Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.

Konsolen.net > Tests > PlayStation2: Driving Emotion Type-S

tests

Driving Emotion Type-S

geschrieben von Andreas Wende

Hersteller: Escape / Square / EA
Genre: Rennspiel
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten: Analog Stick, Vibration, Speicherbedarf mindestens 35 KB
USK (ESRB): ohne Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 2
Testmuster von: Fachhandel

Selten wurde ein Spiel von der Kritik so abgebügelt, wie die japanische Version von Driving Emotion Type-S. Mit Recht konnte man sich fragen, welcher Teufel Squaresoft geritten haben muss, dieses Spiel zu publishen. Jetzt steht das Spiel auch in den heimischen Verkaufsregalen und wir haben uns gefragt: Wie schlecht ist Driving Emotion Type-S wirklich?

Das Spiel
Obwohl der Hauptkritikpunkt an der japanischen Version ganz klar das völlig indiskutable Fahrverhalten war, lässt auch schon der Blick ins Optionsmenü ehrlich gesagt Böses erahnen: Von den Pflichtelementen Time Attack und 2-Spieler-Modus abgesehen, bietet Driving Emotion Type-S gerade noch zwei andere Spielmöglichkeiten, den Type-S Arcade Modus und das sogenannte Spurtraining.

Da es im japanischen Original nahezu unmöglich gewesen sein soll, auch nur 50 Meter geradeaus zu fahren, bietet sich als Erstes der Blick ins Spurtraining an.
Im Spurtraining sind die Kurse mit einer möglichst akkurat abzufahrenden Ideallinie versehen, die verschiedenen Bremszonen sind gesondert gekennzeichnet.

Hört sich soweit ganz gut an, nützt aber alles nichts, denn bereits nach wenigen Momenten ist klar: Driving Emotion Type S hat auch in der überarbeiteten PAL-Version immer noch ein massives Lenkproblem! Es ist kaum möglich, den Wagen auf der Linie zu halten, jede noch so kleine Lenkbewegung bringt den Wagen ins Schwimmen. Gegenlenken verschlimmert das Malheur meisst noch, gelegentlich bis hin zum totalen Kontrollverlust.

Unter diesen Umständen ein ganzes Rennen zu absolvieren, geschweige denn zu gewinnen, dürfte selbst versierten Joypad Akrobaten mehr als schwer fallen. Bliebe es dabei, wäre jetzt der Moment, in dem 90% der Käufer die Disc auf Nimmerwiedersehen im Spieleschrank verschwinden lassen würden, verständlich und zu recht. Doch zum Glück darf auch bei Driving Emotion Type-S an jedem Fahrzeug geschraubt werden und zwar in fast 20 Kategorien. Von der Bremse über die Lenkung bis hin zur Übersetzung könnt, oder besser gesagt müsst Ihr, jeden Eurer Flitzer wunschgemäss konfigurieren.

Habt Ihr Eure Sache richtig gemacht, wird aus Driving Emotion Type-S zwar noch längst kein Racing Überflieger, immerhin stellt sich dadurch aber erstmals so etwas wie Spielbarkeit ein!

So gerüstet wird es Zeit, sich in den Hauptmodus, die Type-S Arcade Rennen zu wagen. Hier stehen Euch einige Strecken zur Verfügung (im gesamten Spiel gibt es 14, von denen aber einige im Spurttraining nicht wirklich die Bezeichnung "Strecke" verdient haben), die leider allesamt nur in Einzelrennen (Standard: 2 Runden) gefahren werden dürfen, das jedoch in jeweils vier Rennklassen.

Diese vier Divisionen sind definiert durch die Fahrzeuge, die hier normalerweise an den Start gehen. Während in der leichtesten Division 3 z. B. Fahrzeuge wie der Mazda MX 5 oder der Nissan Primera den Ton angeben, reicht das Spektrum in Division 1 bis hin zu Herstellern wie Porsche und sogar Ferrari. In den finalen GT Mode Läufen geht es dann sogar mit waschechten Rennmodifikationen auf die Pisten.

Zum GT Mode erhaltet Ihr übrigens nur Zugang, wenn vorher jedes Rennen der anderen drei Divisionen gewonnen wurde, dummerweise haben die Entwickler hier aber eine dem Spielspaß eher abträgliche Mogelmöglichkeit zugelassen. So ist es in den drei niedrigeren Divisionen nämlich durchaus möglich, einen Kurs auszulassen und später mit einem z.B. in Division 3 gewonnen besseren Fahrzeug die untermotorisierte Division 1 Konkurrenz doch noch zu versägen. Fairerweise sollte man an dieser Stelle sagen, dass dies noch eine der kleineren nervtötenden Besonderheiten von Driving Emotion Type-S ist, von den anderen später mehr.

Wie gerade erwähnt erhaltet Ihr durch Rennsiege Zugriff auf immer neue Fahrzeuge, insgesamt stehen mehr als vierzig voll lizensierte Originalfahrzeuge zur Verfügung. Trotz Porsche, Ferrari, BMW und anderen Europäern, liegt der Schwerpunkt natürlich wie gewohnt bei den japanischen Herstellern.

Auch einige Strecken, bzw. Streckenerweiterungen müssen auf die selbe Art erst freigespielt werden. Der Streckenkatalog besteht dabei aus einer Kombination von realen Rennstrecken wie dem bekannten japanischen Suzuka Circuit und Phantasiekursen wie West Coast, Provence oder Urban Highway.

Habt Ihr in allen Divisionen die jeweiligen fünf Gegner (im GT-Mode nur vier) auf die Plätze verwiesen, wars das trotz Abspann noch nicht. Startet Ihr erneut, findet Ihr nun unter dem GT Mode die Rubrik Spezial Rennen, in der Ihr ausschliesslich gegen Fahrzeuge des von Euch gefahrenen Typs antretet. Zu gewinnen gibts da allerdings nichts mehr.

Grafik und Sound
PS2 typisch auch hier wieder der durchwachsene audiovisuelle Eindruck des Games. Für einen PS2 Titel der ersten software Generation sehen die Rennumgebungen nicht schlecht aus. Sie sind detailliert und abwechslungsreich und ziehen allzeit flüssig und stabil vorbei, da haben wir auf Sonys 128 Bitter weiss Gott schon Schlechteres gesehen. Ob von der Sonne geblendet oder beim Ausflug ins Kiesbett, auch ein paar nette grafische Effekte erfreuen das Auge.

Getrübt wird das Ganze allerdings vom schon altbekannten PS2 Bildschirmflimmern, und das erreicht mühelos den oberen Rand der Flimmerskala, etwa so wie in Madden 2001. Ausserdem wirkt die gesamte Optik oftmals extrem verwaschen und unscharf, so als läge permanentes Hitzeflimmern über der Szenerie. Seinen Höhepunkt erreicht dieser Effekt schliesslich in den Replays.

Der Wagenpark ist optisch einigermassen o.k., obwohl das Aussehen im Auswahlschirm deutlich besser ist, als das im eigentlichen Rennen. Die beste Figur machen eindeutig die detaillierten Rennboliden des GT Mode. Zum Ausgleich für deren klar besseres Ausehen, tauchen hier allerdings wundersamer Weise nur vier Gegner auf. Kein gutes Zeichen für die von Sony versprochene Reise in neue Erlebniswelten.

Den Soundtrack kann man wie so oft komplett in die Tonne hauen, mehr als den schon unzählige Male gehörten Japan Techno Trash bietet auch Driving Emotion Type-S mal wieder nicht. Mein Tip: Am besten in den Optionen ganz ausschalten, denn die restlichen Soundeffekte kann man nur als gelungen bezeichnen.

Das ist auch gut so, denn ansonsten weist Driving Emotion Type-S wie schon angedeutet noch genug andere Ärgernisse auf!

Fertiges Spiel oder Beta-Version?
"Menschen die Spiele machen wollen, müssen sich mit Haut und Haaren dem Spielemachen hingeben. Nur mit völliger Hingabe können Spiel-Designer einzigartige, neuartige Titel schaffen." -Shigeru Miyamoto (Quelle: M. Saltzmann, Gamedesign, S.30, Markt und Technik Verlag)

Was Nintendo Mastermind Miyamoto, Schöpfer von Spiellegenden wie Donkey Kong und Zelda hier sagt, lässt nur einen Schluss zu: Er hätte die verantwortlichen Driving Emotion Type-S Coder von Escape wohl längst gefeuert!

Klar, dass das Escape Team auch mit größter Hingabe das Rennspielgenre genauso wenig neu erfinden kann, wie Polyphony Digital mit dem Gran Turismo Release. Doch selbst beim besten Willen sieht der Escape Racer nicht aus, als wäre man hier auch nur mit minimalster Hingabe tätig gewesen, sondern eher so, als habe man das Spiel eben zwischen Tür und Angel hingeschludert!

Da wäre natürlich als Erstes der schon erwähnte Mangel an Spielmodi und die Ausgestaltung des vorhandenen Hauptmodus zu nennen. Mal ehrlich: Sollten die Zeiten in denen Rennspiele ausschliesslich aus einer Ansammlung von Arcade Einzelrennen(!) bestehen, nicht spätestens irgendwo zwischen 8 und 16 Bit Konsolen-Ära zu Ende gegangen sein?

Und dabei ist das noch gar nicht alles, der wahre Hammer kommt erst noch: Habt Ihr ein Fahrzeug ausgewählt, modifiziert und das erste Rennen hinter Euch gebracht, gibt es zwei Möglichkeiten. Habt Ihr nicht gewonnen, dann dürft Ihr Euch selbstverständlich auch hier, wie in solchen Fällen genreüblich, für ein Retry entscheiden. Aber wehe Euch, Ihr habt gewonnen! Dann findet Ihr Euch nämlich postwendend im Hauptmenü wieder und dürft die ganze Prozedur bis zum eigentlichen Rennen - Spielmodus anwählen, Fahrzeug auswählen oder gespeichertes Fahrzeug laden, Kurs und Renndivision einstellen - erneut über Euch ergehen lassen. Und das Ganze bei unverschämt langen Ladezeiten, in denen gesunde Paare problemlos Kinder zeugen könnten.

Sorry Escape, aber das ist Technik, direkt aus der Gameplay Steinzeit! Das Einzige, was man den Entwicklern vielleicht noch zu Gute halten könnte, ist der traurige Umstand, dass sich offenbar auch Publisher Squaresoft nicht weiter an dieser Zumutung gestört hat.

Die eigentlichen Rennen machen in der Kombination von Streckendesign und Gegnerverhalten eigentlich keine schlechte Figur, doch auch hier hat man bei Escape die angemessene Sorgfalt vermissen lassen. Während es auf den Phantasiekursen West Coast, Provence oder Urban Highway durchaus zu spannenden Fahrduellen kommen kann, in denen man sich nie wirklich vor den Gegner in Sicherheit bringen kann, fährt man dem Gegnerfeld auf den japanische Rennkursen fast schon standardmässig davon. Der Niveaunterschied ist dabei so gross, dass Ihr hier mitunter sogar so viel Luft habt, dass Euch selbst ausgedehnte Ausflüge in die seitlichen Rasenflächen nicht die Führung kosten!

Äusserst unschön und inhaltlich nicht nachvollziehbar ist aber beispielsweise auch die Tatsache, dass Ihr per L1 Taste in Cockpit- und Egoperspektive einen Blick aufs Verfolgerfeld werfen dürft, in der einzigen vorhandenen Aussenperspektive aber nicht!

Würde man es darauf anlegen, wirklich akribisch auch noch die letzte Lieblosigkeit dieses Games aufzuzählen, so könnte man die Aufzählung noch eine ganze Weile fortsetzen. Doch auch ohne dies sollte an dieser Stelle hinreichend klar geworden sein, dass Driving Emotion Type-S vorsichtig ausgedrückt einen mehr als unfertigen Eindruck macht!

fazit

Nach fünf Minuten hätte ich dieses Spiel in die Ecke feuern oder jemanden von Squaresoft bzw. dem hiesigen Publisher EA um die Ohren hauen können.

So testet man aber keine Spiele, weshalb ich mich zurück vor die Konsole zwang, mit der festen Absicht, es bis zum Schluß durchzustehen. Und siehe da, je länger ich spielte, umso weiter schwammen sich (unkonfiguriert durchaus wörtlich zu nehmen) die Type-S Boliden durch die nach wie vor überraschend schwache PS 2 Software Bibliothek nach vorne und retteten sich schliesslich doch noch irgendwie ins untere Mittelfeld.

Einige Rennen haben mir sogar richtig Spaß gemacht! Wer also zuviel Geld hat und Gran Turismo 3 nicht mehr erwarten kann, versuchts mal. Doch eins muss klar sein: Kein Coder kann das kommende PS 2 Gran Turismo so verhunzen, dass Driving Emotion Type-S dagegen nicht immer noch wie ein schlechter, 120 DM teurer Witz aussehen würde! (aw)


grafik: 6.0 | sound: 5.5 | gameplay: 5.0 | gesamt: 5.5
Copyright 1996-2007 bei Jochen Rentschler. Alle Rechte vorbehalten.