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FIFA 06
geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Electronic Arts
Genre: Sportspiel
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: komplett deutsch; massig Originalteams, Ligen und Spieler; unterstützt Xbox Live
USK (ESRB): ohne Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: eigene Anschaffung
Kaum färben sich die Blätter an den Bäumen wieder gelb, schon steht ein neues FIFA in den Regalen der Videospielehändler. Neben dem üblichen Lizenzoverkill und dem etwas verkürzten Titel hat EA bei der diesjährigen Ausgabe vor allem ein überarbeitetes Steuerungsmodell zu bieten.
In den aufgeräumten Menüs findet ihr die aus den Vorgängern bekannten Spielmodi. Ihr tobt euch in einer einzelnen Partie aus, versucht in einer der vielen authentischen Ligen aus aller Welt zu bestehen, bastelt euch ein Turnier zurecht oder bewehrt euch in eine der zehn Herausforderungen, in denen ihr vorgegebene Spielsituationen meistern müßt. Solisten werden die meiste Zeit wahrscheinlich im leicht aufpolierten Franchise Modus von FIFA 06 verbringen. Über 15 lange Jahre hinweg läßt euch diese eine Trainerkarriere nacherleben. Daneben locken ein Trainingsmodus für Einsteiger und einige nette filmische Gimmicks, wie ein Interview mit Nationalspieler Lukas Podolski oder ein Filmchen mit einem Überblick über die Geschichte der beliebten Fußballreihe. Wer über Xbox Live verfügt, darf Gegner für seine Lieblingsmannschaft auch in den Weiten des Internets suchen.
Aufgebohrter Managermodus
Doch zurück zum Managermodus. Nachdem ihr euch für eine Region in der Welt und anschließend für eines der Teams entschieden habt, die auf der Suche nach einem neuen Trainer sind (nicht alle wollen nämlich einen neuen Coach), geht es zunächst mal ums liebe Geld. Damit der Verein sich eure Dienste leisten kann, muss ein Sponsor her. Ihr habt die Wahl aus mehreren unterschiedlich dotierten Alternativen. Meist müßt ihr zwischen Angeboten mit etwas höherem Grundbetrag und kleineren Bonuszahlungen bei Erfolgen in Liga, Landes- und Europapokal auf der einen und etwas geringerem Grundbetrag und größeren Boni auf der anderen Seite entscheiden. Dann kann es auch schon auf dem Platz mit ersten Ligaspielen los gehen. Muss es aber nicht. Auf Wunsch laßt ihr das Ergebnis sofort vom Computer ausrechnen oder simuliert das Match in einem Textmodus. Letzteren dürft ihr jederzeit unterbrechen um doch noch aktiv ins Spielgeschehen einzugreifen.
Das Spielgeschehen wird bei Unterbrechungen immer wieder durch kleine Einspielfilmchen aufgelockert. Da hat sich wohl gerade jemand eine rote Karte erfoult.
Auf dem Platz hat sich am meisten verändert. Neben der aus dem Vorgänger bekannten Steuerung haben die Macher zusätzlich eine an Konamis Edelkickerei Pro Evolution Soccer angelehnte Buttonbelegung eingebaut. Neben den üblichen Standards stehen euch auch komplexere Aktionen über die Kombination mehrerer Buttons zur Verfügung, wie unterschiedliche Flankenarten oder der Doppelpass. Während das First-Touch Feature übernommen wurde, mit dem ihr euch bei Ballannahme die Pocke in eine euch genehme Richtung vorlegt, fiel in diesem Jahr die Off-The-Ball Steuerung weg. Ballartisten stehen dafür wieder diverse Tricksereien zur Verfügung. Übersteiger und Dribblings zaubert ihr unkompliziert auf den grünen Rasen. Darüber hinaus führt ihr den Ball ganz eng am Mann, wollt ihr mal auf Abwarten oder Ball-halten spielen. In der Defensive packt ihr die Blutgrätsche aus oder versucht etwas humaner dem Gegner den Ball ohne Foulgefahr wegzuspitzeln. Treibt den ballführenden Spieler in die Enge, indem ihr einen weiteren Mitspieler manuell zu Hilfe ruft. Neu: Euch stehen während eines Matches acht unterschiedliche taktische Vorgaben zur Verfügung um auf bestimmte Spielsituationen zu reagieren. So ordnet ihr zum Beispiel Pressing an oder forciert das Flügelspiel schnell und einfach über das digitale Steuerkreuz.
Neue Taktiken via Digitalkreuz
Eure Kicker verhalten sich auf dem grünen Rasen so statisch wie eh und jeh. Positionen werden je nach Aufstellungsvariante stoisch gehalten - was zu entsprechend unrealistischen Situationen führt. Ein computergesteuerter Außenstürmer in einer 4-3-3 Aufstellung stößt zum Beispiel nicht aus eigenem Antrieb in den Strafraum vor, sondern bleibt seinem Laufweg außerhalb treu, wenn ihr selbst schnell über den anderen Flügel vorprescht und eine Flanke schlagt. Ähnlich positionsverliebt das Verhalten eurer Akteure in der Abwehr. Statt auftretende Lücken zu schließen, wird meist beharrlich auf dem angestammten Platz herumgetrottet. Ebenfalls geändert haben sich die Standardsituationen. Bei einem Eckball gibt es nicht mehr 1:1 Situationen aus dem Vorgänger sondern ähnlich wie in Pro Evolution Soccer eine normale Flanke des ausführenden Schützen in den Strafraum, wo sich mehrere Spieler um den Ball balgen. Bei Freistößen fehlt in der neuen Steuerungsart ein Pfeil oder Zielkreuz, der die Schussrichtung anzeigt. Statt dessen visiert ihr das Tor Pi mal Daumen an und versucht dann wie bei einem normalen Torschuss das Runde im Eckigen unter zu bringen. Auf Wunsch ruft ihr einen Mitspieler herbei, wenn ihr einen indirekten Freistoß direkt verwandeln wollt.
Die Matches im Managerfranchise laßt ihr auf Wunsch in einem Textmodus simulieren - jederzeitige eigenhändige Einstiegsmöglichkeit auf dem grünen Rasen inbegriffen.
Ist die Partie zu Ende, ist für den Manager aber noch lange nicht Schluss. Schließlich dürft ihr eure erspielte Kohle für verschiedenste Dinge zur Verbesserung eurer Elf ausgeben. So stärkt ihr - eine von Level zu Level stetig steigende Geldspende vorausgesetzt - Angriffs- oder Verteidigungsspiel, organisiert erfahrenere Talentscouts, verbessert euer Stadion für höhere Kartenverkaufserträge oder opfert kostbare Geldmittel um eure ärztliche Abteilung auf kürzere Regenerationszeiten bei Verletzungen zu trimmen. Natürlich betätigt ihr euch auf dem Transfermarkt um Verstärkungen für euer Team zu suchen. Dank umfangreicher Suchfunktion läßt sich euer Wunschspieler leicht finden, sofern denn der Markt überhaupt das passende "Spielermaterial" her gibt. Außerdem schickt ihr Scouts in verschiedene Teile der Welt aus um talentierte junge Spieler aufzuspüren und unter Vertrag zu nehmen.
Mag mich mein Boss?
Als Manager liegt euer Hauptaugenmerk bei all eurem Tun auf drei Bereichen: Team-Chemie, Beliebtheit bei eurem Arbeitgeber und bei den Fans. Erfolge auf dem grünen Rasen gewinnen natürlich nicht nur die Herzen der Fans, sondern lassen auch euer Ansehen bei den Vereinsoberen steigen. Letzteres ist wichtig, wollt ihr nicht vorzeitig euren Stuhl vor die Tür gesetzt bekommen. Die Team-Chemie wirkt sich dagegen auf die Fähigkeiten eurer Mannschaft aus. Spielen die Kicker auf ihren Lieblingspositionen und können sie gut miteinander? Dann steigen die Fähigkeiten der Mannschaft. Auch die Klasse der einzelnen Spieler verändert sich während einer Saison - je nach Leistung, die die Protagonisten auf dem Rasen gezeigt haben. Ein Stürmer, der fleißig Tore schießt, verbessert seine Form und damit auch seine Leistung auf dem Platz. Natürlich geht das auch in die andere Richtung. Wer seine Akteure zum Beispiel immer bis zur völligen Erschöpfung auf dem Rasen beläßt, darf sich über spätere Formschwäche nicht wundern.
Ein Blick in die Aufstellung ist nie falsch. Schließlich sollten im Managermodus durchaus auch einmal die Ergänzungsspieler ran. Vor allem dann, wenn Stammspieler erschöpft (der kleine Balken symbolisiert den körperlichen Zustand eurer Akteure) oder außer Form sind.
Während einer Saison werdet ihr zwischen den Spieltagen immer wieder mit kniffligen Situationen konfrontiert, die eurer klugen Entscheidung bedürfen. Da meutern mal die Ergänzungsspieler, weil sie mehr Einsatzzeit möchten, die Fans wollen mehr Aufmerksamkeit oder ein Streit in der Mannschaft muss geschlichtet werden. Um diese Herausforderungen zu lösen stehen euch per Multiple Choice drei Antwortmöglichkeiten offen, die sich direkt auf die Moral der Betroffenen auswirken. Versprecht ihr den Ersatzspielern, dass sie in den nächsten Spieltagen öfter in der Anfangsformation stehen, fällt ein salomonisches Urteil im Mannschaftsstreit oder beteiligt euch den Fans zuliebe reger im Internetforum eures Vereins, hebt das die Stimmung. Steigende Moral, ein Zuwachs bei der Team-Chemie oder der Fanzufriedenheit sind die Folge. Trefft ihr dagegen schlechte Entscheidungen, kehrt sich dies auch ins Gegenteil um.
Deftige Ruckeleinlagen
So weit, so gut. Doch bei der Grafik hat sich Electronic Arts dieses Jahr einen ungewöhnlich dicken Schnitzer geleistet. Die Präsentation ist zwar, wie üblich, hervorragend dank zum Beispiel geschickt eingestreuter Wiederholungen während des Matches, die einer Fernsehübertragung zur Ehre gereichen würde. Auch die detaillierten Spielermodelle gefallen, bei denen ihr die Superstar des Sportes gut wieder erkennt - weniger bekannte Kicker sind dagegen meist 08/15 Gesichter, die nur grob den realen Vorbildern gerecht werden. Doch stören die immer wieder vorkommenden derben Ruckeleinlagen. Im Minutenabstand geht die Bildrate in die Knie, egal ob nun viel auf dem Platz los ist oder nicht. Das Ballgeschiebe bleibt zwar beherrschbar. Schön anzuschauen ist es aber nicht. Ähnlich schlecht auch wieder der Kommentar der beiden Plaudertaschen, die eure Spiele in Fernsehmanier eigentlich fachmännisch begleiten sollten. Unpassende Bemerkungen zuhauf, die überhaupt nicht zum tatsächlichen Spielgeschehen passen wollen.
Ihr entwerft im Editor nicht nur eigene Spieler, sondern schraubt auch an den Eigenschaftswerten vorhandener Kicker herum. Aber mal Hand aufs Herz: Einen Ronaldinho verändern zu wollen ist doch ein Sakrileg, oder?
Durch Erfolge in den diversen Spielmodi schaltet ihr einige Goodies im sogenannten FIFA Shop frei. Neben verschiedenen Spieler Biografien bekannter Kicker der Vergangenheit, winken Superstarmannschaften, ältere Trikots und diverse unterschiedliche Bälle. Daneben verwaltet FIFA 06 auch ein persönliches Profil über alle Spielmodi, in dem zum Beispiel eure Erfolge in den diversen Wettbewerben aber auch Sieges oder Niederlagenserien verewigt werden. Wenn ihr euer virtuelles Abbild in das Spiel integrieren möchtet, könnt ihr dies über den Editor realisieren. Zusätzlich experimentiert ihr auf Wunsch aber auch mit den Werten der realen Kicker herum.
Bitte beachten:
Da ich nicht über Xbox Live verfüge, konnte ich diesen Teil des Spieles auch nicht auf den Zahn fühlen. Deshalb ist die Xbox Live Unterstützung nicht in die Bewertung des Spieles eingeflossen.
fazit
Electronic Arts schafft es auch dieses Jahr wieder, dass ich das Gefühl habe ein unfertiges Produkt erworben zu haben. Es ist mir unverständlich, warum diese ständigen Ruckeleinlagen nicht behoben wurden. Da mußte wohl wieder mal ein Spiel unbedingt zu einem bestimmten Datum beim Händler liegen. Zwar bleibt das Geschehen auf dem Rasen trotz Bildratenstotterer immer beherrschbar. Trotzdem ist es ein vermeidbares Ärgernis, das nicht hätte sein dürfen. Abgesehen davon bekommen FIFA Fans aber wieder leicht zugängliche und unterhaltsame Fußballkost mit umfangreichem Lizenzpaket und vielen motivierenden Spielmodi geboten. Wer allerdings einen möglichst authentischen Kick für seine Xbox sucht, sollte Pro Evolution Soccer den Vorzug geben. Denn in FIFA 06 agieren eure Spieler einfach zu schablonenhaft, so dass trotz teilweise fernsehreifer Präsentation nicht der Eindruck aufkommen will, einem realen Match beizuwohnen (sag).
positiv:
negativ: