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geschrieben von Sascha Gläsel
Hersteller: Activision
Genre: Strategiespiel
System: PlayStation, PAL-Version
Besonderheiten: benötigt Memory Card (10 bis 11 Blöcke); keine Mausunterstützung
USK (ESRB): geeignet ab 6 Jahren
Spieler: 1
Testmuster von: Activision
Mehr als drei Jahre hat es gedauert, bis Sid Meiers Strategiespielmeilenstein den Weg vom PC auf Sonys 32-Bit Konsole gefunden hat. Während PC Spieler sich schon am Nachfolger ergötzen, dürfen jetzt endlich auch PlayStationuser wirtschaftliches und militärisches Geschick beweisen um ein Volk von den Tiefen des Altertums in das Raumzeitalter zu führen.
Damit habe ich euch auch schon das Ziel von "Civilization 2" verraten: Anfangs mit nur einem kümmerlichen Siedler ausgestattet gründet ihr eine Zivilisation, die ihr in den Wirren der Zeit durch schwieriges Fahrwasser zu leiten habt. Erwehrt euch aufdringlicher Barbarenhorden, treibt Handel, pflegt diplomatische Beziehungen mit anderen Völkern oder rüstet eine schlagkräftige Armee zum Krieg gegen eure Nachbarn aus.
Die Qual der Wahl
Bevor es aber los geht legt ihr neben einigen rein kosmetischen Einstellungen (wie das Grafikmuster für die Städte oder das Volk, über das ihr herrschen wollt, wie zum Beispiel Deutsche, Römer oder Karthager) auch Optionen fest, die Auswirkungen auf den Spielverlauf und den Schwierigkeitsgrad haben. Eine große Landmasse mit nur wenigen Konkurrenzvölkern wird Euch in Ruhe eure Zivilisation entwickeln lassen, während auf einer kleinen Landkarte mit vielen Völkern und zusätzlich eingeschalteten Barbarenüberfällen beim Kampf um die wenigen Resourcen schnell eure diplomatischen Fähigkeiten gefordert werden.
"Civilization 2" ist ein rundenbasiertes Strategiespiel, d.h. wenn ihr am Zuge seit habt ihr alle Zeit der Welt euren nächsten Schachzug sorgfältig zu planen. In aller Ruhe könnt ihr euch überlegen, wo ihr eine neue Stadt errichten wollt, welches Gebäude als nächstes gebaut oder welche Technologie erforscht werden soll. Während zu Beginn des Spieles zwanzig Jahre pro Spielzug verstreichen, sinkt dieser Zeitraum im weiteren Spielverlauf auf nur noch ein Jahr pro Zug.
Städte als Keimzelle
Grundlage all eures Schaffens sind Städte und deren Einwohner. Sie liefern mit Nahrung, Schilden und Handel die "Grundstoffe" für das Gedeihen eures Reiches. Eure Mannen brauchen zunächst einmal Nahrung um überhaupt zu überleben. Dazu heißt es einem Stadtbewohner ein Feld innerhalb des Einzugsbereichs einer Stadt (zwei Felder im Umkreis) zuzuweisen. Je nach Beschaffenheit (variiert von unergiebiger Wüste, über fruchtbare Wiesen bis hin zu viele Schilde spendenden Hügel und Berge) liefert euch der Stadtbewohner mal mehr mal weniger Nahrungs-, Handels- und Schildeinheiten.
Jeder Happen Essen, der über den Bedarf der Stadt hinaus herangeschafft wird, füllt den Nahrungspeicher. Ist der Speicher voll, dürft ihr einen weiteren Einwohner in eurer Enklave begrüßen; die Siedlung wächst. Aus den Handelserträgen wird sowohl das Steueraufkommen, welches Eurem Geldbeutel zugute kommt, als auch die Aufwendungen für Luxusgüter für das Wohlbefinden der Stadtbewohner und der Wissenschaftssetat bestritten. Wieviel auf die drei Teilbereiche entfallen, regelt ihr für euer ganzes Reich über das Steuernmenü. Damit ihr überhaupt in euren Städten Gebäude oder Weltwunder produzieren oder Truppen ausheben könnt, benötigt ihr Schilde.
Stadtverbesserungen
Grundsätzlich gibt es vier verschiedene Arten von Stadtverbesserungen. Zum einen sind das die Gebäude, die eure Einheiten sofort in den schlagkräftigeren Veteranenstatus versetzen, den sie sonst nur nach gelungenen Einsätzen erlangen. Daneben stehen Verbesserungen zur Auswahl, die die Einkünfte bei Nahrung, Schilden und Handel erhöhen. Rein defensive Aufgaben erfüllen Stadtmauern und Küstenfestungen, die die Verteidigungswerte in euren Städten stationierter Truppen erhöhen. Wächst eure Stadt an, wollen deren Einwohner nicht nur arbeiten sondern lechzen nach etwas Abwechslung, damit sie nicht aufständisch werden. Mit Kathedralen oder Kolloseen sowie der Produktion von Luxusgütern besänftigt ihr sie.
Neben den Stadtverbesserungen steigert ihr eure Einkünfte, indem ihr die Landquadranten im Einzugsbereich einer Stadt bearbeitet. Mit einem Siedler oder Ingeneur baut ihr Straßen, legt Bewässerungsgräben an, errichtet Bergwerke oder transformiert zum Beispiel Wüstengebiete in Prärie oder Prärie in Wiesen. Um eure Steuereinkünfte auszubauen empfiehlt es sich, Handelsrouten einzurichten. Jede Stadt produziert drei verschiedene Güter und benötigt im Gegenzug drei andere. Baut eine Karawane oder einen LKW und macht euch auf die Suche nach einer anderen Stadt, die genau das sucht, was ihr liefern könnt und genau das zur Verfügung stellt, nach dem ihr darbt. Euer Kontostand wird es euch danken.
Forschung ist der Schlüssel
Die wissenschaftliche Forschung nimmt einen wichtigen Platz, wenn nicht gar den wichtigsten, im Spiel ein. Nur über die zu erforschenden Zivilisationfortschritte kommt ihr an neue Einheiten, Stadtverbesserungen und Wunder heran. Was mit so alltäglichen Dingen, wie dem "Alphabet", "Reiten" oder "Feierliche Bestattung" beginnt, führt euch später bis hin zu "Nuklearer Theorie", "Computer" oder "Raumflug". Es gibt aber noch andere Wege an dieses Wissen zu kommen. Schickt Diplomaten oder Spione in Städte anderer Zivilisationen, erobert eine Siedlung eines fortgeschritteneren Volkes oder treibt einen schwunghaften Tauschhandel. Manchmal versucht eine verbündete Zivilisation euch einen Krieg gegen ein anderes Volk schmackhaft zu machen und bietet euch als Geschenk neues Wissen an.
Neben euren Fähigkeiten als Manager der eigenen Volkswirtschaft, werdet ihr als oberster Diplomat gefordert. Ein kleines Pläuschchen mit euren Nachbarn bringt euch nicht nur ein friedliches Miteinander ein, sondern mündet in einem schwunghaften Tauschhandel unter anderem auch mit schmucken neuen Technologien. Einen Krieg solltet ihr wann immer ihr könnt vermeiden. Ab und zu wird es sich nicht umgehen lassen, wenn ihr euer Reich erweitern wollt. Doch solltet ihr kriegerische Auseinandersetzungen möglichst kurz halten, da jedes Kriegsjahr sich am Ende eines Spieles negativ auf die Punktewertung auswirkt.
Weltwunder
Apropos Punktewertung. Jedes Weltwunder, das in einer eurer Städte errichtet wird, bringt euch nicht nur Extrapunkte ein, sondern hat noch weitere überaus positive Effekte, die sie sehr wertvoll und begehrt machen. Einige Weltwunder erhöhen Handelseinkünfte, verbessern das Klima zu euren Nachbarn, beruhigen die Stadtbevölkerung, wenn sie mal aufgebracht ist, ermöglichen den Weg ins All oder transformieren die eigenen Truppen immer in die modernste Form. Einige dieser Effekte halten das ganze Spiel über an, andere werden nach der Entwicklung einer bestimmte Technologie hinfällig. Ein Weltwunder kann nur einmal im ganzen Spiel errichtet werden. Darum heißt es damit schon früh anzufangen.
Eine wichtige Rolle spielt auch die Regierungsform. Ob Monarchie, Kommunismus, Republik oder Demokratie, um nur die wichtigsten zu nennen, alle wirken sie sich auf euer Reich aus. Während zum Beispiel im Kommunismus eine militärische Einheit kein einziges der kostbaren Schilde kostet, müsst ihr in einer Demokratie zwei Schilde pro Einheit aufbringen, was die Aufstellen einer größeren Armee nur einem sehr fortgeschrittenem und reichen Volk erlaubt. Dafür sind eure Einheiten in der Demokratie gegen Bestechung immun und eure Wirtschaftskraft steigt an. "Game Over" heißt es, wenn entweder nur noch eine einzige Zivilisation den Erdball bevölkert, das Jahr 2020 erreicht wurde oder aber ein Volk den Weg in den Welltraum gefunden hat. Dann wird ein Punktzahl errechnet und in einer Highscoretabelle festgehalten.
Öde Grafik, langweilige Musik
Die Grafik kann man getrost vergessen. Eine große Weltkarte, die zunächst völlig im Dunkeln (oder nach Wahl hinter einem von neun verschiedenen Hintergrundbildern) liegt, will erst einmal erforscht werden. Einzige Abwechslung sind die etwas unscharfen FMV Sequenzen, die es zu jedem der Weltwunder gibt. Daneben gibt es noch kleine Videosquenzen der verschiedenen Berater zu sehen, die stilgerecht der jeweiligen Epoche gemäß gekleidet sind. Allerdings sind deren Sprachsamples in englisch (mit deutschen Untertiteln).
Ein wenig skeptisch war ich, als ich bemerkte, dass die Maus der PlayStation nicht unterstützt wird. Doch geht die Steuerung mit dem Joypad erfreulich flott von der Hand. Über die die L- und R-Tasten schaltet ihr geschwind zwischen den Einheiten oder Städten hin und her. Über ein Hauptmenü könnt ihr schnell alle wichtigen Informationen einsehen oder eine bestimmte Stadt oder Einheit direkt anwählen. Die Musik kann man ebenfalls getrost vergessen. Unverzeihlich, dass Activision keine Möglichkeit eingebaut hat, die auf Dauer störende Musik (vier Stücke stehen zur Wahl) abzustellen. Wer ihr entgehen will hat keine andere Möglichkeit, als den Ton des Fernsehers auf "Stumm" zu stellen.
Da die Anleitung sehr, sehr kurz gehalten ist und nur einige grundsätzliche Dinge vermittelt, seit ihr voll und ganz auf die Informationen angewiesen, die die Zivilopädie im Spiel selbst liefert. Hier werden alle Weltwunder, Stadtverbesserungen, Geländetypen, Regierungsformen und Einheiten erläutert. Außerdem liegt dem Spiel eine Faltkarte bei, die über die verschiedenen Einheiten sowie die Zivilisationsfortschritte informiert. Ein bisschen mager, wenn ich bedenke, was damals der PC Version alles beilag. Wollt ihr euch "Civilization 2" zulegen, erwerbt lieber gleich eine neue Memory Karte dazu. Ein Spielstand belegt satte 10 Blöcke auf einer Memory Card. Reserviert noch einmal einen zusätzlichen Block, wenn ihr auch die Highscores auf der Karte abspeichern wollt.
Grafisch pfui, spielerisch superhui, so lässt sich kurz und knapp die Umsetzung des PC-Hits charakterisieren. Euch stehen auf dem Weg ins Raumzeitalter so viele Möglichkeiten offen, das für Motivation ohne Ende gesorgt ist. Ständig müsst ihr abwägen, ob ihr nun lieber den Handel, die Wissenschaft oder vielleicht doch lieber die Schildproduktion forciert. Nebenher darf natürlich eine starke und effektive Verteidigung nicht fehlen, damit ihr nicht hilfloses Opfer eines aggressiven Nachbarn werdet, der neidisch auf eure Städte schielt.
Neben der nervigen nicht abstellbaren Musik der einzig nennenswerte Dämpfer: Bei großer Landkarte und gegen Ende des Spieles dauert es eine ganze Weile, bis der Computergegner seinen Zug gemacht hat. "Civilization 2" bietet komplexe Möglichkeiten, ohne das dieses Meisterwerk zu kompliziert wird. Im Gegenteil, schnell findet ihr euch zurecht, was "Civilization 2" auch wenn es schon einige Jahre auf dem Buckel hat, zu einem Pflichtkauf für Strategiefans macht(sag).