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Virtua Tennis

geschrieben von Sascha Gläsel

Hersteller: Sega
Genre: Sportspiel
System: Dreamcast, PAL-Version
Besonderheiten: benötigt VMU (2 Blöcke); automatische Speicherung; unterstützt Vibration Pak
USK (ESRB): keine Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: Sega

Während sich zum Beispiel Fußball oder Basketballfans nicht vor hochkarätigen Umsetzungen ihres Lieblingssportes auf diversen Videospielekonsolen retten können, darbt der weiße Sport vor sich hin. Nach dem exzellenten "Jimmy Conners Pro Tennis Tour" Anfang der '90er Jahre für das Super Nintendo überzeugte in den letzten Jahren kein anderer Vertreter mehr so restlos, wie Ubi Softs Tennisveteran. Ob Sega mit seiner jüngsten Arcadeumsetzung diesen negativen Trend fortsetzt?

Drei Spielmodi stehen zur Wahl. Für die ersten Schritte empfiehlt sich der Exhibition Modus, in dem ihr ein einzelnes Match im Doppel (bis zu vier Spieler) oder Einzel mit dem Spieler eurer Wahl auf dem Platz eurer Wahl bestreitet. Immerhin 10 verschiedene Stadien, die konkreten Arenen des Tenniszirkus nachempfunden sind und 18 teils reale teils erfundene Recken schlummern auf der GD. Allerdings sind zu Beginn nur die Hälfte der Plätze und Spieler auch anwählbar. Die anderen müssen freigespielt werden.

Hierfür widmet ihr euch dem "World Circuit". Wer jetzt denkt, hier wird das Champions Race um die Spitze in der Weltrangliste simuliert, liegt kräftig daneben. Zwar kämpft ihr auch hier um Weltranglistenplätze, doch gibt es keinen über das Jahr verteilten Turnierplan. Neben einzelnen Einzel- und Doppelbegegnungen, die meist nur über einige wenige Spiele gehen, erwarten euch eine Menge Geschicklichkeitsaufgaben, in der ihr zeigen könnt, wie gut ihr mit eurem Racket umgeht um an ein wenig Preisgeld und Weltranglistenpunkte heranzukommen. So müsst ihr zum Beispiel innerhalb eines Zeitlimits riesige Billiardkugeln vom Spielfeld befördern, mit dem Aufschlag Kegel abräumen oder Bälle mit gefühlvollen Lobs in Fässer befördern.

Weltrangliste ohne Turniere
Nach und nach spielt ihr dabei weitere Begegnungen oder Geschicklichkeitsaufgaben sowie mehrere Shops frei. Hier legt ihr das gewonnene Preisgeld für neue Tennisplätze, neue Spieler oder schnucklige Outfits für eure Tenniscracks an, die fortan auch in den anderem Spielmodi zur Verfügung stehen. Außerdem nehmt ihr hier neue Partner für eure Doppelpartien unter Vertrag.

Neben den Fantasierecken spielt ihr einige bekannte Namen des Tenniszirkus frei. Zum Beispiel die ehemalige Nummer 1 der Weltrangliste, Jim Courier. Oder Tommi Haas, frisch gebackener Silbermedaillengewinner des olympischen Tennisturnieres. Jeder Spieler verfügt über individuelle Stärken, die sich auf dem Platz spürbar bemerkbar machen. Neben Allroundspielern stehen euch gute Aufschläger, versierte Surf-and-Volley Spezialisten oder Grundlinienspieler zur Auswahl. Da ist für jede Spielanlage etwas dabei.

Natürlich hat auch der vom Arcade Automaten übernommene gleichnamige Modus den Weg auf die GD gefunden. Hier spielt ihr eine Art Grand Slam im Einzel oder Doppel. Müßt ihr doch hintereinander in Melbourne, in Paris, in Flushing Meadows, in Wimbledon und zum krönenden Abschluß in der Sega Halle gewinnen. Als Belohnung winkt ein Eintrag in der Highscoreliste, je nachdem, wie viel Preisgeld ihr bei euren Siegen einstreichen konntet. Seit ihr gar ohne Spielverlust siegreich, wartet die ultimative Herausforderung auf euch: Eine Begegnung mit "Master", neben "King" (den gibt es, wenn ihr die Weltranglistenposition 1 im "World Circuit" erklommen habt) der beste Spieler. Schlagt ihr ihn, dürft ihr mit ihm fortan auch selbst auflaufen.

Weniger ist manchmal mehr
Die Steuerung ist denkbar einfach. Es gibt einen Button für einen normalen Schlag und einen für den Lob. Wie die gelbe Filzkugel dann über das Netz fliegt hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst ist natürlich gute Beinarbeit nötig, damit ihr den Ball auch optimal trefft. Je länger ihr dabei den Knopf gedrückt haltet, um so schneller segelt die Filzkugel übers Netz. Die Richtung und Länge hängt davon ab, in welche Richtung ihr das Joypad drückt, wenn ihr ihn mit eurem Racket trefft. Spezielle Buttons für Topspinbälle oder einen gepflegte Slice gibt es nicht. Summa Summarum: Einfach, aber mit genügend Spielraum für Feinheiten.

Daneben gilt es unterschiedlichen Bodenbeläge zu beachten. Wie im richtigen Leben verhält sich der Ball auf den unterschiedlichen Untergründen völlig anders. Sand macht die Bälle langsam und läßt sie relativ hoch abspringen. Völlig entgegengesetzt geht es auf Gras zu. Flaches Abspringen der Bälle und das Ganze viel rasanter als auf Sand. Hartplätze liegen mehr oder weniger genau dazwischen.

Optisch in den Top Ten
Grafisch katapultiert sich "Virtua Tennis" ohne Zweifel in die Top Ten. Flüssig animierte Cracks laufen da über die Tenniscourts, die sichtbare Spuren des Geschehens zeigen. Selbst auf Hartplätzen hinterlassen die Bälle kleine Filzreste. Auf Sand sieht man vor allem die Abdrücke von Schmetterbällen, die erst verschwinden, wenn einer der Akteure sie wieder verwischt. Wieder mal grandios animiert ist das Publikum. Nicht einfach nur eine platte Textur auf den Rängen sondern zwar spärlich aber doch animierte Zuschauer, die sich während der Ballwechsel mit enttäuschtem Aufstöhnen oder frenetischem Applaus zu Wort melden. Da fehlen nur noch die Erdbeeren mit Sahne um richtiges Wimbledon Feeling aufkommen zu lassen.

Weitere Pluspunkte in Sachen Atmosphäre: Spektakuläre Gewinnschläge seht ihr in einer verlangsamten Wiederholung samt anschließender Jubelpose, wie der altbekannten Becker-Faust. Übersicht wurde bei der Kameraperspektive groß geschrieben. Von Schräg oben blickt auf auf den Tennisplatz, so dass ihr immer den richtigen Überblick habt. Wollt ihr eine noch größere Herausforderung, dann spielt in der Third Person Perspektive. Hier ist die Kamera in klassischer Tomb Raider Manier etwa auf Schulterhöhe hinter eurem virtuellen Alter Ego plaziert (Freaks kennen diese Ansicht aus dem Uralt SNES Spiel "Amazing Tennis" mit André Agassi). Diese Perspektive ist trotz weniger Übersicht als in der Standardeinstellung auch deshalb gut spielbar, weil ihr immer auf der Platzhälfte im Vordergrund spielt.

Ein wichtiges Manko (neben dem Fehlen einer echten Tennistour mit Weltrangliste) zum Schluss: Leider ist es nicht möglich, ein Match über mehr als einen Gewinnsatz zu veranstalten. Nach einem Satz ist eine Begegnung unwiderruflich vorbei. Ansonsten habt ihr die freie Wahl, ein Match nur über einen einzigen Spiel (empfiehlt sich im "Arcade Modus" um "Master" frei zu spielen) bis hin zu einem ganzen Satz zu bestreiten oder ob ihr mit oder ohne Einstand spielen wollt.

fazit

"Virtua Tennis" ist sinnbildlich für die derzeitige deutsche Profi Tennis Elite. Zwar immer für einen Turniersieg gut, aber langfristig fehlt die Konstanz um in der Spitze der Weltrangliste mithalten zu können. So ist auch Segas Tennissprössling zwar ein erstklassiger Vertreter seiner Zunft, der kurz- bis mittelfristig für eine Menge Spass sorgt, dann aber dank vieler vergebener Chancen langfristig in der Weltrangliste zurückfällt.

Was hätte man nicht alles aus "Virtua Tennis" herauskitzeln können: Eine echte Tour, bei dem ihr Woche für Woche die Wahl aus echten Turnieren (drei Gewinnsätze in Grand Slam Turnieren inklusive) einschließlich Davis-Cup hättet und Tennisfans wären im siebten Himmel. Der eingebaute "World Circuit" ist trotz der pfiffigen Geschicklichkeitsaufgaben nur eine geringe Entschädigung, den überdies einigermaßen versierte Cracks an ein, zwei Wochenenden durchgespielt haben. Dann bleibt dem Solospieler nur noch der Arcade Modus, der auch nicht unbedingt der Garant für Langzeitspielspaß ist. Wenn ihr aber öfter mal mit ein paar Freunden die virtuellen Tennisplätze unsicher macht, dann ist "Virtua Tennis" ohne wenn und aber ein Muss.

Trotz der Mängel ist Segas Tennisadaption nämlich die beste derzeit erhältliche Simulation des weißen Sportes (sag).


grafik: 8.5 | sound: 7.5 | gameplay: 8.5 | gesamt: 8.0
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