Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.
geschrieben von Marcus Reichle
Hersteller: Capcom
Genre: Action
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten: Memory Card (420 KB) und Vibrationsfunktion
USK (ESRB): ab 16 Jahren
Spieler: 1
Testmuster von: eigene Anschaffung
Der Teufel ist los! - Japan, wir datieren das Jahr 1561. Auf dem Schloss Inabayama in der Präfektur Mino kommt es zu unheimlichen Vorfällen: Soldaten und Arbeiter verschwinden spurlos, bis das Schloss eines Tages von dämonischen Gestalten angegriffen wird und ein schreckliches Blutbad unter der Bevölkerung anrichtet. Tapfer, jedoch vergebens kämpfen die Einwohner gegen die übermächtige Armee aus dem Reich des Bösen. Seltsamerweise ist Prinzessin Yuki nicht eines der ersten Opfer, wie man es vermuten könnte. Sie wurde am Leben gelassen und entführt, da sie ein anderes Schicksal erfahren soll. Auch ihr persönlicher Untergebener, der Soldat "Samanosuke", kam zu spät und konnte die Prinzessin nicht mehr in Sicherheit bringen.
Noch an Ort und Stelle gelobt er Yuki zu retten und die Armee der dämonischen Krieger zu besiegen!
Da ist es nun endlich das lang erwartete "Onimusha", welches ursprünglich von den Resident Evil-Erfindern (233 köpfiges Team) für die PlayStation One konzipiert wurde. Daher ist es auch kein Zufall, dass Euch sicherlich viele Spiele-Elemente "irgendwie" bekannt vorkommen. Ihr schlüpft in die traditionelle Samurai-Rüstung des Samanosuke und stapft durch das vorabgerenderte Japan - das RE-Pendant zu Chris Redfield und Raccoon City.
Eure und alle NPCs sind dabei mit in einer derart detaillierten und gestochen scharfen Polygon-Schönheit versehen (bis zu 10.000 Polygone je Figur), dass man sie kaum von den natürlich perfekt ausschauenden Hintergründen unterscheiden kann. Vergleichbar ist die Qualität der Spielfiguren mit denen eines "Soul Caliburs", bei konstanten 60 fps. Dank 64 bit-Power und einem schnellen Laufwerk gehen sogar die Ladepausen, bei Betreten eines neuen Spiel-Abschnittes, quasi gegen Null.
Per Digital-Steuerung (Analog-Stick wird nicht unterstützt) könnt Ihr Samanosuke dirigieren; bleibt Ihr länger auf dem Steuerkreuz, sprintet der Edelmann automatisch in die gewünschte Richtung. Mit der Quadrat-Taste wird dann alles oder jeder, der sich Euch in die Quere stellt, wortwörtlich vernichtet. Schon mit der Grundwaffe, dem rasiermesserscharfen Katana, durchbricht und zerschmettert Samanosuke mit seinen kräftigen Hieben jede Panzerung. Die ersten Unholde, eine der untersten Klassen von Dämonen, sind Anfangs noch sehr zurückhaltend mit dem Einsatz ihres vergleichsweise kleinen Schneidwerkzeug. Ritsch, ratsch - fährt darauf Eure Klinge durch das modernde Fleisch und lässt den nun "armen" Teufel kräftig zur Ader ("rotes" Pixel-Blut auch in der deutschen Pal-Version). Liegt die Ausgeburt geschwächt am Boden wird nochmals mit einer Schlagfolge (immer nur Quadrat-Button drücken) nachgesetzt oder dem Ganzen mit einem letalen Herzstoß ein schnelles Ende gesetzt.
Im Spielverlauf trifft man auf immer neue furchteinflößende Gestalten wie mit mächtigen Äxten ausgestattene Riesen-Dämonen, die viel Körpermasse besitzen und dementsprechend langsam das überdimensionale Hackebeil schwingen. Im Kontrast dazu, bewegen sich schmächtige Ninja-Kämpfer blitzschnell und beharken einen mit ihrer stählernen Klinge und gleich mehreren Wurfmessern. Solch drastische Angriffe verlangen nach drastischen Maßnahmen: 3 zusätzliche Schwerter, die man nach und nach aufstöbert, kann man an magischen Altaren (dienen auch gleichzeitig als unbegrenzte Abspeicherungsspunkte) zu regelrechten Vernichtungsgeräten aufwerten.
Dazu müsst Ihr einfach die aus den toten Leibern entweichende Seelen mit einem speziellen Handschuh aufnehmen - Soul Reaver lässt grüßen. Diese tauchen in unterschiedlicher Form auf; die eine Sorte von Seelen stärkt Eure Lebensenergie, andere wiederum Eure Special-Power-Leiste mit den Letzten das Inventar. Jede Hieb-Waffe besitzt nämlich über einen Super-Schlag (Dreiecks-Taste) mit dem Euch hohe Hit-Points garantiert sind. Im Inventar befinden sich gesammelte Kräuter, Medi-Packs, manch eine nette Fernwaffe wie Pfeil und Bogen und alle gebräuchlichen Items, die ein Held so in seinem Abenteuer benötigt.
Diese dienen zur Lösung der unzähligen Aufgaben, wie man sie von Capcom aus Resident Evil zu genüge kennt. Es werden wieder eine ganze Reihe kleiner und größerer Gegenstände durch Eure Hände geht.
Neu sind lediglich Truhen, die mit einem Zahlenschloss oder Wortcode ausgestattet sind. Restliche Rätsel sind in "Onimusha" meist nicht einmal den Namen wert; denn ohne viel überlegen zu müssen, ist es in der Regel mehr als offensichtlich wie man den entsprechenden Gegenstand verwenden muss. Es ist eher ein ständiges Abarbeiten von Mini-Aufgaben.
Damit etwas Abwechslung in die Sache kommt, übernimmt man ein ganzes Stück weit die Spielfigur "Kunoichi", einen weiblichen Ninja - Ihr wisst schon woher man dies ebenfalls kennt. Sie ist ständige Wegbegleiterin von Samanosuk und hilft ihm aus so mancher Patsche.
Da sie nicht die Fähigkeiten hat, Seelen zu sammeln und somit ohne Lebenserneuerung auskommen muss, sollte die flotte Ninja-Dame stets auf der Hut sein. Deshalb ist es trotz ihres effektiven Kampf-Stils klüger, um so manch wartendes Höllen-Wesen einen großen Bogen zu machen und an diesem vorbeizusprinten. Seit Ihr mit Kunoichi erfolgreich gewesen, wechselt man automatisch wieder zum Titelheroe.
Das Onimusha optisch und akustisch mal wieder fast perfekt ist, sollte man nach den Erfolgsprodukten aus dem Hause Capcom erwarten dürfen. Leider muss aber angemerkt werden, das sowohl In- als auch Ex-tro bei schnellen Schwenks auf der PS2 ins Rucken kommen (Best of Show-Award-Gewinner in Orleans) und die Lippensynchronisation sämtlicher Figuren völlig daneben ist. Diese läuft nämlich asynchron zu den englischen Sprechern. Beide Schönheitsfehler sind leider auf eine schlampige Pal-Konvertierung zurückzuführen.
Weit aus angenehmer ist man von der musikalischen Begleitung angetan, je nach Situation wurden die Tracks professionell zusammengestellt. Mit asiatischen Klängen oder mitteleuropäischen Streichern (die vom 200-köpfigen New Japan Philharmonic stammen) wird zu jeder Zeit die passende Stimmung bei dem Spieler erzeugt. Diese gerät aber nicht ganz so düster wie bei der Zombie-Konkurrenz, da sich die Handlung größtenteils in einer Palastanlage abspielt und die Räume meist mit Fackeln und Kerzen hell erleuchtet sind. Hinzu kommt, dass Ihr zwar in das Dämonen-Reich schlussendlich eintreten werdet, jedoch fällt dieser Abschnitt längenmäßig kaum ins Gewicht. Die meisten Soundeffekte wird man ebenfalls wiedererkennen wie das berühmte Trittgeräusch, Türenknarren usw.
Schnipsel-Jagd! - sagten wir früher dazu: Papierschnipsel in einem Wald auslegen und versuchen den Verfolgten, meist den Nachbarsjungen, zu erwischen.
Dies simple Prinzip steckt deutlich, leider all zu deutlich, hinter Onimusha. Ständig ist man am Schlüssel, Kristall oder sonstigen Items sammeln, die man Minuten später wieder plump an der nächsten Biege wieder los ist. Verstärkt wird der fehlende Tiefgang zum einen durch die etwas simpel entwickelte Retter-sucht-seine-Prinzessin-Geschichte, zum anderen durch das Eintasten-Schlag-Repertoire, welches ebenfalls nicht die ersehnte Abwechslung bringt. Wird der Gelegensheitsspieler den Schwierigkeitsgrad als angenehm empfinden, so hat der Survival-Horror-Dauerzocker das Game innerhalb nur eines Tages durch (Spielzeit 5-9 Stunden) und vermisst danach einen neuen Anreiz, das Spiel zu behalten. Denn ein freischalbares Kostüm (auch wenn es lustig ist) macht noch keine Langzeitmotivation aus.
Dass das Spiel trotzdem zu einem der Spiele-Highlights diesen Jahres gehört (über 1 Millionen verkaufte Exemplare allein in Japan), liegt daran, dass es Capcom wieder einmal geschafft hat eine, im Ganzen gesehene, saubere Arbeit abzuliefern.
Daher ist Onimusha trotz der Kritik, sicherlich noch immer eine Reise ins Land der Dämonen wert. (mr)