geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Ubisoft
Genre: Ego-Shooter
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: komplett deutsch, Karteneditor für Mehrspielermaps, unterstützt Xbox Live
USK (ESRB): ohne Jugendfreigabe
Spieler: 1 - 16 (Lan/Online)
Testmuster von: eigene Anschaffung
Mit der Ankündigung, den hochgelobten PC Ego-Shooter Far Cry auf Konsolen umsetzen zu wollen, hat sich Ubisoft viel vorgenommen. Einen Ego-Shooter Marke Grafikreferenz von PC auf Microsofts betagter Xbox portieren? Das kann doch nicht funktionieren, oder etwa doch?
Da die Xbox solche Grafikpracht wie auf dem PC nicht hätte schultern können, hat Ubisofts Spieleschmiede in Montreal den Titel komplett neu programmiert. Kleinere Locations und auch einige spielerische Neuerungen sind das Ergebnis, welches mit den ursprünglichen Inselabschnitten des PC-Hits nicht mehr viel gemein hat. Das Hintergrundszenario dagegen ist gleich geblieben. Ex-Marine Jack Carver, der sich sein Geld mit Charterfahrten verdient, hat in seinem Boot eine Frau zu einer abgelegenen beschaulichen Insel chauffiert. Nachdem diese auf einem Jetski eigenmächtig eine kleine Spritztour unternommen hat, wird Jack allein auf seiner Nussschale kurze Zeit später von unbekannten Militäreinheiten unter Feuer genommen. Das Boot fliegt spektakulär in die Luft und euer Protagonist landet nur mit einem Messer bewaffnet auf dem offensichtlich doch nicht ganz so beschaulichen Eiland.
Eine ganz neue Insel
Da Jack mit seinem Messer gegen schwere Maschinengewehre aus Hubschraubern und Schnellbooten nicht ankommt, verdünnisiert er sich erst einmal durch die Innereien eines in der Nähe befindlichen verfallenen Flugzeugträgers in den Dschungel und gibt den dort patrouillierenden Soldaten Saures. Dabei ist zunächst lautloses Anschleichen Trumpf. Ihr kriecht im Unterholz und hohen Gras in den Rücken einzelner Wächter und meuchelt sie hinterrücks. Zur Belohnung sackt ihr deren Waffen ein. Ähnlich wie in Halo ist Jacks Gepäck allerdings auf einige wenige Bleispritzen beschränkt. Ihr schultert eine Maschinenpistole, eine Faustfeuerwaffe und ein etwas größeres Kaliber Marke Scharfschützengewehr oder Raketenwerfer. Dabei führt ihr Pistole und MP in zweifacher Ausführung mit, so dass Jack je einen Todbringer in die Linke und eine in die Rechte nehmen kann - getrennt abgefeuert über den linken und rechten Schultertrigger eures Joypads. Euer Munitionsvorrat ist übrigends auch auf einen Maximalwert beschränkt - abhängig von der jeweiligen Waffe.
Das geht nicht mehr lange gut. Wer so forsch voranstürmt, sieht bei größeren Gegneransammlungen kein Land mehr. Zumal, wenn man kaum noch Munition hat.
Neben Handgranaten hat euer Ex-Marine noch Heimtückischeres auf Lager. An Bäumen bastelt er eine Astfalle, die jeden Soldaten in sekundenschnelle ausschaltet. Damit Wächter abseits ihrer Patrouillenroute angelockt werden, werft einen kleinen Stein um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Außerdem legt ihr Claymore Minen aus, die euch das ein ums andere Mal den Rücken freihalten können. Habt ihr in der ersten Hälfte des Spieles lediglich die Wahl aus zwei Maschinenpistolen, einer Schrotflinte, zwei Pistolen und Snipergewehr oder Raketenwerfer, wird eure Waffenphalanx in der zweiten Hälfte abwechslungsreicher. Ihr schießt mit einem weiteren Scharfschützengewehr um euch, operiert mit Sturmgewehren (mit Schalldämpfer oder Granatwerfer) statt MPs oder ersetzt auf Wunsch die Sniper Wumme durch ein Maschinengewehr. Schließlich und endlich schält ihr gegen Ende sogar stationäre schwere Maschinengewehre oder kleine Kanonen aus ihren Lafetten und setzt sie kurzerhand unterwegs ein.
Schleichen oder Ballern?Obwohl in Far Cry Instincts euer Betätigungsfeld räumlich beschränkt ist, ist es doch so weitläufig, dass meist genügend Platz für mehrere Vorgehensweisen vorhanden ist. Wer sich umschaut findet in der Regel genügend Deckung um Soldaten zum Beispiel komplett zu umgehen. Es gibt aber auch Möglichkeiten sie nacheinander lautlos aus dem Unterholz zu erledigen oder sich direkte Feuergefechte Auge in Auge mit dem Feind zu liefern. Ein Radar hilft euch bei der Planung. Ein blauer Punkt zeigt euch das nächste Ziel eurer Inselodyssee an. Oftmals verwirrend, da der Weg Luftlinie zum Ziel angezeigt wird. Da ihr auf gewundenen Pfaden unterwegs seit, müßt ihr dem blauen Punkt gelegentlich sogar den Rücken zukehren, wollt ihr irgendwann einmal heil ankommen. Darüber hinaus wird auf dem Radar nicht nur jeder herumlungernder Söldner vermerkt, sondern auch dessen Alarmzustand. Grüne Punkte repräsentieren ahnungslose Wächter, rote haben euch auf dem Kieker und greifen ohne Rücksicht auf Verluste an.
Das Fernglas ist sehr nützlich zur Planung eures Vorgehens. Zudem lauscht ihr über das eingebaute Richtmikrofon den Gesprächen eurer potentiellen Opfer.
Grundsätzlich ist das Verhalten der KI-Soldaten nachvollziehbar, wenn auch nicht von besonderer Schläue gekennzeichnet. Geht ihr aufrecht und schnellen Schrittes durchs Unterholz, werdet ihr umgehend auch schon von Weitem erkannt und unter Feuer genommen. Schießt ihr dagegen liegend aus dem dichten Unterholz mit einer schallgedämpften Waffe, machen eure Gegner euch in der Regel nicht so schnell aus. Ansonsten gibt es Standardverhalten der KI-Knechte zu beobachten: Tänzeln zur Seite, Deckung suchend oder ihr werdet frontal angegangen. Gelegentlich zeigen sich seltene suizide Tendenzen, wenn KI-Soldaten sich mit eigenen schlecht geworfenen Granaten in die Luft jagen, oder hinter einem Explosivfass das Feuer auf euch eröffnen und dabei das Fass zur Explosion bringen. Zudem müßt ihr auf unliebsame Überraschungen gefaßt sein. Im weiteren Spielverlauf nehmen die Situationen zu, in denen urplötzlich weitere Unholde aus dem Nichts gelegentlich sogar in eurem Rücken auftauchen.
Drachenfliegen in schöner UmgebungEinige Wege legt ihr in einem fahrbaren Untersatz zurück. Auf breiten Dschungelpfaden setzt ihr euch in einen mit einem schweren MG bewaffneten Humvee oder knattert auf einem waffenlosen Quadbike los. Als erfahrener Lenker kann Jack dabei gleichzeitig fahren und mit einer Pistole oder MP auf Feinde schießen. Will er das MG des Trucks benutzen, muss er allerdings erst stoppen. Gleiches gilt für das MG eines kleinen Schnellbootes. Unbewaffnet dagegen kommen Jetskis und motorisierte Schlauchboote daher. Als Krönung segelt ihr in einer riesigen Schlucht mit einem ebenfalls waffenlosen Drachen durch die Lüfte. Bis auf eine Stelle im Spiel, die euch auf einem Jetski einen Fluss entlang führt, der mit massig Raketenwerferjungs und Minen gespickt ist, denen man lieber aus dem Weg geht, habt ihr meist die Wahl, ob ihr mit eurem Vehikel an verdutzten Soldaten einfach vorbeibrettert oder aussteigt und den Kampf aufnehmt.
Während der Fahrt (hier in einem Humvee) kann sich Jack mit Pistole oder MP erwehren. Vielleicht sollte er jetzt doch lieber stoppen und zum MG des Trucks wechseln um der prekären Lage Herr zu werden?
Das neue Spielelement in Far Cry Instincts begegnet euch nach gut einem Drittel eures Inselstreifzuges. Jack Carver fängt sich einen Virus ein, der ihn nach und nach genetisch verändert. Zunächst machen sich übermenschliche Kräfte in den Armen bemerkbar. Was sich zum Beispiel dadurch zeigt, dass Soldaten, die ihr im Nahkampf niedermacht, meterweit durch die Luft geschleudert werden oder ihr Türen mit Brachialgewalt aus ihrer Verankerung kloppt. Zudem regeneriert sich seine Lebenenergie fortan automatisch. Später kommt eine die Dunkelheit erhellende Nachtsicht hinzu, die im weiteren Spielverlauf von einer sichtbaren Geruchsspur ergänzt wird, die Soldaten samt zuletzt zurückgelegtem Weg orange hervorhebt. Schließlich sprintet Jack wie eine Rakete los und vollführt dabei riesige Sätze auch über größere Abgründe. Allerdings stehen diese Fähigkeiten nicht unbegrenzt zur Verfügung.
Jack Carver als SupermannSie verbrauchen nämlich Adrenalin, welches Jack nicht unendlich zur Verfügung steht. Allerdings füllt sich der Vorrat automatisch nach und nach wieder auf. Darüber hinaus findet ihr kleine Mahlzeiten, die den Adrenalinvorrat umgehend wieder komplett herstellen. Wer nicht schnell durch die Level hetzt, sondern sich genauer umschaut, wird sich über großzügig platzierten Munitionsnachschub, Panzerwesten und Health-Packs freuen. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade gibt es nicht. Aufgrund des meist üppigen Nachschubs lassen sich auch die etwas schwereren letzten Etappen eurer Inselerkundung gut überstehen. Schließlich verfügt im späteren Spielverlauf nicht nur Jack Carver über bessere Waffen. Auch eure Kontrahenten heizen euch mit schadensträchtigeren Kalibern ein, was bei wiederholten Treffern eure Health Anzeige schnell in Richtung Bildschirmtod treibt.
Snipern ist immer eine gute Möglichkeit sich aus sicherer Entfernung einiger Soldaten zu entledigen. Leider dürft ihr nicht besonders viel Munition für euer Scharfschützengewehr mitnehmen.
Eure Inselerkundung ist optisch abwechslungsreich ausgefallen. Nachdem ihr einen herrlichen Strand an grafisch beeindruckendem Wasser und typische, teilweise üppig bewachsene Dschungelpfade samt einfacher Holzbehausungen unsicher gemacht habt, durchstreift ihr nebelverhangene Regenwaldabschnitte und Sumpfgebiete, kämpft euch durch ein Reisfeld, durchquert eine dunkle und teils labyrinthartig verzweigte Minenanlage oder arbeitet euch durch die Innenräume eines Laborkomplexes und eines luxuriösen Anwesens, welches am Rande eines gerade ausbrechenden Vulkans liegt. Größter Aha-Effekt ist der Übergang von der Minenanlage in eine riesige Schlucht mit seiner großen Weitsicht - einfach phänomenal. Gelegentlich matschige Teturen verzeiht man da gern.
Prächige Optik mit leichten RucklernEin weiteres kleines Haar in der Suppe stellen bei dieser Grafikpracht neben Tearing der sichtbare Grafikaufbau - viele Details werden bei Annäherung erst relativ spät eingeblendet - und gerade zum Ende des Spieles hin zunehmende Ruckler dar. Witziger kleiner Grafikglitch: Offenbar fährt Carver Jetskis und Quadbikes freihändig. Am Lenker der Gefährte ist jedenfalls keine Hand eures Protagonisten zu sehen. Die Sprachausgabe ist wie die zuschaltbare Untertitelung in deutscher Sprache. Späht ihr die Gegend öfter mit dem Fernglas aus, dann hört ihr über das eingebaute Richtmikro Unterhaltungen der Soldaten mit. Gelegentlich bekommt ihr auch ein bisschen Radioprogramm aus einem der Funkanlagen zu Gehör. Manuelles Abspeichern ist nicht möglich. Das Spiel legt automatisch einen Speicherstand an. Die Speicherpunkte sind fair und zahlreich gesetzt, so dass ihr bis auf einige wenige Ausnahmen nach einem Ableben meist nur wenige Minuten wiederholt angehen müßt.
Gerade in kleinen Dörfern mit vielen Soldaten ist heimliches Vorgehen mit schallgedämpften Waffen eine gut Idee. Ihr dürft sogar unter die Häuser kriechen und euch via A-Button vom Bauch auf den Rücken umdrehen um durch Lücken in den Bodenbrettern Eure Gegner leichter anvisieren zu können.
Natürlich bietet Far Cry Instincts auch einen Mehrspielerpart via Xbox Live oder LAN. Dabei könnt ihr euch an den typischen Spielmodi wie Deathmatch oder Capture the Flag austoben. Wem die mitgelieferten Maps nicht genug Auslauf bieten, darf sich dank mitgeliefertem Editor einen eigenen Inselschauplatz zum virtuellen Meucheln anlegen. Die selbst kreierten Locations tauscht ihr auf Wunsch online, so dass ihr sie auch gleich mit Freunden antesten könnt.
Bitte beachten:Da ich nicht über Xbox Live verfüge, ist in meine Wertung ausschließlich der Spielspaß eingeflossen, den ich offline mit meinem Exemplar von Far Cry Instincts hatte.
Auf der Xbox macht Ubisofts Far Cry Umsetzung wie schon das PC-Vorbild eine gute Figur. Die prächtige Optik sorgt zusammen mit der weitgehend gelungenen deutschen Synchro und den guten Soundeffekten für einen atmosphärischen Dschungeltripp. Auch spielerisch hat Far Cry Instincts einiges auf dem Kasten. Führt zu Beginn sowohl direktes Vorgehen als auch umsichtiges Schleichen zum Erfolg, dominieren später herausfordernde Feuergefechte vor malerischer Kulisse. Dazu kommt etwas spielerische Abwechslung, wenn ihr zum Beispiel mit Vehikeln unterwegs seit oder versucht einen Verbündeten lebend durch feindverseuchtes Terrain zu geleiten. Insgesamt ein spielerisch und visuell überzeugender Shooter, den ich jedem Ego-Shooter Fan ohne leistungsstarken PC (hier ist das preisgünstigere PC-Vorbild erste Wahl) nur empfehlen kann (sag).