ein.
Während in der ersten Sibirienmission der offene Schlagabtausch gepflegt wird, ist in der Gegenwart zunächst unauffälliges Infiltrieren angesagt. Werdet ihr von einem Wächter oder einer Überwachungskamera geortet, folgt ein Alarm auf dem Fuße, der euch mit einer stetig nachrückenden Wächterschar konfrontiert. Schaltet die erste Welle mit erbeuteten Waffen aus und macht euch anschließend schleunigst aus dem Staub, bis der Alarm nach einer Zeit der Ruhe wieder aufgehoben wird. Zieht euch hierzu ungesehen in feindfreie Ecken zurück oder versteckt euch in immer wieder auftauchenden Schränken bis sich die Aufregung gelegt hat. Umgeht diesen Trubel, indem ihr Kameras mit euren telekinetischen Kräften unbrauchbar macht oder vereinzelte Wächter in aller Heimlichkeit zum Beispiel mit einem gezielten Kopfschuss einer lautlosen Betäubungspistole ins Reich der Träume schickt.
Action in zwei HandlungssträngenSpielerisch nähern sich beide Zeitebenen im weiteren Spielverlauf an. In Sibirien erlernt Vattic die PSI Kräfte und darf dann Schleichmissionen bestreiten. In der Gegenwart organisiert sich euer PSI-Doktor immer mehr Waffen und muss sich auch dort gelegentlich heftigen Feuergefechten gegen bis zu einem halben Dutzend Agenten auf einmal stellen. Gerade bei den Infiltrationsmissionen steht euch dank PSI-Kräfte eine variantenreiche Vorgehensweise offen. In vielfältiger Art und Weise entledigt ihr euch aufdringlicher feindlicher Agenten oder Soldaten. Mit dem Kopf durch die Wand in Rambo Manier ist in der Regel keine empfehlenswerte Alternative. Abgesehen vom unendlichen Strom der immer wieder nachrückenden neuen Gegner, haben Alarme die unangenehme Nebenwirkung, dass dann alle elektrischen Türen automatisch verriegelt werden.
Das könnte knapp werden. Vattic hat sich zwar gerade unsichtbar gemacht. Doch wenn der Wächter euren Protagonisten berührt, hilft auch die beste Tarnung nichts mehr.
Heimlich, still und leise ist daher im Endeffekt leichter. Jagt Wachen Angst ein, indem ihr per Telekinese kleine Schränke zum klappern bringt. Einzelne Wächter streckt ihr mit einem PSI-Schlag nieder, wirbelt sie per Telekinese herum oder schickt sie lautlos mit einem Schuss aus der Betäubungspistole schlafen. Hinterrücks ergreifen und anschließend niederschlagen funzt aber ebenso prächtig, wie explosive Gegenstände via Telekinese auf Grüppchen von Kontrahenten zu werfen. Mehrere Gegner plättet ihr mit der PSI-Welle oder ihr übernehmt kurzerhand mit eurer Astralgestalt einen Soldaten um dann mit ihm andere aufs Korn zu nehmen. Habt ihr einmal einen Wächter hinterrücks geschnappt, leistet er wertvolle Dienste als lebendes Schutzschild.
Schleichen oder umnieten, das ist hier die FrageUnsichtbar vorbeischleichen klappt in vielen Fällen auch ganz gut - solange euch nicht die PSI-Kräfte zum falschen Zeitpunkt ausgehen. Diese sind nämlich nur begrenzt vorhanden und reichen meist nur für eine Minute Unsichtbarkeit, zwei PSI-Schläge oder um einmal euren Charakter komplett zu heilen. Da sich die PSI-Kraftleiste aber relativ zügig wieder aufbaut, müßt ihr immer nur einen kleinen Zeitraum ohne eure übernatürlichen Fertigkeiten auskommen. Diese sind nicht nur in den Kämpfen überaus nützlich, sondern sind auch für einige der Rätsel der Schlüssel zum Erfolg. Das sieht dann so aus, dass ihr zum Beispiel einen unerreichbaren Schalter per Telekinese aktiviert oder mithilfe einer Projektion einen Aufzug in einem benachbarten Raum wieder in Bewegung setzt, in dem ihr euch gerade befindet.
Das nenne ich gelungenes Teamwork. Während Vattic einen Gegner per Telekinese näher heran holt, schießt euer computergesteuerter Kumpan auf den hilflos in der Luft zappelnden Agenten.
Herkömmliche Rätsel werden euch aber auch geboten. Meist geht es darum einen Schlüssel oder eine ID-Karte zu ergattern, mit der ihr verschlossene Türen öffnet. Computer spielen ebenfalls eine große Rolle, deaktiviert ihr doch nicht nur Überwachungskameras elektronisch, sondern bekommt auch gelegentlich wichtige Informationen sowie nützliche Karten geliefert. Spielerische Abwechslung ist Trumpf in "Second Sight". Mal infiltiert ihr alleine, dann führt ihr eine bedröppelte Verbündete aus eine Irrenanstalt oder gebt mit einem Kumpel einem dritten Soldaten Feuerschutz, damit er unbehelligt eine Funkanlage wieder klar bekommt. Ballereien erlebt ihr zum Teil in Gesellschaft. Höhepunkt ist das Erstürmen eines Eisenbahnknotenpunktes mit dem kompletten WinterICE Team.
Welche Perspektive hättens denn gern?Drei Perspektiven stehen euch zur Wahl. Zumeist werdet ihr in der freien Third Person Perspektive agieren, da ihr mit dieser die größte Übersicht genießt. Da die Kamera sehr nah an eurern Protagonisten fährt, wenn ihr euch an eine Wand oder ein Hindernis schmiegt, solltet ihr vor allem an Biegungen zwecks größerem Blickfeld auf die feste Kameraposition umschalten. Wie in den "Resident Evil" Games gibt es eine feste Kameraposition, die euch gerade in solchen Situationen eine bessere Sicht verschafft. Zu guter Letzt steht euch auch noch eine Ego-Perspektive zur Verfügung. Allerdings könnt ihr hier nur eurern Blick schweifen lassen, euch aber nicht bewegen. Ganz nett, wenn ihr euch in eine Ecke zurückgezogen habt und mit gezückter Waffe auf anstürmenden Gegner wartet.
Solltet ihr einem Gefecht nicht aus dem Weg gehen können, ist es nicht ganz verkehrt, wenn ihr einen der Gegner als menschliches Schutzschild mißbraucht. Das klappt aber nur, wenn ihr euch von hinten an ihn heranpirscht. Blöd nur, dass euch bei jedem neuen Level die meisten Waffen wieder weggenommen werden. Die flotte Maschinenpistole mit der Vattic hier agiert, müßt ihr euch erst durch besiegte Gegner organisieren. Ihr beginnt nämlich immer mit einer vorgegebenen Waffenkombination.
Die haben es dank guter KI in sich. Wächter reagieren auf laute Geräusche und kommen auch schon mal nachschauen, wenn ihr zuviel Krach macht. Das sich das an einigen Stellen prächtig ausnützen läßt, versteht sich von selbst. Finden patroullierende Soldaten einen Leichnam wird sofort Alarm ausgelöst. Besonders tricky wirds, wenn ihr einen Gegner mit eurer Teleporter Fähigkeit übernommen habt um andere Wachen mit ihm anzugreifen. Zieht ihr euch nach getaner Arbeit aus dessen Körper zurück, sieht er die Opfer und vermutet sofort einen Eindringling. Was natürlich umgehend wieder einen Alarm bedeutet, wenn ihr nicht schnell reagiert. Beendet ihr die Übernahme aber während ihr noch im Clinch mit anderen Gegnern seit, könnt ihr euch erst einmal in Ruhe zurücklehnen und die kleine "interne Auseinandersetzung" abwarten und euch dann anschließend um den Sieger kümmern ohne das ein Alarm euer Eindringen überschattet.
Trickreich oder brachial?Allerdings gibt es auch kleinere Hakler. An zwei, drei Stellen könnt ihr euch die Zähne ausbeißen. Bei mir war das eine durch Kennkarte gesicherte Tür in einer Irrenanstalt und ein verschlossenes Gitter bei der Flucht aus der Klapsmühle. Zwar hatte ich die Kennkarte, doch habe ich immer erwartet, dass die Tür automatisch aufschwingt, wenn ich die Karte benutze. Pustekuchen. Nach der Kartenbenutzung lauft schnell vom Lesegerät zur Tür und öffnet sie manuell, solange das Surren andauert. Bis ich das raus hatte hats erst einmal gedauert. Ähnliche Geschichte bei der Flucht aus der Klappsmühle. Da versuchte ich mehr als eine Stunde vergeblich mich an einem Gittertor vorbei zu hangeln. Doch mein Dr. Vattic blieb immer an einer Ecke hängen, egal wie auch immer ich die Kamera herumschwenken ließ. Glücklicherweise gibt es noch zwei andere Möglichkeiten an dieser Stelle weiter zu kommen. Doch bis dahin durfte ich mehrere Male den letzten Speicherpunkt laden, weil ich gelegentlich beim Hangeln in den Abgrund stürzte oder Wächter meine Begleitung erschossen.
Per Telekinese organisiert ihr euch Gegenstände, die sich nicht in der Reichweite eures Charakters befinden. In diesem Fall schlummert ein wichtiger Schlüssel hinter einer verschlossenen Gittertür. Der ist aber dank PSI-Kräfte gleich eingesackt.
Optisch bekommt ihr eine typische Multiformatumsetzung, allerdings auf hohem Niveau geliefert. Ab und an gibts kleinere Ruckler, ansonsten gefallen detailreiche Locations mit allerlei Kisten und sonstigen per Telekinese beweglichen Sachen. Nutzt die automatische Zielaufschaltung beim Einsatz von Telekinese um versteckte Goodies zu erreichen. An kleinere Grafikdetails wurde ebenfalls gedacht, wie Fußspuren im Schnee oder blutige Fußspuren, wenn ihr über einen Leichnam geschritten seit. Dafür gibt es nur einige wenige Gegnermodelle und massig hässliche Clippingfehler. Wenn ihr Wächter gerne per Telekinese bearbeitet, wundert euch bitte nicht, dass deren Körper nicht selten bis zur Hälfte in einer Wand stecken bleiben, nachdem ihr sie durch die Gegend gewirbelt habt. Zwischenseuqenzen bekommt ihr in Spielgrafik zu Gesicht. Dazu gibt es englische Sprachausgabe, die ihr auf Wunsch mit deutschen Texten untertiteln laßt.
Englische SprachausgabeDabei müßt ihr höllisch aufpassen, dass ihr auch alles genau mitbekommt. Schließlich wird euch so genauer mitgeteilt, was denn nun eigentlich genau zu unternehmen ist. Im Pausenmenü findet ihr zwar einen Menüpunkt mit den Zielen des Levels. Doch sind diese meist sehr allgemein gehalten, so dass es schon mal vorkommen kann, dass ihr nicht genau wißt, was konkret jetzt von eurem Dr. Vattic verlangt wird. Beim Speichern müßt ihr euch auf ein automatisches Speichersystem verlassen. Nur wenn ihr einen Level komplett abgeschlossen habt, könnt ihr eurer Xbox ohne Reue eine Verschnaufpause gönnen. Innerhalb der Level gibt es zwar einige wenige Rücksetzpunkte. Diese werden aber nicht dauerhaft auf der Festplatte festgehalten. Wie gut ihr in "Second Sight" wart, lest ihr an einer umfangreichen Statistikabteilung nach, in der zum Beispiel die Spieldauer oder die Treffgenauigkeit erfahrt.